Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung der Vorsteuerabzugsberechtigungserklärung nach rechtskräftiger Mehrwertsteuerablehnung
Leitsatz (amtlich)
Wurde im Kostenfestsetzungsbeschluss die Mehrwertsteuer abgezogen, nachdem der Erstattungsberechtigte Mehrwertsteuer geltend gemacht und gleichzeitig erklärt hatte, zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, so kann unter Abänderung dieser Erklärung nachträglich keine Festsetzung der Mehrwertsteuer verlangt werden, wenn nicht rechtzeitig sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss eingelegt wurde.
Normenkette
ZPO § 104 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 16.07.2003; Aktenzeichen 13 O 3703/00) |
Tenor
I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG München II vom 16.7.2003 wird aufgehoben.
II. Der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 20.5.2003 wird abgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
IV. Der Beschwerdewert beträgt 1.750,05 Euro.
Gründe
I. Die Beklagten wenden sich dagegen, dass Mehrwertsteuer berücksichtigt wurde.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 13.3.2003 hatte die Klägerin erklärt, zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Dennoch hatte sie Mehrwertsteuer i.H.v. 2.332,31 Euro in ihrer Rechnung geltend gemacht. Im Hinblick auf die Vorsteuerabzugsberechtigung wurde die Mehrwertsteuer im Kostenfestsetzungsbeschluss des LG München II vom 3.4.2003 abgezogen. Dieser Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Klägervertreter am 11.4.2003 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 20.5.2003 beantragte die Klägerin, ihr Mehrwertsteuer i.H.v. 1.750,05 Euro zuzuerkennen, da sie doch nicht vorsteuerabzugsberechtigt sei. Mit dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat daraufhin das LG München II der Klägerin einen weiteren Erstattungsanspruch i.H.v. 1.750,05 Euro zuerkannt. Hiergegen wendet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten.
II. Die sofortige Beschwerde ist begründet.
Einer Zuerkennung der Mehrwertsteuer steht die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses des LG München II vom 3.4.2003 entgegen. In diesem Beschluss wurde ausdrücklich entschieden, dass Mehrwertsteuer unberücksichtigt bleiben muss. Es liegt damit eine rechtskraftfähige Entscheidung über die Mehrwertsteuer vor. Dabei wurde eine Entscheidung über eine im Kostenfestsetzungsantrag geltend gemachte Mehrwertsteuer getroffen. Zwar ist der Antrag in sich widersprüchlich. Er kann aber nicht ohne weiteres dahin gehend verstanden werden, dass die Mehrwertsteuer im Kostenantrag eigentlich nicht geltend gemacht sein soll. Denkbar ist, dass die Mehrwertsteuer versehentlich geltend gemacht wird. Denkbar ist aber ebenso gut, dass die Erklärung über die Vorsteuerabzugsberechtigung versehentlich geschehen ist oder aber dass der Antragsteller sich nicht darüber im Klaren ist, dass die Erklärung über die Vorsteuerabzugsberechtigung der Geltendmachung der Mehrwertsteuer entgegensteht. In jedem Fall ist es bei einer derartigen Konstellation angebracht, dass das Gericht in dem Kostenfestsetzungsbeschluss eine die Mehrwertsteuer in Abzug bringende Entscheidung fällt, nachdem die Mehrwertsteuer nun einmal geltend gemacht ist. Das hat zur Folge, dass über die geltend gemachte Mehrwertsteuer rechtskräftig entschieden ist. Ist die 14-tägige Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde zwischenzeitlich verstrichen, wie im vorliegenden Fall, kann dann die Mehrwertsteuer nicht nachträglich geltend gemacht werden.
Dem steht nicht die Entscheidung des Senats (OLG München JurBüro 1996, 427) entgegen, wonach der Antragsteller seine Erklärung über die Vorsteuerabzugsberechtigung im Laufe des Kostenfestsetzungsverfahrens ändern kann und dann die zuletzt abgegebene Erklärung maßgeblich ist (ebenso OLG Düsseldorf JurBüro 2000, 478; AnwBl. 2002, 187). Dieser Grundsatz gilt nur, soweit nicht rechtskräftig über die geltend gemachte Mehrwertsteuer entschieden worden ist. Hat der Erstattungsberechtigte zunächst Mehrwertsteuer nicht geltend gemacht und erklärt, vorsteuerabzugsberechtigt zu sein, so entscheidet das Erstgericht nicht über die Mehrwertsteuer. Es hat keinen Anlass darüber zu entscheiden, da sie nicht geltend gemacht ist. In diesem Fall kann auch später noch Mehrwertsteuer verlangt werden. Ebenso kann, wenn aufgrund einer Erklärung über die Vorsteuerabzugsberechtigung eine ablehnende Entscheidung hinsichtlich der Mehrwertsteuer ergangen ist, nachträglich die Erklärung abgeändert werden, wenn rechtzeitig sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss eingelegt worden ist. In diesen Fällen liegt keine rechtskräftige ablehnende Entscheidung hinsichtlich der Mehrwertsteuer vor.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG München II vom 16.7.2003 war daher aufzuheben.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
VorsRi'inOLG RiOLG RiOLG
Fundstellen
Haufe-Index 1108322 |
FamRZ 2004, 961 |
NJW-RR 2004, 69 |
Rpfleger 2004, 125 |
AGS 2004, 36 |
RVGreport 2004, 77 |