Leitsatz (amtlich)
Eine Beschwerde wegen der Untätigkeit des LG im Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist jedenfalls in Amtsverfahren als weitere Beschwerde (§ 27 FGG) zu behandeln mit der Folge, dass sie der Form des § 29 Abs. 1 FGG entsprechen muss.
Normenkette
FGG §§ 19, 27, 29
Tatbestand
Der Betroffene, der strafrechtlich untergebracht ist, hatte am 14.8.2006 die Einrichtung einer Betreuung für sich beantragt und seinen Verfahrensbevollmächtigten als Betreuer vorgeschlagen. Mit Beschluss vom 21.9.2006 hat das AG nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, in welchem zwar eine psychische Krankheit des Betroffen festgestellt, aber ein Betreuungsbedarf verneint worden war, die Anordnung einer Betreuung abgelehnt. Über die Beschwerde des Betroffenen vom 22.9.2006 hat das LG bislang noch nicht entschieden. Es hatte ein neues Gutachten in Auftrag gegeben, das seit 9.3.2007 vorliegt und in welchem ein Betreuungsbedarf bejaht wird.
Mit Schreiben vom 5.8.2007 legte der Betroffene durch seinen Verfahrensbevollmächtigten Untätigkeitsbeschwerde ein, worauf ihm vom LG mit Schreiben vom 20.8.2007 mitgeteilt wurde, dass mangels Statthaftigkeit der Untätigkeitsbeschwerde nicht beabsichtigt sei, diese dem OLG vorzulegen. Der Verfahrensbevollmächtigte hatte aber mittlerweile am 15.8.2007 dem OLG selbst eine Abschrift seiner Untätigkeitsbeschwerde übermittelt, worauf nach Aktenanforderung durch den Senat das LG die Akten übersandt hat.
Entscheidungsgründe
1. Das Rechtsmittel ist unzulässig, da es entgegen den gesetzlichen Formvorschriften weder zu Protokoll der Geschäftsstelle eines der im Instanzenzug beteiligten Gerichte noch mittels einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Beschwerdeschrift eingelegt wurde (§§ 21, 29 FGG).
2. Die - weder in der ZPO noch im FGG gesetzlich geregelte - Untätigkeitsbeschwerde ist von der Rechtsprechung als außerordentlicher Rechtsbehelf geschaffen worden. Sie dient allein dem Zweck, den Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf einen effektiven Rechtschutz zu gewährleisten (vgl. BVerfG NJW 2005, 1105/1106; OLG Köln FGPrax 2007, 194; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 53/54; OLG Dresden FamRZ 2000, 1422 f.; OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1290 f.; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 567 Rz. 21; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 28. Aufl., § 567 Rz. 10; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 Rz. 8; a.A. Jansen/Briesemeister, FGG '3. Aufl., § 19 Rz. 11 der den von einer Untätigkeit nachteilig Betroffenen regelmäßig auf Gegenvorstellungen und die Dienstaufsichtsbeschwerde verweisen will sowie in Ausnahmefällen einer grob willkürlichen, verfahrensrechtlich unter keinem Gesichtspunkt vertretbaren Untätigkeit nur eine Verfassungsbeschwerde in Betracht zieht).
Das die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes für den einzelnen Bürger einschließende Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) fordert im Interesse der Rechtssicherheit, dass strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden (vgl. BVerfGE 88, 118/124; BVerfG NJW 2001, 961). Die Verweisung auf die Dienstaufsicht ist im Hinblick auf deren Beschränkungen (vgl. § 26 DRiG) wenig wirkungsvoll und auch nicht sachgerecht (Zöller/Gummer, a.a.O., Rz. 21). Die Rechtsstaatlichkeit gebietet, in derartigen Fällen die Beschwerde zu eröffnen, sofern der Rechtszug gegen die ergangene Entscheidung, deren Erlass unzumutbar hinausgezögert wird, eröffnet wäre (Zöller/Gummer, a.a.O., m.w.N.). Deshalb ist eine Untätigkeitsbeschwerde dann als statthaft zu behandeln, wenn eine über das Normalmaß hinausgehende, den Parteien unzumutbare Verzögerung dargetan wird und die Untätigkeit des Gerichts sich bei objektiver Betrachtung als Verweigerung des Rechtsschutzes darstellt (OLG Köln, a.a.O.).
Verfahrensgegenstand ist ausschließlich die Untätigkeit des vorinstanzlichen Gerichts, nicht aber die Überprüfung einer bereits ergangenen Entscheidung (vgl. Zöller/Gummer, a.a.O., Rz. 21, 21a). Dies spricht an sich dafür, sie als Beschwerde nach § 19 FGG zu behandeln und zwar auch dann, wenn das Beschwerdegericht selbst nach Auffassung des Beschwerdeführers untätig bleibt und deshalb das übergeordnete Gericht angerufen wird.
Jedoch kommt in Amtsverfahren die Untätigkeit eines Gerichts der Einstellung des Verfahrens gleich. Sie muss deshalb wie diese anfechtbar sein (Keidel/Kahl § 19 Nr. 8). Außerdem wird dem Antragsteller durch eine Untätigkeit des Gerichts die Möglichkeit genommen, eine formelle Entscheidung mit der Beschwerde anzufechten und in der nächsten Instanz überprüfen zu lassen (vgl. BVerfG NJW 2001, 961; OLG Bamberg FamRZ 2003, 1310).
Daher ist in einem derartigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Rechtsbehelf gegen die Untätigkeit des LG die weitere Beschwerde mit der Folge, dass diese - ungeachtet der fehlenden gesetzlichen Regelung der Untätigkeitsbeschwerde als solcher - auch den Formschriften der §§ 21, 29 FGG unterliegt.
3. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch eine formgerechte Untätigkeitsbeschwerde ohne E...