Leitsatz (amtlich)
Dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt steht im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach den §§ 45 ff. RVG auch dann ein Anspruch gegen die Staatskasse auf Festsetzung der Umsatzsteuer zu, wenn die von ihm vertretene Partei zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (Anschluss an OLG Hamburg, Beschluss vom 19.06.2013 - 4 W 60/13 = MDR 2013,1194; entgegen OLG Celle, Beschluss vom 04.10.2013 - 2 W 217/13 = MDR 2013, 1434).
Normenkette
RVG § 45 Abs. 1, § 55 Abs. 5 S. 1; ZPO § 104 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 30.05.2016; Aktenzeichen 13 T 4807/16) |
AG München (Beschluss vom 25.02.2016; Aktenzeichen 281 C 30021/14) |
Tenor
I. Die Beschlüsse des LG München I vom 30.05.2016 - Az.: 13 T 4807/16 - und des AG München vom 25.02.2016 - Az.: 281 C 30021/14 - werden aufgehoben.
II. Auf die Erinnerung der Rechtsanwälte ... wird der Beschluss des AG München vom 11.01.2016 dahin abgeändert, dass die den Rechtsanwälten aus der Staatskasse zu zahlende Prozesskostenhilfevergütung auf 270,13 EUR festgesetzt wird.
Gründe
I. Der Kläger hat als Insolvenzverwalter der ... KG im vorliegenden Rechtsstreit einen Rückgewähranspruch wegen insolvenzrechtlicher Anfechtbarkeit in Höhe von 1.200,00 EUR zuzüglich Zinsen geltend gemacht und vorweg die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt, die ihm vom LG München I (nach vorangegangener Ablehnung durch das AG München) mit Beschluss vom 24.07.2015 unter Beiordnung der Rechtsanwälte ... bewilligt worden ist. Das AG München hat gegen den Beklagten am 15.09.2015 ein Versäumnisurteil erlassen. Der hiergegen zunächst erhobene Einspruch ist vom Beklagten zurückgenommen worden.
Die Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim AG München hat mit Beschluss vom 11.01.2016 die den Rechtsanwälten aus der Staatskasse zu zahlende Prozesskostenhilfevergütung auf 227,00 EUR festgesetzt und dabei die Berücksichtigung der ebenfalls zur Festsetzung angemeldeten Umsatzsteuer in Höhe von 43,13 EUR abgelehnt.
Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Rechtsanwälte ... hat das AG München mit richterlichem Beschluss vom 25.02.2016 zurückgewiesen. Die vom AG zugelassene Beschwerde der beigeordneten Rechtsanwälte hat das LG München I mit Kammerbeschluss zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Beschwerdegericht im Wesentlichen ausgeführt, die Umsatzsteuer auf die Vergütung der beigeordneten Rechtsanwälte sei nicht zu berücksichtigen, da der Kläger zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Der Gegner einer vorsteuerabzugsberechtigten Partei solle nicht mit der Umsatzsteuer belastet werden, wenn diese selbst auf Grund ihrer Vorsteuerabzugsberechtigung mit diesem Betrag nicht belastet werde, weil sie ihn gegenüber dem Finanzamt geltend machen könne. Es sei unerheblich, dass hier die Staatskasse Vergütungsschuldner sei, da die Umsatzsteuerpflicht an die Frage anknüpfe, wer Auftraggeber des Rechtsanwalts sei. Das sei auch bei Gewährung von Prozesskostenhilfe stets die Partei selbst.
Gegen diese Entscheidung wenden sich die Rechtsanwälte ... mit der vom LG ausdrücklich zugelassenen weiteren Beschwerde. Zur Begründung wird ausgeführt, die Umsatzsteuer sei gemäß der Nr. 7008 VV-RVG in voller Höhe Teil der gesetzlichen Vergütung des Rechtsanwalts. Die Regelung in § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO finde auf den vorliegenden Fall keine entsprechende Anwendung, weil es für die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts nicht auf eine Vorsteuerabzugsberechtigung der Partei ankomme. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe habe gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zur Folge, dass der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen könne. Folglich könne diese die Umsatzsteuer auch nicht als Vorsteuer geltend machen, sodass die Staatskasse im Ergebnis nicht belastet sei.
II. Die - nach ausdrücklicher Zulassung durch das LG - gemäß den §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 RVG zulässige Beschwerde der Rechtsanwälte ... hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des LG und des AG steht den beigeordneten Rechtsanwälten ein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Umsatzsteuer aus der Staatskasse zu.
1. Für ihre Tätigkeit als Prozessbevollmächtigte des Klägers haben die beigeordneten Rechtsanwälte gegen die Staatskasse Anspruch auf eine Vergütung im Sinne der §§ 45 ff. RVG; zu dieser gehören auch die Auslagen und damit - wegen VV-RVG Nr. 7008 - die Umsatzsteuer auf den Betrag der Vergütung (siehe §§ 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 RVG).
2. Die Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers, dem die Beschwerdeführer beigeordnet worden waren, wirkt sich auf die Höhe der Prozesskostenhilfevergütung nicht aus (Senatsbeschluss vom 03.12.2014 - 11 W 1962/14; ebenso OLG Hamburg, Beschluss vom 19.06.2013 - 4 W 60/13 = MDR 2013, 1194 = RVGreport 2013, 348 mit zustimmender Anm. von Hansens; Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Auflage, § 46 Rn. 77; AnwK-RVG/Volpert/N. Schneider, RVG, 7. Auflage, § 55 Rn. 19 und VV 7008 Rn. 71, 74)
a) Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des Klägers, d...