Leitsatz (amtlich)
1. Grundsätzlich ist es sachlich-rechtlich und für den guten Glauben des Grundbuchs unschädlich, wenn eine Eintragung an einer unrichtigen Stelle (Abteilung oder Spalte) vorgenommen wird. Vielmehr bestimmt sich der Grundbuchinhalt nach dem Zusammenhang der Eintragungen in den verschiedenen Abteilungen wie Spalten.
2. Waren Bebauungsbeschränkungen, ungeachtet ihrer Bestellung an einem neuen Belastungsobjekt, in der Veränderungsspalte der ursprünglich zulasten eines anderen Grundstücks bestellten Rechte zwar materiell wirksam eingetragen, so kommen sie im Zuge einer Grundbuchumschreibung zum Erlöschen, wenn sie nicht unter Beachtung entsprechend § 30 Abs. 1 Buchst. e GBV mitübertragen werden. Dann gilt das Recht durch die unterbliebene Mitübertragung nach § 46 Abs. 2 GBO als gelöscht.
Normenkette
BGB § 874; GBO § 46 Abs. 2, § 53 Abs. 1; GBV § 30 Abs. 1 Buchst. e und g
Verfahrensgang
AG Fürstenfeldbruck (Beschluss vom 04.11.2014) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des AG Fürstenfeldbruck - Grundbuchamt - vom 4.11.2014 aufgehoben.
II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, über die Amtslöschung der im Grundbuch von XXX Bl. XXXX in der Zweiten Abteilung unter Ifd. Nr. 1 eingetragenen Bebauungsbeschränkungen
a) für den jeweiligen Eigentümer von FlSt. 247,
b) für den Freistaat Bayern
nach Maßgabe der folgenden Gründe neu zu entscheiden.
Gründe
I. Die Beteiligte ist aufgrund Auflassung vom 18.2.2013 seit 3.4.2013 als Eigentümerin eines Grundstücks (FlSt 246) im Grundbuch (Bl. XXXX) eingetragen. Sie wendet sich gegen Belastungen, die in der Zweiten Abteilung wie folgt eingetragen sind:
Bebauungsbeschränkungen - im Gleichrang unter sich - für den
a) jeweiligen Eigentümer des FlSt. 247,
b) Freistaat Bayern;
gemäß Bewilligung vom 3.5.1968, eingetragen am 19.6.1968; umgeschrieben am 6.8.1985.
Der Eintragung dieser Beschränkungen lag im Einzelnen zugrunde:
1. Die Eheleute S., Eigentümer des Grundstücks FlSt 247, beabsichtigten die Aufstockung und Erweiterung des auf ihrem Grundstück bestehenden Wohnhausanbaus. Der Rechtsvorgänger M. der Beteiligten gestattete daraufhin gemäß Ziff. III. der notariellen Urkunde vom 3.5.1968 mit Wirkung für sich und seine Rechtsnachfolger im Eigentum des (Weg-) Grundstücks FlSt 246/2 dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlSt. 247, dieses Grundstück ohne Einhaltung der nach der Bayerischen Bauordnung vorgeschriebenen Abstandsflächen zu bebauen und diese Abstandsfläche in einer Tiefe von 3 m und einer Länge von 7 m auf sein Grundstück FlSt 246/2 zu erstrecken, ohne dass diese auf die für sein Grundstück vorgeschriebenen Abstandsflächen angerechnet werden können, die Bebauung dieser Fläche also zu unterlassen. Beigeheftet war der Urkunde eine Planskizze mit der eingezeichneten Abstandsfläche.
Herr M. bewilligte und beantragte, an dem bezeichneten Grundstück für die übernommenen Verpflichtungen und eingeräumten Rechte zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks FlSt 247 eine Grunddienstbarkeit einzutragen.
Weiter verpflichteten sich die Vertragsteile gegenüber dem Freistaat Bayern, ohne dessen Zustimmung weder den Inhalt der Urkunde zu Ziff. III abzuändern oder aufzugeben. Zugleich wurde zur Sicherung des Anspruchs auf Einhaltung der Baubeschränkung - im Gleichrang - die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit für den Freistaat Bayern an FlSt 246/2 bewilligt und beantragt.
2. Zu notarieller Urkunde vom 16.5.1969 veräußerte M. das Weggrundstück an die Eheleute S., die damaligen Eigentümer des Grundstücks FlSt 247. In Ziff. XIII./XIV. vereinbarten die Vertragsteile im Nachtrag zur Urkunde vom 3.5.1968, dass sich die dort vereinbarte Abstandsfläche nunmehr auf eine Tiefe von 5 m und eine Länge von 21 m auch auf das Grundstück FlSt 246 im Eigentum des Veräußerers erstreckt. Sie bewilligten und beantragten die Eintragung der Änderung, ferner die Löschung der Bebauungsbeschränkung an FlSt 246/2 im Grundbuch. Das Grundbuchamt vollzog dies am 8.9.1969, indem es in die Veränderungsspalte (5) eintrug (Bl. 960):
Das Recht Nr. 2 lastet nunmehr - mit geänderten Abstandsflächen - auf BVNr. 1. Gemäß Bewilligung vom 16.5.1969.
Gleichzeitig mit dem Vollzug der vorgenannten Eintragung wurde das (Weg-) Grundstück FlSt 246/2 von Bl. 960 nach Bl. 1181, dem damals für das bebaute Grundstück FlSt 247 (Nr. 1) geführten Grundbuchblatt, übertragen (dort Nr. 2), welches aktuell noch die am 3.5.1968 bewilligte Bebauungsbeschränkung für den Freistaat Bayern ausweist (zu II/4). Im Grundbuch Bl. 960 wurde für das (Weg-) Grundstück zugleich in Spalten 6/7 die Löschung der Grunddienstbarkeit sowie die Löschung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit hier wegen Übertragung nach Bl. 1181 vermerkt.
Am 6.8.1985 wurde das für FlSt 246 geführte Grundbuchblatt (ehemals 960) nach Bl. 1815 umgeschrieben. Dort sind die beiden Beschränkungen wie vor 1. dargestellt vermerkt.
3. Die Beteiligte hat mit Schriftsätzen vom 10./29.10.2014 Amtslöschung (§ 53 Abs. 1 Satz 2 GBO) angeregt. Si...