Leitsatz (amtlich)
Der einem Sondereigentum (Wohnung) vorgelagerte Balkon ist auch ohne gesonderte Erklärung Bestandteil dieses Sondereigentums, so dass an ihm ein Sondernutzungsrecht für dessen Eigentümer nicht begründet werden kann.
Normenkette
WEG § 1 Abs. 5, § 5 Abs. 1, §§ 8, 10 Abs. 3; GBO § 16 Abs. 2, § 18 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Lindau (Bodensee) (Aktenzeichen Grundbuchamt - Heimenkirch, Blatt 1189-11) |
Tenor
I. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des AG Lindau (B) - Grundbuchamt - vom 10.5.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die als Mittel zur Beseitigung aufgezeigte Möglichkeit, festzustellen, dass es sich bei dem als Balkon bezeichneten Gebäudeteil um eine Terrasse handele, entfällt.
II. Der Geschäftswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Zu notarieller Urkunde vom 18.11.2010 begründeten die Beteiligten zu 1 und 2 an dem ihnen in Gütergemeinschaft gehörenden Grundstück dergestalt Wohnungseigentum, dass sie es gem. § 8 WEG in zwei Miteigentumsanteile aufteilten und mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an den im Aufteilungsplan mit 1 bzw. 2 bezeichneten Räumen sowie mit einem weiteren mit "AR" bezeichneten Raum im Kellergeschoss verbanden. Nach der zugleich errichteten Gemeinschaftsordnung sollte dem jeweiligen Eigentümer der Einheit 1 das Recht auf alleinige und ausschließliche Nutzung und Verwaltung des im Aufteilungsplan "EG" mit SNR 1 bezeichneten und blau umrandeten Balkons zustehen.
Soweit noch erheblich erging auf den Vollzugsantrag am 10.5.2011 folgende fristsetzende Zwischenverfügung des Grundbuchamts:
Nach der notariellen Urkunde und dem beigefügten Lageplan handele es sich bei dem erwähnten Balkon um Sondereigentum. Für die Bestellung eines Sondernutzungsrechts an dem Balkon für den Eigentümer des Sondereigentums bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis. Entweder solle festgestellt werden, dass es sich bei dem Balkon aufgrund seiner teils ebenerdigen Lage um eine Terrasse handele, oder aber der Antrag solle dahin geändert werden, dass kein Sondernutzungsrecht an dem Balkon bestellt werde.
Hiergegen richtet sich das vom beurkundenden Notar eingelegte Rechtsmittel. Der im Aufteilungsplan mit Balkon bezeichneten Gebäudeteil sei einerseits aufgrund der Anlage des Gebäudes tatsächlich ein Balkon und andererseits eine vom gemeinschaftlichen Grundstück aus mittels ein paar Stufen zu erreichende Terrasse. Dieser Teil sei mangels Abgeschlossenheit nicht sondereigentumsfähig, somit Gemeinschaftseigentum. Um die alleinige Nutzungsmöglichkeit des Gebäudeteils durch den unmittelbar daran angrenzenden Sondereigentümer der Einheit 1 zu ermöglichen, biete sich die Begründung eines Sondernutzungsrechts an. Der Balkon sei kein Sondereigentum und könne auch nicht zu Sondereigentum erklärt werden.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 16.5.2011 nicht abgeholfen.
II. Die nach Sachlage namens der Beteiligten zu 1 und 2 als der teilenden Eigentümer gem. § 15 Abs. 2 GBO erhobene Beschwerde (§ 18 Abs. 1, § 71 Abs. 1, § 73 Abs. 1 und 2 GBO) hat im Wesentlichen keinen Erfolg. Dem Eintragungsantrag fehlt, bezogen auf das Sondernutzungsrecht, die Eintragungsfähigkeit. Der Antrag richtet sich darauf, eine (verdinglichte) Berechtigung (vgl. § 10 Abs. 3 WEG) an dem zu schaffenden Sondereigentum einzutragen, die es nur für das Gemeinschaftseigentum gibt (vgl. Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 13 Rz. 24; Hügel/Kral, GBO, 2. Aufl., Wohnungseigentum Rz. 44, 45) und wofür auch nur ein Bedürfnis besteht. Die Aufforderung, den Antrag zu ändern, nämlich einen beanstandeten Antrag zurückzunehmen, wodurch die Vollziehung der übrigen Anträge ermöglicht wird, ist bei verbundenen Anträgen (§ 16 Abs. 2 GBO) durch Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO zulässig (BayObLGZ 1977, 268 [271]; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 18 Rz. 37 m.w.N.). Zur Beseitigung des aufgezeigten Eintragungshindernisses geeignet erscheint hingegen nicht die alternativ aufgegebene, auf den Balkon bezogene Klarstellung des Antrags. Die Unterlagen, namentlich die Bauzeichnung nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 WEG, lassen nämlich von vorneherein eine Auslegung, dass es sich bei dem von außen nur über eine Treppe erreichbaren und mit einer massiven umlaufenden Außenbrüstung versehenen Gebäudeteil um eine (ebenerdige) Terrasse handele, an der Gemeinschafteigentum bestände (vgl. Schneider in Riecke/Schmid, WEG, 3. Aufl., § 5 Rz. 71 m.w.N.) und demnach die Begründung eines Sondernutzungsrechts zulässig wäre, nicht zu.
1. Der Senat ist nicht der Auffassung, dass im Hinblick auf die fehlende Raumeigenschaft Sondereigentum gem. § 5 Abs. 1 Alt. 1 WEG an einem Balkon nicht gebildet werden kann (so aber Rapp in Beck'sches Notar-Handbuch, 5. Aufl., A III Rz. 29d m.w.N.). Folge dieser Auffassung wäre es in der Tat, mangels allseitig fester Abgeschlossenheit auch an den nicht konstruktiven Teilen des Balkons von Gemeinschaftseigentum auszugehen und daran für den Sondereigentümer der anliegenden Wohnung ei...