Leitsatz (amtlich)

Sind in einem Kostenfestsetzungsbeschluss antragsgemäß Zinsen in der vollen bei seinem Erlass gesetzlich vorgesehenen Höhe rechtskräftig zugesprochen worden, kann der Kostengläubiger wegen einer Änderung des gesetzlichen Zinssatzes nicht mit Erfolg die Nachfestsetzung der Zinsdifferenz beantragen.

 

Normenkette

ZPO § 104 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 25 O 2207/00)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 16.01.2003; Aktenzeichen V ZB 51/02)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte zu 2) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert wird auf bis zu 600 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beklagte zu 2) wendet sich dagegen, dass das LG es abgelehnt hat, nachträglich über 4 % Zinsen hinausgehende weitere Zinsen zuzuerkennen. In den beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 17.1. und 17.7.2001 waren für die der Beklagten zu 2) zustehenden Erstattungsansprüche jeweils 4 % Zinsen zuerkannt worden. Die Beklagte hatte in ihren ursprünglichen Kostenfestsetzungsanträgen jeweils eine gesetzliche Verzinsung des Erstattungsbetrages beantragt.

II. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

Die Frage, ob hinsichtlich vor dem 1.10.2001 rechtskräftig festgestellter Kostenerstattungsansprüche, für die 4 % Zinsen zuerkannt wurden, mit Wirkung ab dem 1.10.2001 durch einen erneuten Kostenfestsetzungsbeschluss weitere Zinsen festgesetzt werden können, ist umstritten (bejahend: LG Chemnitz, BRAGOReport 2002, 58; AG Siegburg, BRAGOReport 2002, 1002; Hansens, BRAGOReport 2001, 131 [133] verneinend: KG, BRAGO Report 2002, 103; OLG Hamm, BRAGOReport 2002, 104).

Der Senat verneint eine nachträgliche Zuerkennung weiterer Zinsen, wenn der Berechtigte in seinem Kostenfestsetzungsantrag die Zinsen geltend gemacht hat, die ihm nach der seinerzeitigen Rechtslage zustanden, und diesem Antrag entsprochen worden war. In diesen Fällen steht die Rechtskraft des ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschlusses entgegen.

Ist davon auszugehen, dass mit einem Antrag der gesamte dem Antragsteller zustehende Anspruch geltend gemacht sein soll, so ist mit einer rechtskräftigen Entscheidung über den Anspruch insgesamt entschieden und steht die Rechtskraft dieser Entscheidung der Zuerkennung eines weiteren Anspruches entgegen. Etwas anderes gilt, wenn es sich um einen verdeckten Teilanspruch handelt. Dann können wie bei einem offen gelegten Teilanspruch weitere Ansprüche geltend gemacht werden (Baumbach/Hartmann, 60. Aufl., § 322 ZPO Rz. 51 ff.). Dabei ist entscheidend, ob die Erklärungen des Antragstellers so zu verstehen sind, dass er alles, was ihm zusteht, geltend machen will oder dass er nur einen Teil verlangt (BGH NJW 1979, 720; OLG Köln, DB 1994, 1814).

Verlangt eine Partei in vollem Umfange die Zinsen, die ihr nach dem Gesetz zustehen, so verlangt sie damit alles, was ihr zusteht. Dann können ihre Erklärungen nicht mehr dahingehend ausgelegt werden, dass sie hinsichtlich der Zinsen nur einen Teil geltend macht.

Die Beklagte zu 2) hat damals den gesetzlichen Zinssatz, also die Zinsen in vollem Umfange, wie sie ihr seinerzeit zustanden, geltend gemacht.

Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass, wenn die Beklagte zu 2) im ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrag keine Zinsen beantragt hätte, die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses sie nicht daran gehindert hätte, nachträglich Zinsen geltend zu machen (Baumbach/Hartmann, 60. Aufl., § 104 ZPO Rz. 25). Sind keine Zinsen geltend gemacht, so kann der Kostenfestsetzungsantrag dahingehend verstanden werden, dass mit ihm noch nicht alles verlangt sein soll, was dem Antragsteller zusteht.

III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Den Beschwerdewert nimmt der Senat mit dem Verzinsungsinteresse für einen Zeitraum von einem Jahr an (§ 3 ZPO; ebenso Hansens, BRAGOReport 2001, 134; KG, BRAGOReport 2002, 103).

V. Im Hinblick darauf, dass die Frage der Nachforderung von Zinsen für bereits rechtskräftig festgestellte Kostenerstattungsansprüche streitig beantwortet wird und diese Frage große praktische Bedeutung hat, wie die Anzahl der hierzu ergangenen Entscheidungen in jüngster Vergangenheit zeigt, lässt der Senat die Rechtsbeschwerde zu (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2, Abs. 2 ZPO).

Florentz Dr. Rönnebeck Dr. Müller-Rabe

VorsRiOLG RiOLG RiOLG

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108150

FamRZ 2003, 464

NJW-RR 2002, 1725

JurBüro 2002, 651

MDR 2002, 1338

OLGR Düsseldorf 2003, 32

OLGR Frankfurt 2003, 32

OLGR Hamm 2003, 32

OLGR Köln 2003, 32

Rpfleger 2002, 653

KG-Report 2003, 32

OLGR-BHS 2003, 32

OLGR-CBO 2003, 32

OLGR-KSZ 2003, 32

OLGR-KS 2003, 32

OLGR-MBN 2003, 32

OLGR-MBN 2003, 79

OLGR-NBL 2003, 32

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge