Leitsatz (amtlich)
1. Eine Zuständigkeitsbestimmung bei Gerichtsstandsmehrheit auf Klägerseite ist grundsätzlich nicht möglich.
2. Bei negativen Feststellungsklagen mehrerer Kläger kommt im Hinblick auf unterschiedliche allgemeine Klägergerichtsstände eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (analog) nicht in Betracht (Abweichung von OLG München vom 18.8.2009, 31 AR 355/09, OLGReport 2009, 911).
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3, § 256
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 29 O 22395/09) |
Tenor
Die Bestimmung eines gemeinsam zuständigen Gerichts wird abgelehnt.
Gründe
I. Die Kläger sind Gesellschafter eines geschlossenen Immobilienfonds (Gehag-Fonds 16 GbR, im Folgenden: GbR), der 1995 aufgelegt wurde und seinen Sitz in Berlin hat. Sie wenden sich mit ihrer Klage zum LG München I (29 O 22395/09) gegen eine mögliche Inanspruchnahme aus Darlehensverträgen, die nach ihrem Vortrag von der beklagten Bank der GbR mit teilschuldnerischer Haftung der Gesellschafter entsprechend deren Beteiligungsquote gewährt wurden. Zu diesem Zweck haben sie mit Schriftsatz vom 20.11.2009 eine negative Feststellungsklage vor dem LG München I gegen die Beklagte sowie zwei weitere Banken erhoben. Gegen die letzteren wurde die Klage zwischenzeitlich zurückgenommen. Die Kläger wollen festgestellt wissen, dass sie der Beklagten aus Darlehensverträgen zwischen der GbR und der Beklagten persönlich nicht zur Zahlung verpflichtet sind.
Der Kläger zu 1 hat seinen Wohnsitz im Bezirk des LG München I, der Kläger zu 2 im Bezirk des LG Darmstadt. Die Beklagte ist in Berlin ansässig.
Mit prozessleitender Verfügung vom 22.12.2009 wies die Vorsitzende der zuständigen Kammer darauf hin, dass eine örtliche Zuständigkeit des LG München I nicht ersichtlich sei. Unter dem 21.1.2010 haben die Kläger beim OLG die gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit beantragt. Sie sind der Ansicht, dass der Kläger zu 1 berechtigt sei, die negative Feststellungsklage an seinem Wohnsitz zu erheben, da für die negative Feststellungsklage eines (potentiellen) Schuldners (auch) das Gericht zuständig sei, bei dem die Leistungsklage des Gläubigers erhoben werden könne. Der Kläger zu 2 könne dieser Klage dann als Streitgenosse beitreten. Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat beantragt, den Antrag abzulehnen.
II. Das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ist abzulehnen. Denn die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (analog) liegen nicht vor.
1. Die Antragsteller haben als aktive Streitgenossen die Antragsgegnerin verklagt. Eine Zuständigkeitsbestimmung bei Gerichtsstandsmehrheit auf Klägerseite erkennt die Rechtsprechung im Grundsatz nicht an (BGH NJW 1991, 2910; BayObLG NJW-RR 2006, 210; NJW-RR 1993, 511; MünchKomm/Patzina ZPO, 3. Aufl., § 36 Rz. 22; Zöller/Vollkommer ZPO, 28. Aufl., § 36 Rz. 14; Musielak/Heinrich ZPO, 7. Aufl., § 36 Rz. 17). Ein Ausnahmefall, der die Bestimmung hier erforderlich machen würde, liegt nicht vor.
Ein solcher Ausnahmefall ergibt sich auch nicht daraus, dass nach einer verbreiteten Ansicht der Kläger einer negativen Feststellungsklage überall dort klagen kann, wo die Leistungsklage mit umgekehrtem Rubrum zulässig wäre (vgl. OLG München vom 12.10.2009, 31 AR 533/09, und vom 18.8.2009, 31 AR 355/09, OLGReport 2009, 911; a.A. OLG Bamberg vom 21.12.2009 - 4 U 156/09; OLG Stuttgart vom 27.1.2010 - 9 U 191/09), also auch am Gerichtsstand des Klägers. Es kann dahinstehen, ob man dieser Meinung folgen will. Denn sie bedingt nicht, dass Klägern, die als einfache Streitgenossen (§§ 59, 60 ZPO) Klage erheben wollen, ein Wahlrecht zwischen einer Vielzahl - nicht gemeinsamer - allgemeiner und etwaiger besonderer Gerichtsstände - also praktisch ein unbeschränkter Wahlgerichtsstand - eingeräumt werden soll, obwohl ein gemeinsam zuständiges Gericht unproblematisch bestimmbar ist. Soweit den bereits zitierten Entscheidungen des 31. Zivilsenats vom 18.8. und 12.10.2009 Abweichendes zu entnehmen ist, folgt dem der erkennende Senat nicht.
Bei einer Leistungsklage der Beklagten gegen die Kläger käme das LG München I als zuständiges Gericht schon nicht in Betracht, da dort nur der Kläger zu 1 seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Da ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand in Berlin besteht (§ 29 ZPO), wäre selbst im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Bestimmung des LG München I oder des LG Darmstadt als zuständiges Gericht nicht möglich. Aber selbst wenn der Beklagten eine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Gerichtsständen zustünde, so hätte diese und hätten nicht die hiesigen Kläger das Wahlrecht (§ 35 ZPO).
Die Besserstellung der Kläger einer negativen Feststellungsklage, indem diesen eine größere Bandbreite an zuständigen Gerichten zur Verfügung gestellt wird, die sie willkürlich durch "richtige" Zusammenfassung von aktiven Streitgenossen aussuchen können, erscheint gem. der gesetzlichen Grundkonzeption der gerichtlichen Zuständigkeiten regelmäßig nach dem (Wohn-) Sitz der in Anspruch genomme...