Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Gewährung von Verfahrenskostenhilfe nach übereinstimmender Erledigungserklärung bei isoliertem Antrag auf Zugewinnausgleich bei gleichzeitig gestelltem Scheidungsantrag
Leitsatz (amtlich)
1. Grundsätzlich ist es möglich, Zugewinnausgleichsansprüche auch außerhalb des Scheidungsverfahrens geltend zu machen, und zwar in zwei Fällen: Entweder es liegt ein Fall des vorzeitigen Zugewinnausgleichs gem. § 1385 BGB vor, oder das Scheidungsverfahren ist bereits beendet und der Ausgleich wird innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist des § 195 BGB geltend gemacht.
2. Während des Scheidungsverfahrens handelt es sich bei der Geltendmachung von Zugewinn immer um eine Folgesache gem. § 137 Abs. 2 Nr. 4 FamFG. Der Verbund tritt von selbst ein, ohne dass es diesbezüglich eines Antrags oder eines Beschlusses des Gerichts bedarf.
3. Ist das Verfahren über den Zugewinn nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung beider Eheleute bereits beendet, so ist die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe grundsätzlich nicht mehr möglich, da Verfahrenskostenhilfe gem. § 113 Abs. 1 FamFG, § 114 Abs. 1 ZPO immer nur für künftige bzw. laufende Verfahren bewilligt werden kann.
Normenkette
FamFG § 113 Abs. 1, § 137 Abs. 2 Nr. 4; ZPO § 114 Abs. 1; BGB § 1385
Verfahrensgang
AG Miesbach (Beschluss vom 29.12.2016; Aktenzeichen (K) 1 F 579/16) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Miesbach vom 29.12.2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1. Die Beteiligten schlossen am... die Ehe und leiteten im Jahr 2015 ein Scheidungsverfahren ein. Der Scheidungsantrag wurde im Verfahren 1 F 78/15 am 03.06.2015 zugestellt.
Noch während des laufenden Scheidungsverfahrens machte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 27.10.2016 im Wege des Stufenantrags in einem gesonderten Verfahren Zugewinnausgleichsansprüche geltend und beantragte, ihm hierfür Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Das Verfahren wurde unter dem Gz. 1 F 579/16 geführt.
Das AG wies den Antragsteller mit Schreiben vom 12.12.2016 darauf hin, dass die isolierte Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen während des laufenden Scheidungsverfahrens nur um Sonderfall des § 1385 BGB zulässig sei und daher ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe keine Aussicht auf Erfolg habe.
Am 15.12.2016 erklärten die Beteiligten im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Scheidungsverfahren 1 F 78/15 das Güterrechtsverfahren 1 F 579/16 übereinstimmend für erledigt.
Mit Beschluss vom 29.12.2016 lehnte das AG die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Güterrechtsverfahren ab.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
2. Die Beschwerde ist gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff ZPO zulässig, in der Sache aber nicht begründet; denn das AG hat zu Recht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt.
2.1. Zum Zeitpunkt, als das AG über die Verfahrenskostenhilfe entschieden hat, war das Verfahren Zugewinn nach der übereinstimmenden Erledigterklärung beider Eheleute bereits beendet. Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war daher grundsätzlich nicht mehr möglich, da Verfahrenskostenhilfe gem. §§ 113 I FamFG, 114 I ZPO immer nur für künftige bzw. laufende Verfahren bewilligt werden kann.
2.2. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das Gericht eine Frist gesetzt hätte, die zum Zeitpunkt der Erledigung des Verfahrens noch offen gewesen wäre, oder wenn das Gericht über den Antrag zu einem früheren Zeitpunkt hätte entscheiden können und müssen. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
Der am 31.10.2016 eingegangene Stufenantrag war von Anfang an unzulässig, worauf das AG pflichtgemäß hingewiesen hat.
Zwar ist es grundsätzlich möglich, Zugewinnausgleichsansprüche auch außerhalb des Scheidungsverfahrens geltend zu machen, und zwar in zwei Fällen: Entweder es liegt ein Fall des vorzeitigen Zugewinnausgleichs gem. § 1385 BGB vor, wozu vorliegend nichts vorgetragen wurde, oder das Scheidungsverfahren ist bereits beendet und der Ausgleich wird innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfrist des § 195 BGB geltend gemacht. Ob eine solche Vorgehensweise mutwillig wäre, muss hier nicht erörtert werden, da dieser Fall nicht vorliegt.
Während des Scheidungsverfahrens dagegen handelt es sich beim Zugewinn immer um eine Folgesache gem. § 137 II Nr. 4 FamFG. Der Verbund tritt von selbst ein, ohne dass es diesbezüglich eines Antrags oder eines Beschlusses des Gerichts bedarf (Thomas/Putzo/Hüsstege, ZPO, 37. Aufl., Rn. 4 zu § 137 FamFG). Auch eine reiche Partei hat es somit nicht in der Hand, parallel zum Scheidungsverfahren ein Zugewinnverfahren zu führen, wenn nicht die Ausnahmeregelung des § 1385 BGB eingreift.
Die Beschwerde des Antragstellers ist somit zurückzuweisen.
3. Einer Kostenentscheidung bedarf es wegen § 127 IV ZPO nicht.
Gründe, die Rechtsbeschwerde gem. § 574 ZPO zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Fundstellen
Haufe-Index 10852229 |
FuR 2017, 402 |
NZFam 2017, 424 |