Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsurteil über Nachlass und Zwangsvollstreckung wegen Auskunft betreffend Verschenkungen
Normenkette
BGB § 2314; ZPO § 888
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 25.06.2003; Aktenzeichen 8 O 4808/02) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Augsburg vom 25.6.2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Beschwerdewert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die pflichtteilsberechtigte Klägerin hat gegen den beklagten Erben im Wege der Stufenklage einen noch zu beziffernden Pflichtteilsanspruch geltend gemacht und in erster Stufe Auskunft über den Bestand des Nachlasses in Form eines notariell errichteten Verzeichnisses einschl. entspr. Belege beantragt. Der Beklagte hat anerkannt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses in Form eines notariell errichteten Verzeichnisses zu erteilen, worauf am 7.1.2003 ein entspr. Teilanerkenntnisurteil erging.
Mit Schriftsatz vom 6.6.2003 beantragte die Klägerin, gegen den Beklagten ein Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft festzusetzen, weil er in dem notariellen Nachlassbestandsverzeichnis vom 24.2.2003 eine Auskunft über Schenkungen in den letzten 10 Jahren verweigert habe.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 25.6.2003, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat das LG den Antrag zurückgewiesen.
II. Die gegen den am 3.7.2003 zugestellten Beschluss erhobene sofortige Beschwerde vom 17.7.2003 ist zulässig. Sie ist statthaft gem. §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO und wurde form- und fristgerecht gem. § 569 eingelegt.
In der Sache hat sie keinen Erfolg, weil das LG die Voraussetzungen für die Verhängung der beantragten Zwangsmittel zu Recht verneint hat.
Zur Erteilung einer Auskunft über die Schenkungen der letzten 10 Jahre kann der Beklagte nicht mit den Zwangsmitteln des § 888 ZPO angehalten werden, weil für dieses Verlangen das Teilanerkenntnisurteil keinen ausreichenden Vollstreckungstitel darstellt:
Die in § 2314 Abs. 1 BGB normierte Verpflichtung des Erben, dem pflichtteilsberechtigten Nichterben auf Verlangen Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu geben, ist zwar nach inzwischen feststehender Rspr. über ihren Wortlaut hinaus auch auf die so genannten fiktiven Nachlassbestandteile ausgedehnt worden und umfasst deshalb auch die Verpflichtung, auf Verlangen Auskunft über die Schenkungen innerhalb der letzten 10 Jahre zu erteilen, deren Kenntnis für die Berechnung eines Pflichtteilergänzungsanspruchs nach § 2325 BGB erforderlich ist. Der Pflichtteilsberechtigte schuldet damit zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs auf Verlangen des Pflichtteilsberechtigten gem. §§ 2314, 260 BGB die Vorlegung eines Bestandsverzeichnisses, das nicht nur die realen, sondern auch die fiktiven Nachlassaktiva in Form der Schenkungen innerhalb der letzten 10 Jahre zu enthalten hat (vgl. Palandt/Edenhofer, 62. Aufl., § 2314 Rz. 7; BGHZ 33, 373 [374]).
Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Auskunftserteilung so zu erfolgen hat, wie der Berechtigte sie verlangt. Schon das Reichsgericht hatte ausgesprochen (WarnRspr 1913 Nr. 378), dass ein Erbe das Verlangen auf Errichtung eines notariellen Nachlassverzeichnisses nicht anders als das Verlangen nach Auskunftserteilung über den vorhandenen, greifbaren Bestand des Nachlasses in dem engeren Sinne des § 2314 BGB verstehen müsse, vielmehr abwarten dürfe, ob vom Pflichtteilsberechtigten in dieser Hinsicht ein besonderes Verlangen an ihn gestellt werde. Der BGH hat diese Ansicht nicht missbilligt (BGH v. 29.10.1981 – IX ZR 92/80, BGHZ 82, 132 [136] = MDR 1982, 225).
Jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art, in denen nur ein Pflichtteilsanspruch und nicht zugleich ein rechtlich selbständiger Pflichtteilsergänzungsanspruch verfolgt wird, für den allein die Kenntnis der vor dem Erbfall erfolgten Schenkungen entscheidungsrelevant wäre, darf damit der auf Auskunft in Anspruch genommene Erbe das schlichte Verlangen, über den Bestand des Nachlasses in Form eines notariellen Verzeichnisses Auskunft zu erteilen, so verstehen, dass damit nur Auskunft über den realen Nachlassbestand verlangt wird (vgl. auch Staudinger/Haas, 13. Aufl., § 2314 Rz. 9, 79). Damit beschränkt sich das vom Beklagten abgegebene Anerkenntnis und die Reichweite des entspr. ergangenen Anerkenntnisurteils nur auf die Verpflichtung, über den realen Nachlass Auskunft zu geben. Es liegt damit kein erforderlicher Vollstreckungstitel für die Erzwingung der Auskunft über die Schenkungen der letzten 10 Jahre vor. Die erstmals mit dem Erzwingungsantrag begehrte Auskunft über zurückliegende Schenkungen kann deshalb nicht auf dem vom OLG Hamburg vorgeschlagenen Weg (OLG Hamburg FamRZ 1988, 1213) erst im Vollstreckungsverfahren dem Beklagten aufgegeben werden.
Aus dem Umstand, dass die Klägerin im vorprozessualen Schreiben vom 8.12.2000 auch Auskunft über die Schenkungen der letzten zehn Jahre gefordert hatte, folgt nicht, dass damit dieser Anspruch durch die erhobene Klage rechtshängig...