Leitsatz (amtlich)
1. Hat sich in einem Unterbringungsverfahren die Hauptsache erledigt, erfordert die Wahrung des rechtlichen Gehörs, dem Betroffenen Gelegenheit zu einer Änderung seines Rechtsschutzziels zu geben.
2. Weist das LG den Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen auf das erledigende Ereignis hin und kündigt dieser ohne zeitliche Festlegung eine Erklärung über die Rücknahme der sofortigen Beschwerde bzw. die Umstellung des Antrags an, darf das Rechtsmittel nicht ohne weitere Rückfrage bereits vor Ablauf von zwei Wochen als unzulässig verworfen werden.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; FGG § 22 Abs. 1, § 70m
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 07.03.2006; Aktenzeichen 13 T 1220/06) |
AG Erlangen (Beschluss vom 31.01.2006; Aktenzeichen 4-XVII 0073/06) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 7.3.2006 aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des AG Erlangen vom 31.1.2006 und die mit ihm angeordnete geschlossene Unterbringung des Betroffenen in der Zeit vom 1.2. bis 24.2.2006 rechtswidrig waren.
III. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in den Verfahren der sofortigen Beschwerde und der sofortigen weiteren Beschwerde werden der Staatskasse auferlegt.
IV. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen Beschwerde und der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf jeweils 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 31.1.2006 ordnete das VormG durch einstweilige Anordnung nach § 1846 BGB die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis längstens 14.3.2006 an und bestellte eine Pflegerin für das Unterbringungsverfahren. Am selben Tag wurde ein vorläufiger Betreuer mit der Aufgabe der Gesundheitsfürsorge einschließlich der insoweit notwendigen Aufenthaltsbestimmung bestellt.
Zur Begründung wurde auf ein ärztliches Gutachten des Gesundheitsamtes beim Landratsamt und auf eine die Betreuung und Unterbringung anregende Stellungnahme der Universitätsklinik E. Bezug genommen. Danach bestehe bei dem Betroffenen eine psychische Störung, welche die Untersuchung des Gesundheitszustandes und eine fachärztliche Behandlung erfordere. Beides könne ohne Unterbringung nicht sichergestellt werden. Der Betroffene könne wegen der psychischen Erkrankung die Notwendigkeit dieser Maßnahme nicht erkennen bzw. nicht einsichtsgemäß handeln.
Der Betroffene wurde mit Unterstützung der Betreuungsbehörde am Nachmittag des 1.2.2006 geschlossen untergebracht. Dies wurde dem zuständigen Richter am nächsten Tag telefonisch mitgeteilt. Die richterliche Anhörung des Betroffenen wurde am 3.2.2006 nachgeholt.
Am 9.2.2006 legte der Betroffene sofortige Beschwerde ein und beantragte, den Beschluss des AG vom 31.1.2006 aufzuheben.
Am 24.2.2006 hob das AG die Anordnung der Unterbringung mit sofortiger Wirkung auf. Der Gesundheitszustand des Betroffenen habe sich so weit verändert, dass er entlassen werden könne. Zwar bestünden noch eine gereizte Manie und Stimmungsschwankungen. Jedoch liege eine akute "Eigen- oder Fremdgefährdung" nicht mehr vor. Der Betroffene sei zudem nicht behandlungsbereit.
Laut richterlicher Verfügung mit einem Ausführungsvermerk der Geschäftsstelle wurde der Beschluss dem Betroffenen, dem vorläufigen Betreuer, der Verfahrenspflegerin und der Betreuungsbehörde mit Briefpost übermittelt. An die Klinik und das LG wurde der Beschluss per Fax gesandt. Eine Übersendung an die Verfahrensbevollmächtigten unterblieb.
Am selben Tag verständigte die Berichterstatterin des LG die Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen telefonisch von dem Aufhebungsbeschluss. Nach einem in den Akten enthaltenen Vermerk wurde von dort aus eine Erklärung angekündigt, ob die sofortige Beschwerde zurückgenommen oder der Antrag wegen eines Interesses des Betroffenen an der Feststellung der Rechtswidrigkeit entsprechend umgestellt werde.
Mit Schriftsatz vom 7.3.2006, beim LG eingegangen am 9.3.2006, teilten die Verfahrensbevollmächtigten mit, dass ihnen der Aufhebungsbeschluss des VormG vom 24.2.2006 noch immer nicht vorliege. Es werde um Übersendung gebeten, damit über die weitere Antragstellung entschieden werden könne.
Zu diesem Zeitpunkt hatte das LG bereits mit Beschluss vom 7.3.2006 die sofortige Beschwerde wegen Erledigung der Hauptsache und unterbliebener Änderung des Rechtsschutzbegehrens als unzulässig verworfen.
Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, mit der er unter Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung die Feststellung beantragt, "dass die mit Beschluss des AG vom 31.1.2006 angeordnete vorläufige Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis längstens 14.3.2006 rechtswidrig war".
Unter Vorlage der Ablichtung eines Briefumschlages der Klinik mit seiner Anschrift und Poststempel vom 13.3.2006 macht er geltend, dass er den ihm nachgesandten Aufhebungsbeschluss erst nach di...