Entscheidungsstichwort (Thema)

Recht auf Grundbucheinsicht durch Pressevertreter und zur Notwendigkeit der Darlegung eines Einsichtsinteresses

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Recht auf Grundbucheinsicht durch Pressevertreter und zur Notwendigkeit der Darlegung eines Einsichtsinteresses (hier: Einsicht in Wohnungs-/Teileigentumsgrundbuch bei Betrieb eines Versandladens mit neonazistischem Propagandamaterial).

 

Normenkette

GG Art. 5 Abs. 1 S. 2; GBO § 12 Abs. 1, § 28; GBV § 46 Abs. 1; WEG § 1 Abs. 2-3, § 7 Abs. 1; RPflG § 11 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Garmisch-Partenkirchen (Beschluss vom 10.10.2016)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des AG Garmisch-Partenkirchen - Grundbuchamt - vom 10.10.2016 abgeändert.

II. Dem Beteiligten wird Einsicht - durch Übersendung einer unbeglaubigten Abschrift (nur Bestandsverzeichnis und erste Abteilung) - in das Teileigentumsgrundbuch des AG Garmisch-Partenkirchen von M. für das auf Flurstück 1 ... 8 befindliche Teileigentum "Laden" (von der Straße aus gesehen linke Gebäudeseite) gewährt.

III. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

IV. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird für den zurückgewiesenen Teil auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Am 24.8.2016 bat der Beteiligte als Vertreter der Presse per Email das AG um Auskunft über den derzeit eingetragenen Eigentümer eines mit Gemeinde, Straße und Hausnummer bezeichneten Grundstücks.

Zur Begründung trug er vor:

In dem auf dem Grundstück befindlichen Anwesen residiere das Unternehmen "Ve. der Be."/"Ho.-land" des Neonazis M. P. und der S. H. Es werde einschlägig neonazistisches Propagandamaterial vertrieben, das Geschäft dränge regelmäßig mit NPD-Veranstaltungen, extrem rechten Vorträgen und Liederabenden an die Öffentlichkeit und agitiere die regionale wie überregionale Szene. Allerdings häuften sich die Hinweise auf seit Jahren massive finanzielle Probleme für die dort auch wohnenden Betreiber. Zur Klärung der Eigentumsverhältnisse und etwaiger Belastungen benötige er daher Einsicht in die Abteilungen I und III des entsprechenden Grundbuchs, um die Hinweise abzuprüfen und die Dimension der finanziellen Schwierigkeiten abschätzen zu können.

Dem Beteiligten wurde zunächst vom Behördenvorstand mitgeteilt, dass weder die von ihm namentlich bezeichneten beiden Personen noch das Unternehmen als Eigentümer des fraglichen Grundstücks eingetragen seien. Für Auskünfte über die Eigentumsverhältnisse müssten wegen des inmitten stehenden informationellen Selbstbestimmungsrechts zunächst die betroffenen Eigentümer angehört werden.

Nach weiterem Insistieren des Beteiligten lehnte schließlich die Urkundsbeamtin des Grundbuchamts am 8.9.2016 das Ersuchen ab, weil ein berechtigtes Interesse nicht ersichtlich sei. Hiergegen wandte sich der Beteiligte mit (Fax-)Schreiben vom 10.9.2016. Er sei für seine Recherchearbeit auf die Einsicht angewiesen, auch wenn die beiden Betreiber nicht im Grundbuch eingetragen seien. In der Szene sei es üblich, dass Gebäude nicht von den tatsächlich Nutzenden teils als "Strohmänner" erworben würden, um die tatsächlichen Verhältnisse zu verschleiern. Zudem könnten mögliche eingetragene Berechtigungen und vorherige Eigentümer weiter Aufschluss geben.

Auf die als Erinnerung behandelte Eingabe bat die Rechtspflegerin des Grundbuchamts den Beteiligten um Konkretisierung seines Ersuchens. Bei dem Objekt handle es sich um eine Wohnungseigentumsanlage (Büros, Läden, Wohnungen). Es müsse klargestellt werden, bezüglich welchen Objekts die Auskunft begehrt werde. Eine pauschale Einsicht sei nicht möglich. Es solle auch erläutert werden, wessen massive finanzielle Probleme aufklärungsbedürftig seien und wen der Antragsteller als "Betreiber" meine, den Eigentümer, den Mieter oder den Pächter.

Der Beteiligte beantwortete dies dahingehend, dass sein Interesse den von Herrn P. tatsächlich genutzten Teilen der Anlage gelte. Könne er - nach Kenntnis des Grundbuchs - ausschließen, dass auch die rechte Haushälfte für die Aktivitäten des Herrn P. genutzt würden, so würde er seine Anfrage auf die linke Haushälfte (inklusive des Anbaus) beschränken. Gegenstand seiner Recherche sei der tatsächliche Betreiber des Unternehmens; welche formale Stellung er zum Objekt habe, gehöre zum Kernbereich seiner Recherche und ergebe sich gerade erst aus der verlangten Einsicht.

Das AG - Rechtspflegerin - hat mit Beschluss vom 10.10.2016 die begehrte Einsicht abgelehnt. Die Grundbuchstellen seien nicht in der erforderlichen Form nach Gemarkung und Blattstelle bezeichnet. Für die gesamte Wohnungseigentumsanlage könnten nicht Auszüge erteilt werden; diesbezüglich bestehe kein berechtigtes Interesse. In diesem Fall trete das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinter das Geheimhaltungsinteresse der im Grundbuch eingetragenen und von der Recherche betroffenen Personen zurück. Der Antragsteller habe nicht dargelegt, dass der Betreiber massive finanzielle Probleme habe und er diese durch Einsicht in das Grundbuch klären wolle. Er habe n...

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