Normenkette
BGB § 1578
Verfahrensgang
AG Erding (Aktenzeichen 1 F 36/02) |
Tenor
I. Zur Vorbereitung des Termins vom 10.4. wird den Parteien vorgeschlagen, sich für die Zeit vom 1.11.2001 bis 31.12.2002 auf einen monatlichen Ehegattenunterhalt von 1.205 Euro, davon 256 Euro Altersvorsorge und ab 1.1.2003 von 1.258 Euro, davon 278 Euro Altersvorsorge, bei Kostenaufhebung gütlich zu einigen.
II. Den Parteien wird aufgegeben, zum Termin eine Aufstellung aller vom Beklagten vom 1.11.2001 bis 31.3.2002 monatlich geleisteten Zahlungen auf den Ehegattenunterhalt (ohne Kindesunterhalt) mitzubringen.
Gründe
I. Die Parteien des Berufungsverfahrens waren vom 19.8.1993 bis 9.9.1997 verheiratet, wobei das Scheidungsverfahren am 18.12.1996 rechtshängig wurde und die Parteien seit Januar 1996 getrennt lebten. Aus der Ehe ist die am 10.9.1995 geborene Tochter J. hervorgegangen, die zwischenzeitlich in der ersten Klasse ist. Die Klägerin betreut die Tochter und ist Hausfrau. Im Scheidungsverfahren war eine einstweilige Anordnung zum Ehegattenunterhalt erlasse worden, wonach der Beklagte zur Zahlung von 886 Euro einschl. Altersvorsorge verurteilt worden war.
Der Beklagte hat eine Ausbildung als Diplombetriebswirt (BA) an der Berufsakademie der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Baden-Württemberg absolviert. Sein erster Arbeitgeber war die Firma I.-AG in M., wo er als Programmierer für Projekteinsätze im Raum M. tätig war. Nach der Scheidung wechselte er ab November 1997 zur Firma P.C.-GmbH in Ma. Er war dort zunächst Berater im Bereich der Telekommunikation und der Medien mit zum Teil längeren Einsätzen auch außerhalb seines Wohnbereichs, z.B. in D. (18 Monate). Mit Wirkung zum 1.4.1999 wurde er dort sog. Seniorberater. Zum 1.4.2001 stieg er in das Management als Bereichsleiter mit Handlungsvollmacht auf. Seit dem Aufstieg zum Seniorberater erhielt er zum Gehalt monatliche Tantiemen, seit dem Aufstieg zum Bereichsleiter zusätzlich einen Firmen-Pkw.
Der berufliche Wechsel des Beklagten führte zu erheblichen Gehaltssteigerungen. Der Beklagte hatte nach den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden in der Zeit von 1995 bis 2002 jährlich folgendes zu versteuernde Einkommen:
1995: 43.209,00 Euro
1996: 44.686,00 Euro
1997: 49.136,00 Euro
1998: 59.348,00 Euro
1999: 66.956,00 Euro
2000: 70.982,00 Euro
2001: 86.112,00 Euro
2002: 82.606,00 Euro.
Das FamG hat dem Beklagten zu einem monatlichen Unterhalt von 1.589,60 Euro verurteilt, davon 366,60 Euro Altersvorsorge. Es hatte hierbei einen sog. Karrieresprung des Beklagten verneint. Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der eine Herabsetzung auf einen monatlichen Unterhalt von 1.205 Euro, davon 256 Euro Altersvorsorge, beantragt.
II. Entgegen den Ausführungen des FamG ist der Senat der Auffassung, dass das derzeit erzielte Einkommen des Beklagten auf einem sog. Karrieresprung beruht und damit auch nach der geänderten Rspr. des BGH zu den ehelichen Lebensverhältnissen in Höhe des Mehrverdienstes nicht prägend ist (BGH v. 13.6.2001 – XII ZR 343/99, MDR 2001, 991 = BGHReport 2001, 549 = FamRZ 2001, 986). Maßgebender Prüfungszeitpunkt für eine vom Normalverlauf abweichende unerwartete Einkommensentwicklung ist auch beim nachehelichen Unterhalt die Trennung und nicht erst die Scheidung (vgl. BGH FamRZ 1982, 576; v. 23.11.1983 – IVb ZR 21/82, MDR 1984, 298 = FamRZ 1984, 149; v. 10.10.1990 – XII ZR 99/89, FamRZ 1991, 307; FamRZ 1994, 228). Nach Auffassung des Senats ist bereits die vom Beklagten unmittelbar im Anschluss an die Scheidung mit einem Ortswechsel und einem erheblich ausgeweiteten Einsatzbereich verbundene Einkommenssteigerung (Grundgehalt 1997 bei der Firma I. in M. nach den vorgelegten Gehaltsbescheinigungen 5.720 DM, bei der Firma P. in Ma. nach Ablauf der Probezeit 7.750 DM) eine nicht prägende Einkommensentwicklung, da dies keiner normalen absehbaren Gehaltssteigerung innerhalb eines Jahres entspricht. Der dann folgende Aufstieg als Bereichsleiter ins Management mit einem Anstieg des Bruttoeinkommens von jährlich 66.956 Euro auf 86.112 Euro im Jahre 2001 ist auch bereits nach der bisherigen Rspr. als Karrieresprung anzusehen (vgl. z.B. BGH v. 20.7.1990 – XII ZR 73/89, MDR 1991, 149 = FamRZ 1990, 1085; OLG Hamm v. 16.6.1989 – 5 UF 501/88, FamRZ 1990, 65; OLG Stuttgart v. 19.11.1990 – 11 UF 119/90, FamRZ 1991, 952; OLG Düsseldorf v. 29.4.1992 – 4 UF 3/92, FamRZ 1992, 1439; OLG München FamRZ 1997, 613). Im Hinblick auf den Grundgedanken der Eigenverantwortung nach § 1569 BGB beim nachehelichen Unterhalt sind nach der geänderten Rspr. des BGH zu den ehelichen Lebensverhältnissen mit seiner Entscheidung vom 13.6.2001 und der damit verbundenen Ausweitung des nachehelichen Unterhalts, insb. im Bereich des Aufstockungsunterhalts, in verstärktem Umfang die vom Gesetz vorgesehenen Kontrollmechanismen zu beachten, da vom Gesetzgeber kein lebenslanger Unterhaltsanspruch – von Ausnahmefällen abgesehen – beabsichtigt war. Hierzu zählen neben den Begrenzungsbestimmungen der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. ...