Leitsatz (amtlich)

1. Zur Grundbuchfähigkeit einer altrechtlichen oberbayerischen Alpenweidegenossenschaft.

2. Die gesetzliche Vertretung einer körperschaftlich organisierten Alpenweidegenossenschaft durch ihren 1. Vorstand kann im Grundbuchverkehr regelmäßig dann nicht durch die Vorlage des Protokolls der maßgeblichen Beschlussfassung (Wahl), bei der die Unterschriften von die Niederschrift bestätigenden Personen öffentlich beglaubigt sind, nachgewiesen werden, wenn die Satzung dazu keine ausreichende Grundlage bildet (Abgrenzung zu Senat vom 30.10.2009, 34 Wx 056/09).

 

Normenkette

EGBGB Art. 164; GBO § 29; WEG § 24 Abs. 6, § 26 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Traunstein (Beschluss vom 26.01.2010; Aktenzeichen Blatt 823)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung des AG Traunstein - Grundbuchamt - vom 26.1.2010 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1 ist Inhaberin eines Erbbaurechts. Grundstückseigentümerin ist eine in unvordenklicher Zeit entstandene oberbayerische Alpenweidegenossenschaft (im Folgenden: Genossenschaft), die im Grundbuch wie folgt eingetragen ist:

Die ...-Alpe ist gemeinschaftliches, unausgeschiedenes Eigentum der Genossenschaft, die Anteile hieran sind nach Rinder- und Pferderechten verteilt; die Rinder- und Pferderechte sind veräußerlich und teilbar. Die auf der Alpe anfallenden Holznutzungen werden gemeinschaftlich veräußert und der Erlös zu Meliorationen auf der Alpe verwandt. Eine Vorstandschaft besitzt die Genossenschaft nicht. Es überwacht aber ein alle Jahre wechselnder Alpenherr und dessen Beistand, genannt der Alpenknecht, welche aus den Mitgliedern nach einer bestehenden Reihenfolge bestellt werden, die Ausübung der Nutzungsberechtigungen der Alpe.

Mit notarieller Urkunde vom 7.12.2009 bestellte die Beteiligte zu 1 für die Beteiligte zu 2 an dem Erbbaurecht eine Grundschuld ohne Brief über 365.000 EUR. Zur Belastung des Erbbaurechts ist die Zustimmung des Grundstückseigentümers nach § 5 Abs. 2 Satz 1 ErbbauRG erforderlich. Mit dem Eintragungsantrag vom 21.1.2010 hat der Notar die unterschriftsbeglaubigte Belastungszustimmung des Herrn Josef S., handelnd für die Genossenschaft, vom 7.12.2009 vorgelegt. Der Urkunde beigefügt ist ein privatschriftliches Protokoll der Generalversammlung vom 18.5.2005, wonach Herr S. zum 1. Vorstand gewählt wurde. Dieser sowie eine weitere Person als Schriftführer haben die Richtigkeit der Niederschrift am 11.12.2009 mit ihrer notariell beglaubigten Unterschrift bestätigt.

Nach der dem Grundbuchamt vorliegenden sog. Generalsatzung der Genossenschaft vom 12.5.2004 sind deren Organe (§ 4 Abs. 1) die Generalversammlung und der Vorstand. Die Generalversammlung ist bei Anwesenheit von 2/3 der Gräserrechte beschlussfähig (§ 5 Abs. 4), wobei die Beschlussfassung (§ 5 Abs. 5) im Wege der Akklamation durchgeführt werden kann. Die Generalsatzung tritt nach § 8 Abs. 2 am Tage nach der Beschlussfassung in Kraft. Die dem Satzungstext angefügten Unterschriften wurden teilweise erst im Jahr 2008 abgegeben und notariell beglaubigt.

Mit Zwischenverfügung vom 26.1.2010 hat das AG - Grundbuchamt - Frist zum Nachweis der Vertretungsberechtigung des Vorstands in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO gesetzt. Es hat im Wesentlichen ausgeführt:

Bei der Genossenschaft handele es sich um eine juristische Person nach deutschem Recht aus der Zeit vor Inkrafttreten des BGB. Es genüge die Zustimmung durch den vertretungsberechtigten Vorsitzenden in der Form des § 29 GBO.

Zum Nachweis der Vertretungsberechtigung sei in analoger Anwendung von Vereinsund WEG-Vorschriften eine Niederschrift über die Generalversammlung vom 18.5.2005 mit notarieller Beglaubigung der Unterschriften des Vorsitzenden und des Schriftführers vorgelegt worden. Selbst wenn man dies für zulässig erachte, fehle in dem Protokoll die z.B. für Beschlussfassungen in WEG-Versammlungen zwingend nötige Feststellung der Beschlussfähigkeit. Ebenso wenig sei das Abstimmungsergebnis der Wahl in der Niederschrift aufgeführt. Allein aus den leserlichen Unterschriften der wohl bei der Generalversammlung anwesenden Mitglieder ergebe sich, dass Beschlussfähigkeit nicht vorgelegen haben dürfte.

Abgesehen davon scheide aber bereits eine analoge Anwendung von Vereins- und WEG-Vorschriften zum Nachweis der Vertretungsberechtigung aus. Die Genossenschaft nach altem Recht sei nicht mit einer Eigentümergemeinschaft und auch nicht mit einem Verein vergleichbar. Im Übrigen regele § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO eindeutig, dass sonstige zur Eintragung erforderliche Tatsachen, wozu die Vertretungsmacht gehöre, im Grundbuchverfahren durch öffentliche Urkunden nachzuweisen seien. Dem könne durch notarielle Beurkundung der Mitgliederversammlung, in welcher der vertretungsberechtigte Vorsitzende gewählt werde, genügt werden. Ein solches Verfahren sei nichts Ungewöhnliches und werde beispielsweise auch bei Beschlussfassungen durch die Hauptversammlung einer Aktiengese...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge