Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostentragungspflicht des Beklagten, wenn er Klage provoziert hat

 

Leitsatz (amtlich)

Der Beklagte hat gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wenn er die Klageerhebung provoziert hat, was dann der Fall ist, wenn er sich im Verzug befindet und auf eine Klageandrohung hin nicht sofort seine Leistungsbereitschaft zur Vermeidung einer Klageerhebung mitteilt.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 25.10.2004; Aktenzeichen 12 O 17256/04)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG München I vom 25.10.2004 wird zurückgewiesen,

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert wird auf 3.960,84 Euro festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten führt nicht zum Erfolg, da die vom LG München I gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO getroffene Kostenentscheidung nicht zu beanstanden ist.

Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch aus Bürgschaft. Für die Begleichung dieser Forderung war der Beklagten mit Schreiben vom 27.7.2004 eine Frist bis zum 12.8.2004 gesetzt worden. Eine Zahlung innerhalb dieser Frist erfolgte durch die Beklagte nicht. Mit Anwaltsschreiben vom 2.9.2004 ließ die Klägerin der Beklagten mitteilen, dass sie sich seit dem 2.9.2004 im Verzug befinde. Außerdem ließ sie der Beklagten unter Klageandrohung eine weitere Zahlungsfrist bis zum 8.9.2004 setzen. Mit Schriftsatz vom 9.9.2004 - bei dem Prozessgericht eingegangen am 9.9.2004 - ließ sie gegen die Beklagte Klage mit dem Antrag erheben, diese zur Zahlung von 38.432,79 Euro nebst Zinsen an sie zu verurteilen. Nachdem die Beklagte mit Wertstellung vom 9.9.2004 den Hauptsachebetrag i.H.v. 38.432,79 Euro gezahlt hatte, ließ die Klägerin die Klage hinsichtlich des Hauptsachebetrags mit Schriftsatz vom 14.9.2004 - bei dem Prozessgericht eingegangen am 14.9.2004 - zurücknehmen. Hinsichtlich der Zinsen i.H.v. 107,25 Euro und der Kosten des Rechtsstreits wurde die Klage aufrechterhalten. Mit Wertstellung vom 24.9.2004 zahlte die Beklagte auch noch die von der Klägerin geltend gemachten Zinsen. Am 28.9.2004 wurde die Klage der Beklagten zugestellt. Mit Schriftsatz vom 1.10.2004 ließ die Klägerin ihre Klage auch hinsichtlich der Zinsen zurücknehmen und den Antrag stellen, der Beklagten die Prozesskosten aufzuerlegen.

Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, dann bestimmt sich gem. § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Im Rahmen einer "reziproken" Anwendung des Grundgedankens des § 93 ZPO hat der Beklagte grundsätzlich dann die Kosten zu tragen, wenn er durch sein Verhalten die Klage provoziert hat. Letzteres ist hier der Fall, da die sich bereits im Verzug befindliche Beklagte nicht einmal dazu aufraffen konnte, nach Erhalt des Anwaltsschreibens vom 2.9.2004 den Klägervertretern die Zahlungsbereitschaft mitzuteilen. Diese wären telefonisch, per Fax oder per E-Mail sofort und zuverlässig erreichbar gewesen. Der Einzelrichter ist davon überzeugt, dass eine sofortige Anzeige der Zahlungsbereitschaft die Klageerhebung vermieden hätte.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Beschwerdewert war unter Berücksichtigung der entstandenen Verfahrenskosten gem. § 3 ZPO auf 3.960,84 Euro festzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1305043

AGS 2005, 171

OLGR-MBN 2005, 57

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