Leitsatz (amtlich)
"§ 117 Abs. 1 S. 4 FamFG i.V.m. § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO gilt nur für die Beschwerdebegründung, sodass im Falle der unzulässigen Beschwerdeeinlegung über die Frage der Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 1, 2 FamFG zu entscheiden ist. § 68 Abs. 2 FamFG sieht die Rechtsbeschwerde kraft Gesetzes nicht vor".
Verfahrensgang
AG Miesbach (Beschluss vom 07.10.2011; Aktenzeichen (K) 2 F 62/10) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Miesbach vom 7.10.2011 wird verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 657,55 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller macht Folgekosten aus einer kieferorthopädischen Behandlung geltend. Mit Endbeschluss des AG Miesbach vom 7.10.2011 wurde der Antrag abgewiesen. Dieser Endbeschluss wurde dem anwaltlichen Vertreter des Antragstellers am 17.10.2011, dem anwaltlichen Vertreter des Antragsgegeners am 14.10.2011 zugestellt. Mit Schreiben der Mutter des Antragsgegners vom 11.11.2011 erklärte diese, dass sie mit der Endentscheidung des AG Miesbach vom 7.10.2011 nicht einverstanden sei. Mit Schreiben vom 17.11.2011 erklärte der anwaltliche Vertreter des Antragstellers, das Schreiben der Mutter der Antragstellerin sei als Beschwerde auszulegen; er selbst sei allerdings nicht für das Beschwerdeverfahren mandatiert, so dass gegebenenfalls die Beschwerde von einem vom Antragsteller zu bestellenden Rechtsanwalt zu begründen sei.
II. Die Beschwerde ist bereits gem. § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht von einem Rechtsanwalt eingelegt wurde, §§ 64 Abs. 2 S. 4, 114 Abs. 1 FamFG und die Beschwerdefrist zwischenzeitlich abgelaufen ist, § 63 Abs. 1 FamFG.
Vor dem OLG besteht in Unterhaltssachen gem. § 114 I FamFG Anwaltszwang, worauf das AG im Rahmen seines Endbeschlusses vom 7.10.2011 in seiner Rechtsbehelfsbelehrung auch hingewiesen hat. Die Beschwerde vom 11.11.2011 wurde durch die Mutter des Antragstellers eingelegt, die offensichtlich nicht Rechtsanwältin ist. Da die Beschwerdeschrift gem. § 64 Abs. 2 S. 4 FamFG durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet werden muss, fehlt eine formgerechte Beschwerdeeinlegung.
Soweit Rechtsanwalt M. mit Schriftsatz vom 17.11.2011 zwar noch in der Beschwerdeeinlegungsfrist mitteilt, dass das Schreiben vom 14.11.2011 (gemeint ist wohl das Schreiben vom 11.11.2011, das nur als Eingangsdatum den 14.11.2011 trägt) als Beschwerde auszulegen sei, kann hierin nicht eine formgerechte Beschwerdeeinlegung gesehen werden.
Für die Beschwerdeeinlegung trägt derjenige, der die Beschwerde einlegt, die Verantwortung. Ein Rechtsanwalt weiß, dass er "Beschwerde" einlegen muss. Indem Rechtsanwalt M. nur darauf verweist, dass das Schreiben vom 11.11.2011 als Beschwerde auszulegen ist, macht er sich dieses Schreiben nicht zu eigen, sondern will dem Schreiben nur eine bestimmte Sinnrichtung geben. Er selbst legt aber nicht Beschwerde ein, im Gegenteil, er teilt mit, dass er für das Beschwerdeverfahren nicht mandatiert ist.
Spätestens mit Ablauf des 17.11.2011 ist die Beschwerdefrist auch abgelaufen. Da bis zu diesem Zeitpunkt keine von einem Rechtsanwalt unterzeichnete Beschwerde vorlag, kann diese Verfahrenshandlung auch nicht mehr wirksam nachgeholt werden (Thomas/Putzo/Reichold § 63 FamFG Rz. 6).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Der Beschwerdewert wird auf 657,55 EUR festgesetzt, §§ 40 Abs. 1, 35 FamGKG.
Gründe, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, § 70 Abs. 1, 2 FamFG, liegen nicht vor.
Da bereits die Beschwerdeeinlegung unzulässig war, kommt es auf § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG i.V.m. §§ 522 Abs. 1 S. 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht an. Dieser gilt ausweislich des Gesetzeswortlauts lediglich für die Beschwerdebegründung (Hüsstege in Thomas/Putzo § 117 FamFG Rz. 1), während für die Zulässigkeit der Beschwerdeeinlegung die §§ 58 ff. FamFG gelten, mit der Folge, dass die Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung einer unzulässigen Beschwerdeeinlegung gem. § 70 Abs. 1, 2 FamFG nur dann zuzulassen ist, wenn die dort genannten Gründe vorliegen. Dies ist im vorliegenden Verfahren jedoch nicht der Fall. § 68 Abs. 2 FamFG sieht die Rechtsbeschwerde kraft Gesetzes nicht vor.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Der Beschluss ist mit Rechtsmitteln nicht anfechtbar.
Fundstellen
Haufe-Index 2859833 |
FamRZ 2012, 654 |
MDR 2012, 183 |