Leitsatz (amtlich)

Die in der ersten Instanz erfolgte Bestellung eines Verfahrensbeistands wirkt auch in der zweiten Instanz fort, solange sie nicht vom Beschwerdegericht aufgehoben oder eingeschränkt wird. Dies gilt auch für die Übertragung des erweiterten Aufgabenkreises nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG (im Anschluss an OLG Stuttgart, Beschl. v. 6.4.2011 - 8 WF 32/11 - JurBüro 2011, 379).

 

Normenkette

FamFG § 158 Abs. 4, 7

 

Verfahrensgang

AG München (Beschluss vom 07.11.2011)

 

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

 

Gründe

I. Das AG München hat in dem auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das Kind ... im Wege der einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren mit Beschluss vom 7.4.2011 Frau Rechtsanwältin ... zum Verfahrensbeistand bestellt und festgestellt, dass das Amt berufsmäßig ausgeführt werde. Dem Verfahrensbeistand ist die weitere Aufgabe übertragen worden, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie an einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Gegen die mit Beschluss des AG vom 9.6.2011 erfolgte Zurückweisung seines in der mündlichen Verhandlung am 31.5.2011 gestellten Antrags auf Aufhebung einer vorausgegangenen Entscheidung zum Sorgerecht hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeschrift vom 28.6.2011 und die Begründung vom 22.8.2011 sind an den Verfahrensbeistand zugestellt worden. Die Beschwerde ist schließlich mit Schriftsatz vom 29.9.2011 zurückgenommen worden.

Der Verfahrensbeistand hat mit Schriftsatz vom 6.10.2011 die Kosten für das Beschwerdeverfahren pauschal mit einem Betrag von 550 EUR in Rechnung gestellt und dem AG auf Anfrage der Rechtspflegerin zur Begründung mitgeteilt, die am 29.8.2011 zugestellte Beschwerdebegründung sei von ihr studiert worden. Außerdem habe sie sich mit beiden Elternteilen wegen einer Terminsvereinbarung zur Besprechung der Angelegenheit in Verbindung gesetzt. Mit der Kindesmutter sei dann telefonisch ein Besprechungstermin für das Kind vereinbart worden.

Der Rechtspfleger hat daraufhin mit Beschluss vom 7.11.2011 die dem Verfahrensbeistand aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung antragsgemäß auf 550 EUR festgesetzt.

Hiergegen wendet sich der Vertreter der Staatskasse mit der vom Rechtspfleger zugelassenen Beschwerde, mit der eine Festsetzung der Vergütung auf 350 EUR angestrebt wird. Zur Begründung wird ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 8.6.2011 - Az.: 11 WF 859/11) wirke die Übertragung zusätzlicher Aufgaben aus dem Bestellungsbeschluss erster Instanz im Beschwerdeverfahren nicht fort. Wenn der Beistand also eine Vergütung für zusätzliche Aufgaben gem. § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG abrechnen wolle, müsse er die gesonderte Beauftragung für jede Instanz nachweisen. Nachdem hier im Beschwerdeverfahren ein entsprechender Beschluss nicht ergangen sei, könne für dieses die erhöhte Vergütung nicht verlangt werden, obwohl in erster Instanz die zusätzlichen Aufgaben i.S.v. § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen gewesen seien.

II. 1. Die Beschwerde der Staatskasse ist zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt zwar nicht 600 EUR, das Rechtsmittel ist aber vom Gericht des ersten Rechtszuges (Rechtspfleger) auf Grund der divergierenden Entscheidungen verschiedener OLG ausdrücklich zugelassen worden (§§ 158 Abs. 7 Satz 6, 168 Abs. 1, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 2 und Abs. 3, 63 Abs. 1 FamFG).

2. Das Rechtsmittel bleibt jedoch ohne Erfolg. Der Rechtspfleger hat zutreffend die erhöhte Pauschalvergütung von 550 EUR festgesetzt.

a) Das AG hat mit Beschluss vom 7.4.2011 im ersten Rechtszug Frau ... zum berufsmäßigen Verfahrensbeistand bestellt und ihr auch den erweiterten Aufgabenkreis gem. § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen. Diese Entscheidung wirkt in der zweiten Instanz fort, solange sie nicht vom Beschwerdegericht aufgehoben oder eingeschränkt wird. Die Bestellung eines Verfahrensbeistands erfolgt also nicht für jeden Rechtszug gesondert, da sie gem. § 158 Abs. 6 Nr. 1 und Nr. 2 FamFG erst mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens endet, nicht aber mit der die erste Instanz abschließenden Entscheidung (Keidel/Engelhardt, FamFG, 17. Aufl., § 158 Rz. 44; Prütting/Helms/Stößer, FamFG, § 158 Rz. 27; Bumiller/Harders, FamFG, 10. Aufl., § 158 Rz. 15). Im Beschwerdeverfahren musste folglich keine erneute Bestellung des Verfahrensbeistands erfolgen. Vielmehr hatte der Verfahrensbeistand im Rechtsmittelverfahren die Aufgaben, die ihm schon in erster Instanz übertragen worden waren (OLG Stuttgart Beschl. v. 6.4.2011 - 8 WF 32/11, JurBüro 2011, 379).

b) Für ein Fortwirken der Bestellung des Verfahrensbeistands in dem in erster Instanz festgelegten Umfang spricht neben dem Wortlaut des Gesetzes auch dessen Entstehungsgeschichte. Der Gesetzgeber hat durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltliche...

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