Leitsatz (amtlich)
Sieht ein sog. atypischer bzw. verdeckter Beherrschungsvertrag keinen Ausgleich vor, so ist ein Spruchverfahren nicht statthaft. Eine analoge Anwendung der das Spruchverfahren betreffenden Vorschriften scheidet in solchen Fällen aus, da es an einer gesetzlichen Regelungslücke und einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte fehlt.
Normenkette
AktG §§ 304-305, 317; SpruchG § 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 19.10.2007; Aktenzeichen 5HK O 13298/07) |
Tenor
I. Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des LG München I vom 19.10.2007 werden zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Am 12.6.2005 schlossen die Antragsgegnerin zu 1, eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Verwaltungssitz im Inland, und die Antragsgegnerin zu 2, eine Aktiengesellschaft italienischen Rechts mit Verwaltungssitz in Italien, einen als "Business Combination Agreement" (im Folgenden: BCA) bezeichneten Vertrag, in welchem Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem geplanten Zusammenschluss der Antragsgegnerinnen, insbesondere hinsichtlich der zukünftigen organisatorischen und gesellschaftsrechtlichen Strukturen und der Verantwortlichkeiten innerhalb des zu bildenden Konzerns, getroffen wurden. Die Antragsgegnerin zu 2 war zu diesem Zeitpunkt bereits (in geringerem Umfang) Aktionärin der Antragsgegnerin zu 1. Im BCA wurden bereits die Besetzung entscheidender Positionen im Konzern bzw. diesbezügliche Vorschlagsrechte vereinbart. Die Antragsgegnerin zu 1 wird im BCA als "regionale Einheit Deutschland" bezeichnet. In Bezug auf die künftige Konzernstruktur sollte nach Vollzug des Übernahmeangebots der Antragsgegnerin zu 2 über verschiedene Optimierungsmaßnahmen entschieden werden (Erwerb der von der Antragsgegnerin zu 1 gehaltenen Aktien der A-Bank und der von der A-Bank gehaltenen Aktien der B-Bank durch die Antragsgegnerin zu 2, Gründung einer CEE-Holding-Gesellschaft durch die Antragsgegnerin zu 2 und Einbringung aller von der Antragsgegnerin zu 2 im CEE-Raum gehaltenen Unternehmen in diese, Verschmelzung der vormals von den Antragsgegnerinnen zu 1 bzw. 2 in den jeweiligen CEE-Ländern gehaltenen Unternehmen, Entscheidung darüber, ob die Asset-Management-Gesellschaften der Antragsgegnerin zu 1 zukünftig ebenfalls unmittelbar von der Vermögensverwaltungs-Zwischenholding der Antragsgegnerin zu 2 gehalten werden sollen). Weiter wurde im BCA vereinbart, dass die Antragsgegnerin zu 1 als volloperative deutsche Geschäftsbank in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft fortgeführt werde, sofern nicht die Antragsgegnerin zu 2 feststelle, dass übergreifende Geschäftsbelange der "Gemeinsamen Gruppe" eine Umstrukturierung der bestehenden Geschäftsaktivitäten der Antragsgegnerin zu 1 in bis zu fünf rechtlich selbständige, jeweils in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft zu führende Einheiten erfordere. Die Antragsgegnerin zu 2 verpflichtete sich, während der Laufzeit des BCA keinen Beherrschungsvertrag i.S.v. § 291 AktG mit der Antragsgegnerin zu 1 oder einem von der Antragsgegnerin zu 1 kontrollierten Unternehmen abzuschließen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats und die Mehrheit der Aktionärsvertreter im Aufsichtsrat der Antragsgegnerin zu 1 - wie auch der A-Bank - sollten nach dem Vollzug des Übernahmeangebots von der Antragsgegnerin zu 2 gestellt werden. Von der Darstellung weiterer Einzelheiten des BCA wird hier abgesehen.
Am 17.11.2005 wurde das Übernahmeangebot der Antragsgegnerin zu 2 vollzogen, wodurch 93, 93 % der Aktien der Antragsgegnerin zu 1 auf diese übergingen. Noch im November 2005 erwarb die Antragsgegnerin zu 2 zudem 17, 45 % der Aktien der A-Bank. Weitere 77, 53 % dieser Aktien hielt bereits die Antragsgegnerin zu 1, so dass die Antragsgegnerin zu 2 Ende November 2005 faktisch 94, 98 % der A-Bank Aktien hielt.
Im März 2006 schlossen die Antragsgegnerinnen mit der A-Bank das "Restated Bank of the Regions-Agreement" (im Folgenden: ReBoRA), worin die zukünftige Rolle der A-Bank im Konzern festgelegt wurde und die Antragsgegnerinnen sich verpflichteten, Verträge abzuschließen, durch welche sie ihre Banktochtergesellschaften in der Region "Zentral- und Osteuropa" auf die A-Bank übertragen. Am 12.9.2006 schlossen die Antragsgegnerinnen weitere Verträge zur Umsetzung verschiedener, teils bereits im BCA genannter, den Konzern betreffender Umstrukturierungsmaßnahmen. Insbesondere verpflichtete sich die Antragsgegnerin zu 1, ihre Beteiligung an der A-Bank sowie mehrere Gesellschaften, welche bis dahin mit dem Ostgeschäft der Antragsgegnerin zu 1 betraut waren, an die Antragsgegnerin zu 2 zu verkaufen. Die Verpflichtung aus den Verträgen wurde von der Zustimmung der Hauptversammlung und von der Entscheidung des Vorstands der Antragsgegnerin zu 1 abhängig gemacht. In der Hauptversammlung vom 25.10.20...