Leitsatz (amtlich)

1. Sind für verschiedene Aufgabenkreise ein ehrenamtlicher und ein berufsmäßiger Betreuer bestellt, so stellt die Entlassung des ehrenamtlichen Betreuers jedenfalls dann einen wichtigen Grund für die Entlassung des anderen Betreuers dar, wenn für alle bestehenden Aufgabenkreise ein anderer berufsmäßiger Betreuer bestellt werden soll.

2. In einem derartigen Fall ist jeder der bisherigen Betreuer beschwerdebefugt mit dem Ziel, seine Entlassung aufzuheben und ihn auch für die übrigen Aufgabenkreise zu bestellen.

3. Bei der Auswahl des neuen Betreuers ist auch das Interesse des Betroffenen an der Kontinuität des Betreuungsverhältnisses zu berücksichtigen.

 

Normenkette

BGB §§ 1897, 1899 Abs. 1 S. 3, § 1908b Abs. 1; FGG § 20

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 10.08.2005; Aktenzeichen 13 T 17184/05)

AG München (Aktenzeichen XVII 00831/01)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde wird der Beschluss des LG München I vom 10.8.2005 aufgehoben.

II. Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung an das LG München zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Für den Betroffenen besteht seit 7.2.2001 eine Betreuung. Zuletzt war die frühere Betreuerin zuständig für die Aufgabenkreise Vermögenssorge, Abschluss, Änderung und Kontrolle der Einhaltung eines Heim-, Pflegevertrages, Wohnungsangelegenheiten, Organisation ambulanter Hilfen, Vertretung ggü. Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern sowie Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post. Für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge war der frühere weitere Betreuer bestellt.

Mit Beschl. v. 1.7.2005 entließ das AG die frühere Betreuerin aus Altersgründen. Gleichzeitig entließ es den früheren weiteren Betreuer und bestellte die nunmehrige Betreuerin für sämtliche bestehenden und bisher auf zwei Betreuer aufgeteilten Aufgabenkreise mit Ausnahme der Wohnungsangelegenheiten und der Organisation der ambulanten Hilfen.

Gegen diesen Beschluss erhob der frühere weitere Betreuer Beschwerde mit der Begründung, seine Entlassung komme völlig überraschend, da die Fortdauer seiner Bestellung in den Vorgesprächen nie in Frage gestanden habe und er auch bereit sei, zusätzlich die übrigen von der früheren Betreuerin wahrgenommenen Aufgaben zu übernehmen. Auch lägen keine Gründe für seine Entlassung vor.

Das LG wies die Beschwerde mit Beschl. v. 10.8.2005 zurück.

Hiergegen wendet sich der frühere weitere Betreuer mit der weiteren Beschwerde vom 26.8.2005, eingegangen am gleichen Tage. Mit dieser strebt er weiterhin die Aufhebung seiner Entlassung und die Bestellung als alleiniger Betreuer an.

II.1. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Zwar ist, da durch die Entscheidung ein Betreuer gegen seinen Willen entlassen wurde, die sofortige Beschwerde (§ 69g Abs. 4 Nr. 3 FGG) und damit auch die sofortige weitere Beschwerde (§ 29 Abs. 2 FGG) gegeben, doch wurde diese rechtzeitig innerhalb der Zwei-Wochenfrist eingelegt. Da die angefochtene Entscheidung nicht zugestellt wurde, ist davon auszugehen, dass diese dem früheren weiteren Betreuer nicht vor dem 12.8.2005 zugegangen ist. Außerdem hatte das LG den Beteiligten keine zutreffende Rechtsmittelbelehrung erteilt.

2. Die sofortige weitere Beschwerde ist auch begründet und führt zur Aufhebung der Entscheidung und zur Zurückverweisung.

a) Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet: In der Entlassung der früheren Betreuerin, die auf Altersgründen und dem ungeklärten Verbleib von 9.000 EUR beruhte, liege auch ein wichtiger Grund für die Entlassung des Weiteren Betreuers. Es sei hierdurch der Grund für die Bestellung des früheren weiteren Betreuers weggefallen. Würde die Beschwerde Erfolg haben, wären zwei Berufsbetreuer bestellt, was § 1899 Abs. 1 S. 3 BGB widerspreche. Eine Beschwerdeentscheidung des Inhalts, dass der frühere weitere Betreuer auch für die übrigen Aufgabenkreise bestellt werde, sei rechtlich nicht möglich und auch in der Beschwerdeschrift nicht beantragt worden. Die Auswahl der neuen Betreuerin sei ermessensfehlerfrei vorgenommen worden; insb. habe das AG sich vergewissert, dass keine besondere persönliche Beziehung zwischen dem Betreuten und dem früheren weiteren Betreuer bestehe, deren Beendigung für den Betreuten von erheblichem Nachteil wäre oder ihn psychisch sehr belasten würde.

b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

aa) Nicht gefolgt werden kann schon der Annahme des LG, der frühere weitere Betreuer habe seine Bestellung in der Beschwerdeschrift nicht beantragt. Der frühere weitere Betreuer hat vielmehr darin ausdrücklich erklärt, dass er bereit sei, auch die übrigen Aufgabenkreise wahrzunehmen. Die Beschwerdeschrift kann daher nur dahingehend ausgelegt werden, dass die Aufhebung des Beschlusses und die umfassende Bestellung des Beschwerdeführers für alle von ihm und der früheren Betreuerin wahrgenommen Aufgabenkreisen beantragt werde. Zudem hat der frühere weitere Betreuer auf f...

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