Verfahrensgang

AG Augsburg (Aktenzeichen 300 UR III 37/15)

 

Gründe

I. Die Voraussetzungen für die von dem Beschwerdeführer erstrebte Nachbeurkundung sind bereits deswegen nicht gegeben, weil entsprechende Nachweise für die genetische Ähnlichkeit des Kindes mit den Beteiligten zu 1 und 4 nicht vorliegen.

1. Gemäß Art. 123 Abs. 2 ukrainischen Familiengesetzbuches (ukrain. FamG) gelten im Falle der Übertragung eines Embryos, der von Ehegatten (Ehemann und Ehefrau) unter der Anwendung von Reproduktionstechnologien gezeugt wurde, in den Organismus einer anderen Frau, die Ehegatten als Eltern des Kindes.

a) Die Frage, ob Art. 123 Abs. 2 ukrain. FamG anstelle § 1591 BGB Anwendung findet, unterliegt der Prüfung des Standesamts in eigener Zuständigkeit und damit auch dem Senat.

Der Senat teilt nicht die Auffassung des Beschwerdeführers, dass die Eintragung der Ehefrau des Beschwerdeführers in das Geburtenregister durch das Standesamt der Justizverwaltung des Bezirks XXX am 1.7.2015 eine Entscheidung darstellt, die einer Anerkennung nach § 108 FamFG zugänglich ist.

aa) Entscheidungen im Sinne des § 108 FamFG sind alle gerichtlichen Entscheidungen, die bestimmt und geeignet sind, eine rechtliche Wirkung für die Beteiligten zu äußern und die nicht dem streitigen Verfahren zuzurechnen sind. Eine analoge Anwendung auf Entscheidungen ausländischer Behörden oder Notariate kommt nur dann in Betracht, wenn sie in ihrer Stellung deutschen Gerichten entsprechen (vgl. Keidel/Zimmermann FamFG 19. Auflage ≪2017 ≫ § 108 Rn. 6; Musielak/Borth FamFG 5. Auflage ≪2015≫ § 108 Rn. 2). Dabei ist unmaßgeblich, ob die behördliche Entscheidung rechtsbegründende oder lediglich feststellende Wirkung hat (BGH NJW 2015, 479/480 Tz. 22). Nach Auffassung des Senats ist zudem Voraussetzung, dass die Entscheidung nach einer erfolgten Sachprüfung eine in dem jeweiligen Verfahren inmitten stehende Rechtsfrage bzw.-folge für den Rechtsverkehr verbindlich und abschließend klärt. In diesem Sinne zieht der BGH in Bezug auf die seiner Entscheidung zugrunde liegende Rechtsfrage (Anerkennungsfähigkeit einer ausländischen Gerichtsentscheidung, die die Feststellung der rechtlichen Verwandtschaft enthält) auch die Rechtskraftwirkung als Kriterium für die Anerkennungsfähigkeit einer Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG heran (a.A. OLG Celle FamRZ 2017, 1496/1497).

bb) Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen einer Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG kann daher nach Auffassung des Senats nicht allein die Frage einer Sachprüfung sein. Denn z.B. kann auch bei einer (bloßen) Registrierung der den jeweiligen Behörden angebrachten Tatsachen samt Ausstellung einer Geburtsurkunde, die keine Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG darstellt (vgl. dazu Duden StZ 2014, 164/166), eine rechtliche Subsumption aufgrund von dem Standesamt ermittelten Tatsachen erfolgen (vgl. nur § 9 Abs. 1 PStG: "eigene Ermittlungen"). Maßgeblich ist vielmehr, welche Rechtswirkungen die jeweiligen (ausländischen) Verfahrensordnungen dem Ergebnis des Rechts- und Sachprüfung beimessen. Insofern liegt eine Entscheidung im Sinne des § 108 FamFG nur dann vor, wenn die ausländische Verfahrensordnung dem Ergebnis der Rechts- und Sachprüfung durch die Behörde abschließende und verbindliche Wirkung für den Rechtsverkehr beimisst.

cc) Dies ist weder bei der Erfassung der Geburt eines Kindes bzw. seiner Abstammung (Art. 13 Gesetz über die staatliche Registrierung von Personenstandsakten v. 1.7.2010 ≪ukrain. PStG ≫) noch bei dem Ausstellen einer Geburtsurkunde (Art. 18 Abs. 1 ukrain. PStG) durch ein Standesamt in der Ukraine der Fall.

(1) Gemäß Art. 13 ukrain. PStG (vgl. dazu Bermann/Ferid/Henrich 214. Lieferung Stichwort "Ukraine") erfolgt eine staatliche Registrierung der Geburt des Kindes gleichzeitig mit der Feststellung seiner Abstammung und der Namensgebung, wobei die Abstammung mit den Bestimmungen des Familiengesetzbuches der Ukraine festgelegt wird (Ziff. 1). Die staatliche Registrierung der Geburt erfolgt auf schriftlichen oder mündlichen Antrag der Eltern oder eines Elternteils am Geburtsort des Kindes oder am Wohnort der Eltern (Ziff. 2). Die staatliche Registrierung von Personenakten erfolgt mit dem Ziel der Gewährleistung der Rechte der natürlichen Person sowie der Anerkennung und Bestätigung der Tatsache der Geburt einer natürlichen Person und ihrer Abstammung (Art. 9 Ziff. 1 ukrain. PStG), wobei die staatliche Registrierung von Personenstandsakten durch das Abfassen von Personenstandseinträgen erfolgt. (Art. 9 Ziff. 2 ukrain. PStG). Letztere stellen ein Dokument des Organs der staatlichen Registrierung von Personenstandakten dar, das die persönlichen Angaben über die Person enthält und die Tatsachen der staatlichen Registrierung des Personenstandskatenaktes nachweist (vgl. Art. 9 Ziff. 3 ukrain. PStG). Gemäß Art. 18 Ziff. 1 ukrain. PStG stellen die Organe der staatlichen Registrierung von Personenstandsakten über die Tatsache der Registrierung des Personenstandsaktes eine entsprechende Urkunde aus.

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