Leitsatz (amtlich)

1. Sorgt das Vormundschaftsgericht nach einstweiliger Anordnung einer zivilrechtlichen Unterbringung nicht unverzüglich für die Bestellung eines Betreuers, ist die Unterbringungsmaßnahme von Anfang an rechtswidrig (vgl. BGHZ 150, 45 = NJW 2002, 1801)

2. Erledigt sich die Unterbringungsmaßnahme während des Beschwerdeverfahrens, können die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse auferlegt werden, wenn das Verfahren nicht rechtsfehlerfrei durchgeführt worden ist.

3. Einer sofortigen weiteren Beschwerde mit entsprechendem Antrag steht nicht entgegen, dass das LG in Unkenntnis der zwischenzeitlich eingetretenen Erledigung die Beschwerde zurückgewiesen hat.

 

Normenkette

BGB §§ 1846, 1906 Abs. 1; FGG § 13a Abs. 2 S. 1, § 70h

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 27.07.2007; Aktenzeichen 13 T 13442/07)

AG München (Aktenzeichen 705 XVII 5222/07)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des AG vom 27.7.2007 wird verworfen.

II. Die Auslagen des Betroffenen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren, trägt für beide Rechtsmittelinstanzen die Staatskasse.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das AG hat am 16.7.2007 die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhaus bis längstens 26.8.2007 und die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet. Hiergegen hat der Betroffene am 17.7.2007 sofortige Beschwerde eingelegt. Am 27.7.2007 bestellte das Gericht einen vorläufigen Betreuer u.a. mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge. Am 3.8.2007 wurde der Betroffene auf eine offene Station des Bezirkskrankenhauses verlegt. Das LG wies die sofortige Beschwerde des Betroffenen am 6.8.2007 zurück. Am 9.8.2007 hob das AG seinen Beschluss vom 16.7.2007 auf und stellte das Unterbringungsverfahren ein.

Gegen die Entscheidung des LG richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen vom 14.8.2007, mit der er vor allem rügt, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Unterbringung und für die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit nicht vorgelegen hätten. Außerdem wendet sich der Betroffene mit der weiteren Beschwerde gegen die Anordnung der vorläufigen Betreuung und deren sofortiger Wirksamkeit. Mit Schriftsatz vom 21.8.2007 beschränkte der Betroffene sein Rechtsmittel hinsichtlich der Unterbringung auf die Kosten. Die vorläufige Betreuung wurde am 26.11.2007 aufgehoben und das Betreuungsverfahren eingestellt.

II. Die Beschwerde gegen die Anordnung der vorläufigen Betreuung ist unzulässig, da sie sich nicht gegen eine Entscheidung des Beschwerdegerichts richtet, § 27 Abs. 1 Satz 1 FGG.

Die weitere Beschwerde ist statthaft gegen Entscheidungen des Beschwerdegerichts, die dieses im Instanzenzug auf die gegen eine Verfügung des AG gerichtete Beschwerde erlassen hat (Keidel/Kuntze/Winkler FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 2).

Hieran fehlt es. Gegen die Entscheidung des AG vom 27.7.2007 wurde keine Beschwerde zum LG eingelegt. Das LG hat daher, entgegen dem Beschwerdevortrag, in seiner Entscheidung vom 6.8.2007 über die Frage der vorläufigen Betreuerbestellung auch nicht konkludent mitentschieden. Auf die Tatsache, dass das AG die vorläufige Betreuung mit Beschluss vom 26.11.2007 wieder aufgehoben hat, kommt es daher nicht mehr an.

Eine isolierte Anfechtung der sofortigen Wirksamkeit ist nicht zulässig (Keidel/Kuntze/Winkler FGG, 15. Aufl., § 69a Rz. 11).

III.1. Die auf die Kosten beschränkte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig.

Die Erledigung der Hauptsache ist nach Einlegung des Rechtsmittels der sofortigen Beschwerde eingetreten, der Beschwerdeführer hat sein Rechtsmittel zulässig auf die Kosten beschränkt (vgl. BGHZ 86, 393 /395 m.w.N.; BayObLGZ 1988, 317/318 f.).

Die Hauptsacheerledigung trat durch die Verlegung des Betroffenen auf die offene Station am 3.8.2007 ein, da diese nicht lediglich zur Probe verfügt wurde und deshalb hierdurch die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der geschlossenen Unterbringung vom 16.7.2007 wirkungslos wurde (OLG Hamm FGPrax 1999, 222; unv. Senatsbeschluss vom 13.9.2006 - 33 Wx 112/06).

Tritt die Erledigung der Hauptsache nach Einlegung der Beschwerde ein, kann der Beschwerdeantrag zulässigerweise auf die Kosten beschränkt werden (Keidel/Kuntze/Winkler FGG, 15. Aufl., § 13a Rz. 47). Wenn das LG in Unkenntnis der Erledigung noch eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen hat, ist diese Beschränkung auch noch im Rahmen der weiteren Beschwerde möglich. Das Rechtsbeschwerdegericht hat über die Kosten des gesamten Verfahrens zu befinden (vgl. BGH, a.a.O.; BayObLGZ 1988, 317/318). Da Gerichtsgebühren in Unterbringungssachen gemäß §§ 70 bis 70n FGG nicht erhoben werden (§ 128b Satz 1 KostO), erfasst die Entscheidung lediglich die Auslagen des Betroffenen.

2. Die beschränkte sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

a) Wird ein Unterbringungsverfahren ohne Entscheidung über eine Maß...

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