Leitsatz (amtlich)
Waren mehrere berufsmäßig tätige Betreuer bereits vor dem 1.7.2005 bestellt, so stellt gleichwohl die durch § 1899 Abs. 1 S. 3 BGB eingeführte Gesetzesänderung einen wichtigen Grund zur Entlassung eines dieser Betreuer dar (Fortführung der Rechtsprechung OLG München v. 7.11.2005, BtPrax 2006, 34).
Normenkette
BGB § 1899 Abs. 1 S. 3, § 1908b Abs. 1; EGBGB Art. 229 § 14
Verfahrensgang
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Kempten vom 19.12.2005 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Für den Betroffenen waren seit 2.7.2001 zwei Betreuer bestellt, und zwar für den Aufgabenkreis Vermögenssorge Rechtsanwalt S. und für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge eine Mitarbeiterin der Betreuungsbehörde der Stadt M. Mit Beschl. v. 21.9.2001 des AG M. wurden dem Betreuer S. auch der Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge sowie der weitere Aufgabenkreis Wahrnehmung der Gesellschafterrechte des Betroffenen übertragen. Auf eigene Bitte des Betreuers S., ihn für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge wieder zu entbinden, da ihm die Wahrnehmung dieses Aufgabenkreises auf Grund der räumlichen Distanz nicht möglich sei, wurde mit Beschl. v. 27.5.2002 der Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge wiederum einer weiteren Berufsbetreuerin übertragen.
Zuletzt wurde mit Beschluss des AG K. vom 3.12.2003 der Umfang der Betreuung erweitert auf die Aufgabenkreise: Sorge für die Gesundheit des Betroffenen, Vermögenssorge, Vertretung ggü. Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern, Verwaltung eines Taschengeldkontos, Wahrnehmung der Gesellschaftsrechte an der Firma A. M. GmbH. Der neue Betreuer F. wurde bestellt; weiterer Betreuer für die Aufgabenkreise Vermögenssorge und Wahrnehmung der Gesellschaftsrechte blieb der bisherige Betreuer S.
Mit Beschl. v. 14.7.2005 hat das AG K. den Betreuer S. entlassen und die diesem zugewiesenen Aufgabenkreise dem Betreuer F. übertragen, nachdem der Betroffene vorher erklärt hatte, es sei damit einverstanden, dass der Betreuer F. die alleinige Betreuung übernehme. Zur Begründung hat es sich auf die Neuregelung des § 1899 BGB bezogen.
Auf die durch den bisherigen Betreuer S. eingelegte sofortige Beschwerde bestätigte das LG Kempten am 19.12.2005 diesen Beschluss, wobei es aber von einer Beschwerde des Betroffenen ausging. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte sofortige weitere Beschwerde des bisherigen Betreuers S., der auf seine langjährige Verbindung zur Familie des Betroffenen und seine persönliche Beziehung zu ihm verweist.
II. Die zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet: Zu Recht habe das AG einen wichtigen Grund für die Entlassung des Betreuers S. angenommen. Seien mehrere Betreuer bestellt, sei ein wichtiger Grund für die Entlassung eines Betreuers schon dann gegeben, wenn sich später herausstelle, dass die Voraussetzungen des § 1899 Abs. 1 BGB für die Bestellung mehrerer Betreuer von Anfang an nicht vorgelegen hätten oder später weggefallen seien. Dies folge nicht zuletzt aus der Neuregelung des § 1899 Abs. 1 S. 3 BGB, der den aus § 1897 Abs. 1 BGB folgenden Rechtsgedanken des Vorrangs der Einzelbetreuung betone. Nach § 1899 Abs. 1 BGB seien nur ausnahmsweise dann mehrere Betreuer zu bestellen, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen hierdurch besser besorgt werden könnten. Wenn diese Voraussetzung später wegfalle, widerspreche es der in den § 1897 Abs. 1, § 1899 BGB zum Ausdruck gekommenen Wertentscheidung des Gesetzgebers und auch dem Wohl des Betroffenen, an der Betreuung durch mehrere Betreuer festzuhalten. Abgesehen davon sei aber auch zu Recht zu berücksichtigen, dass der Bereich der Vermögenssorge zwischenzeitlich durch den Betreuer S. offensichtlich nahezu abgewickelt bzw. vereinfacht worden ist. So sei das Geldvermögen des Betroffenen durch ein besonderes Gerichtsverfahren in Ö. sichergestellt und die A. -Z. firma des Betroffenen liquidiert. Da es danach aber nur noch um das Anlagevermögen des Betroffenen gehe, stelle dessen Betreuung keine übermäßigen Anforderungen mehr an den Betreuer. Liege danach aber der Regelfall der Betreuung vor, sei die Betreuung durch mehrere Betreuer nicht mehr angezeigt. Ein ausreichender Grund für die Entlassung eines Betreuers sei daher, dass die Voraussetzungen des § 1899 Abs. 1 BGB nicht mehr vorlägen. Auf Eignungsmängel und andere wichtige Gründe für die Entlassung eines Betreuers sei dabei nicht abzustellen. Diese seien allenfalls bei der Auswahl des zu entlassenden Betreuers zu berücksichtigen. Seien aber wichtige Gründe bei keinem der Betreuer gegeben, habe das Gericht den zu entlassenden Betreuer nach denselben Kriterien auszuwählen, die gem. § 1897 BGB für die Auswahl eines Betreuers bei der Erstbestellung gelten. Na...