Leitsatz (amtlich)
1. Zur Aktivlegitimation des Verfahrensstandschafters im Vollstreckbarerklärungsverfahren.
2. Zum rechtlichen Gehör im Schiedsverfahren und zum Beruhen des Schiedsspruchs auf möglichen Verfahrensverstößen des Schiedsgerichts.
3. Die - unterstellt - verfahrensfehlerhaft unterbliebene Einvernahme der Partei von Amts wegen begründet in der Regel keinen die Anerkennung des Schiedsspruchs hindernden Verstoß.
4. Zur Berücksichtigung einer Schiedsrichterablehnung nach Erlass des Schiedsspruchs.
5. Der Schiedsrichtervertrag kann zwar jederzeit und unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes, jedoch in der Regel nur gemeinsam von den Schiedsparteien gekündigt werden.
Normenkette
ZPO §§ 448, 1042 Abs. 1 S. 2, § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. b, § 1062 Abs. 1 Nr. 4
Tenor
I. Das aus den Schiedsrichtern ... als Vorsitzenden, ... und ... bestehende Schiedsgericht erließ in München in dem zwischen dem Antragsteller als Schiedskläger und den Antragsgegnern als Schiedsbeklagten geführten Schiedsverfahren
A. am 23.10.2007 folgenden Schiedsspruch:
1. Die Schiedsbeklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Schiedskläger 85.746 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.1.2007 zu bezahlen.
2. Die Schiedsbeklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.366,82 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.5.2007 zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Schiedsklage als unzulässig abgewiesen.
4. Die Schiedswiderklage wird abgewiesen.
5. Die Schiedsbeklagten haben die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Parteien zu tragen.
6. Der Streitwert des Schiedsverfahrens wird auf 171.317,15 EUR festgesetzt.
B. am 7.1.2008 folgenden Ergänzungsschiedsspruch (Kostenfestsetzung):
Die dem Schiedskläger von den Schiedsbeklagten als Gesamtschuldner zu erstattenden Kosten werden auf 13.246,13 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 18.12.2007 festgesetzt.
II. Es werden für vollstreckbar erklärt:
Der in I. wiedergegebene Schiedsspruch vom 23.10.2007 (A) in dessen Ziff. 1 bis 5 - bei Ziff. 2 mit der Maßgabe, dass der Betrag richtig lautet: 3.366, 32 EUR; der Ergänzungsschiedsspruch vom 7.1.2008 (B) in vollem Umfang.
III. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die Kosten dieses Verfahrens zu tragen.
IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert für das Vollstreckbarerklärungsverfahren wird auf 102.358,45 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 2 und 3 sind Ärzte für Frauenheilkunde und Anästhesie. Sie schlossen sich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (= die Antragsgegnerin zu 1) zum Betrieb einer Gemeinschaftspraxis und einer Tagesklinik mit Praxissitz in München zusammen. Der Antragsteller hielt ein Drittel der Gesellschaftsanteile. Der maßgebliche Gesellschaftsvertrag vom 18.2.1998 enthält in § 18 eine Klausel, nach der für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart wird und die Einzelheiten über die Zusammensetzung des Schiedsgerichts und das Verfahren in einem gesonderten Schiedsvertrag geregelt werden. Im zugleich abgeschlossenen Schiedsvertrag (§ 3) ist u.a. bestimmt, dass das Schiedsgericht nach dem geltenden materiellen Recht entscheidet und das Verfahren nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der §§ 1025 ff. ZPO bestimmt. Der Schiedsspruch hat aufgrund mündlicher Verhandlung zu ergehen, sofern die Parteien auf eine mündliche Anhörung nicht schriftlich verzichten. Der allseitig abgeschlossene Schiedsrichtervertrag vom 11.5.2007 enthält u.a. folgende Bestimmungen:
2. Anwendbares Verfahrensrecht
Das Schiedsverfahren wird nach den Bestimmungen des 10. Buches der ZPO unter Beachtung der Regelungen der Schiedsvereinbarung und den nachfolgenden Vereinbarungen durchgeführt.
5. Ort des Schiedsverfahrens, zuständiges Gericht
Als Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens i.S.v. § 1043 Abs. 1 ZPO wird München vereinbart. Für ein gerichtliches Verfahren i.S.v. §§ 1062 ff. ZPO ist das OLG München zuständig.
6. Gütliche Einigung, Schiedsspruch
6.1 Das Schiedsgericht ist verpflichtet, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken (§§ 1053, 1054 ZPO). Gelingt eine solche nicht, so entscheidet es durch streitigen Schiedsspruch.
6.2 Ein streitiger Schiedsspruch ist zu begründen. Hierbei sind die tragenden Gründe der Entscheidung in Kürze darzustellen. Aus den Gründen soll sich gegebenenfalls ergeben, weshalb beantragte Beweise nicht erhoben worden sind.
7. Kündigung des Schiedsrichtervertrags, Ablehnung eines Schiedsrichters
7.1 Eine Partei alleine kann den Schiedsrichtervertrag nicht kündigen. Beide Schiedsparteien gemeinsam können den Schiedsrichtervertrag ggü. dem Schiedsgericht durch Erklärung ggü. dem Vorsitzenden Schiedsrichter jederzeit kündigen. Die Kündigung gegenüber einem einzelnen Schiedsrichter ist ausgeschlossen. Das Recht der Parteien zur Ab...