Leitsatz (amtlich)

1. Zur Zulässigkeit einer Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

2. Der Unrichtigkeitsnachweis kann für Grundstücksflächen, die außerhalb des Anwendungsbereichs von Dienstbarkeiten liegen, auch durch amtliche Bescheinigung des Vermessungsamts geführt werden. Dieser Nachweis ersetzt jedoch nicht die grundbuchamtliche Prüfung, welchen Inhalt die konkrete Dienstbarkeit im Einzelfall hat, insbesondere ob ihr Ausübungsbereich rechtlich oder tatsächlich überhaupt beschränkt ist.

3. Wird das dienende Grundstück einer Reallast geteilt, entsteht ein Gesamtreallast. Es kommt nicht darauf an, ob die abgesicherte Verpflichtung tatsächlich nur aus Grundstücksteilen erbracht wurde, die außerhalb der abgetrennten Fläche lagen (hier: Heizungs- und Warmwasserlieferungsverpflichtung).

 

Normenkette

BGB §§ 1026, 1108 Abs. 2; GBO § 18 Abs. 1, §§ 19, 22, 29 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG München-Unterhaching (Aktenzeichen Bl. 26286)

 

Tenor

Die Zwischenverfügung des AG München - Grundbuchamt - vom 10.2.2012 wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Zur Urkunde vom 27.6.2011 verkaufte die Beteiligte zu 1 an die Beteiligte zu 2 ein Grundstück (Trafostation, Gebäude- und Freifläche). Abteilung 2 des Grundbuchs enthält unter Nrn. 1 bis 10 verschiedene Dienstbarkeiten (Gasversorgungsleitungsrecht, Geh- und Fahrtrecht sowie Rechte zur Benutzung der technischen Einrichtungen der Tiefgarage, Verpflichtung zur Belassung der Tiefgaragenlicht- und -luftschächte, Gehund Kinderspielplatzbenützungsrecht, Müllabfuhr-Fahrtrecht, Verpflichtung zur Belassung der Wasserleitungen und Hydranten, Verpflichtung zur Belassung der Gas-Niederdruckleitung, Verpflichtung zur Belassung der Gasleitung, Verpflichtung zur Belassung des Schmutz- und Regenwasserkanals, Mitbenützungsrecht an Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen) sowie unter Nr. 11 eine Heizungs- und Warmwasserlieferungsverpflichtung als Reallast.

Abschnitt V. 2. regelt, dass die in Abteilung 2 Nr. 1 bis 12 des Grundbuchs eingetragenen Belastungen am Vertragsgegenstand durch Vorlage einer Bescheinigung nach § 1026 BGB gelöscht werden sollen. Sollte eine Löschung nicht möglich sein, dürfen diese Belastungen bestehen bleiben. Der Käufer tritt in diesem Fall in die zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verpflichtungen ein.

Mit dem Antrag auf Eintragung der Auflassung und Löschung zuletzt noch der vorgenannten Rechte Nrn. 1 bis 11 wurde eine gesiegelte und unterschriebene Bescheinigung des Vermessungsamts vorgelegt, nach der das verkaufte Flurstück "weder rechtlich noch tatsächlich von dem im Grundbuch unter den laufenden Nr. 1 mit 11 eingetragenen Belastungen (...) betroffen ist".

Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 10.2.2012 folgendes Eintragungshindernis aufgezeigt und Frist zur Behebung gesetzt: Aus den mitvorgelegten Lageplänen sei nicht eindeutig feststellbar, dass die Rechte (Nrn. 1 bis 11) nicht am Vertragsgegenstand lasten, so dass eine pfandfreie Abschreibung nicht möglich sei. Sofern die Rechte nicht übernommen werden sollten, sei eine Löschungsbewilligung der Berechtigten erforderlich.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.

II. Das namens sämtlicher Urkundsbeteiligter eingelegte Rechtsmittel hat als zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1, § 71 Abs. 1 und § 73 GBO) jedenfalls vorläufigen Erfolg.

1. Die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO ist schon deshalb aufzuheben, weil nach der Rechtsansicht des Grundbuchamts ein nicht behebbares Eintragungshindernis vorliegt, so dass der Löschungsantrag sofort zurückzuweisen wäre (BayObLG Rpfleger 1986, 176; JurBüro 1998, 1273; vgl. Demharter, GBO, 28. Aufl., § 18 Rz. 12 und Rz. 32). Trifft nämlich die Meinung des Grundbuchamts zu und ist zur lastenfreien Abschreibung die Löschungsbewilligung der jeweiligen Berechtigten erforderlich, würden erst dadurch die notwendigen Löschungsvoraussetzungen geschaffen. Die Zwischenverfügung mit ihrer rangwahrenden Wirkung dient aber hierzu nicht (st. Rspr. des Senats, zuletzt Beschluss vom 26.7.2012, 34 Wx 248/12).

2. Im Übrigen sind folgende - für das Grundbuchamt unverbindliche - Hinweise veranlasst:

a) Dienstbarkeiten

(1) Liegt das abgeteilte Grundstück außerhalb des Ausübungsbereichs der Dienstbarkeiten (Nrn. 1 bis 10), so wird dieses mit dem Vollzug der Grundstücksteilung kraft Gesetzes (§ 1026 BGB) von der belastenden Dienstbarkeit frei (BayObLG NJW-RR 1987, 1101/1102; Staudinger/Jörg Mayer Bearb. November 2008, § 1026 Rz. 10 m.w.N.). Das Grundbuch ist dann unrichtig. Löschung findet im Grundbuch entweder aufgrund Unrichtigkeitsnachweises nach § 22 GBO oder aufgrund Berichtigungsbewilligung durch die jeweils Berechtigten (§ 19 GBO) statt.

(2) Hier ist der Weg der Grundbuchberichtigung nach § 22 GBO gewählt. An den Unrichtigkeitsnachweis, der in der Form des § 29 GBO zu führen ist, sind strenge Anforderungen zu stellen (z.B. BayObLG NJW-RR 1996, 397/398; MittBayNot 1994, 318/319). Geführt werden kann der Nachweis dann, we...

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