Leitsatz (amtlich)
1. Bei gemeinschaftlicher Mitbetreuung ist es ein Entlassungsgrund für zumindest einen der beiden Betreuer, wenn die gesetzliche Voraussetzung der Mitbetreuung entfallen ist.
2. Die entsprechende Entscheidung des Vormundschaftsgerichts bedarf als Eingriff in die Rechte eines Beteiligten einer nicht nur formelhaft den Gesetzeswortlaut wiedergebenden Begründung. Das gilt vor allem dann, wenn im Vorfeld der Entscheidung mehrere Entlassungsgründe (hier: zerrüttetes Verhältnis der Mitbetreuer und mangelnde persönliche Eignung eines von ihnen) erörtert wurden.
3. Ficht der entlassene Betreuer die Entscheidung an und verlangt zugleich neben seiner Wiedereinsetzung die Entlassung des verbliebenen Betreuers, hilfsweise die Bestellung eines Dritten als Einzelbetreuer, hat grundsätzlich das Beschwerdegericht als Tatsacheninstanz eine abschließende Entscheidung über die Fortführung der Betreuung zu treffen. Es ist ihm verwehrt, lediglich die Entlassung des Mitbetreuers aufzuheben und weitere Prüfungen von Amts wegen dem Vormundschaftsgericht zu überlassen.
Normenkette
GG Art. 20 Abs. 3; BGB §§ 1899, 1908b Abs. 1
Verfahrensgang
LG Ansbach (Beschluss vom 30.05.2006; Aktenzeichen 4 T 1305/05) |
AG Ansbach (Aktenzeichen XVII 4/04) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschluss des LG Ansbach vom 30.5.2006 aufgehoben
II. Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das LG Ansbach zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Auf gemeinsame Anregung zweier Töchter der Betroffenen zur Einrichtung einer Betreuung für ihre Mutter bestellte das Vormundschaftsgericht A. am 18.2.2004 die eine Tochter zur Betreuerin (zu 1) mit dem Aufgabenkreis: Aufenthaltsbestimmung; Gesundheitsfürsorge; Vermögenssorge sowie Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern. Die andere Tochter wurde zur weiteren Betreuerin (zu 2) im selben Aufgabenkreis bestellt. Das Gericht ordnete an, dass beide Betreuerinnen berechtigt seien, jeweils allein die Angelegenheiten der Betroffenen zu besorgen. Als spätester Überprüfungstermin wurde der 17.2.2009 bestimmt.
Die Entscheidung beruhte in medizinischer Hinsicht im Wesentlichen auf einem Gutachten des Sachverständigen Dr. H., welcher bei der damals 85jährigen Betroffenen eine fortschreitende Demenz vom späten Alzheimer-Typ festgestellt hatte.
Im Juli 2005 beantragten die Verfahrensbevollmächtigten der Betreuerin zu 2, die Betreuerin zu 1 zu entlassen und die Betreuerin zu 2 damit zur alleinigen Amtsführung einzusetzen. Die Betreuerin zu 1 sei aus gesundheitlichen Gründen, insb. wegen einer Alkoholerkrankung und Medikamentenabhängigkeit, nicht geeignet, das Betreueramt ordnungsgemäß und zuverlässig auszuüben, was sie durch mehrere konkrete Vorfälle gezeigt habe. Die Betroffene wohne bei der Betreuerin zu 2 und deren Ehemann; dies spreche für eine alleinige Führung der Betreuung durch diese.
Die Betreuerin zu 1 trat dem durch Ausführungen ihrer Verfahrensbevollmächtigten entgegen.
Die zuständige Behörde sprach sich nach eingehender Sachverhaltsaufklärung für eine Entlassung der Betreuerin zu 1 aus ihrer damaligen Betreuerfunktion aus, da eine sinnvolle Zusammenarbeit mit der Betreuerin zu 2, die sich im Alltag um die Betroffene kümmere, nicht mehr möglich sei.
Am 13.9.2005 entließ das AG A. die Betreuerin zu 1 gegen ihren Willen und ordnete für die Fortführung der Betreuung durch die Betreuerin zu 2 Rechnungslegung an. Die Überprüfungsfrist blieb unverändert. Die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses wurde angeordnet.
Hiergegen legte die Betreuerin zu 1 sofortige weitere Beschwerde ein. Sie beantragte ihre Wiedereinsetzung unter gleichzeitiger Entlassung der Betreuerin zu 2, hilfsweise deren Entlassung unter Einsetzung einer nicht näher bezeichneten dritten Person als Betreuer.
Das LG hat nach Bestellung einer Verfahrenspflegerin für die Betroffene und Anhörung der Betreuerinnen am 30.5.2006 den Beschluss des AG vom 13.9.2005 aufgehoben. Eine Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit der Beschwerdeentscheidung erging nicht.
Der Beschluss wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Betreuerin zu 2 am 21.6.2006 zugestellt. Mit einer am 5.7.2006 eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde beantragten diese, die Entscheidung des LG aufzuheben und es bei der Entlassung der Betreuerin zu 1 zu belassen.
Nachdem anschließend die Betroffene mit der Betreuerin zu 2 und deren Ehemann umgezogen war, wollte das AG A. die Betreuung an das AG S. abgeben. Am 5.10.2006 entschied das KG, dass das AG S. derzeit nicht zur Übernahme des Verfahrens verpflichtet sei.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch in der Sache begründet.
1. Das LG hat in seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Voraussetzungen für die Entlassung der Betreuerin zu 1 seien nicht gegeben gewesen.
Das Vormundschaftsgericht habe in seiner Entscheidung deren Entlassung auf e...