Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung der Sachverständigenvergütung - fehlender Hinweis auf Mehrkosten
Leitsatz (amtlich)
Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger ist verpflichtet, dem Gericht einen Hinweis zu geben, wenn voraussichtlich Kosten erwachsen, die einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen. Unterlässt er dies, so ist seine Vergütung grundsätzlich auf die Höhe des Auslagenvorschusses zu kürzen - unabhängig davon, ob auch bei rechtzeitigem Hinweis des Sachverständigen mit einer Fortführung des Gutachtensauftrages zu rechnen gewesen wäre. (Rn. 11)
Normenkette
JVEG § 8a Abs. 4; ZPO § 407a Abs. 4 S. 2
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 07.02.2022; Aktenzeichen 75 O 3581/20) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das Landgericht Landshut zog im Zivilverfahren 75 O 3581/20 mit Beweisbeschluss vom 15.04.2021 den Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) R. K. zur Erstellung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens heran. Entsprechend dem Beweisbeschluss zahlten hierfür die Parteien als Auslagenvorschuss jeweils ein Betrag von 2.500,00 EUR, zusammen also ein Betrag von 5.000,00 EUR, bei Gericht ein. Im Zuge der Auftragserteilung wurde der gerichtlich bestellte Sachverständige über die Hinweispflichten nach § 8a Abs. 4 JVEG und den Folgen einer Verletzung selbiger belehrt. Darüber hinaus wurde dem Sachverständigen auch die Höhe des einbezahlten Auslagenvorschusses mitgeteilt.
Nach Ablauf der ursprünglich gesetzten Frist wurde dem Sachverständigen mit Beschlüssen vom 30.08.2021, 28.09.2021 und 10.11.2021 jeweils eine Nachfrist gemäß § 411 Abs. 1 ZPO bis 20.09.2021, dann bis 29.10.2021 und zuletzt bis 31.12.2021 gesetzt.
Am 23.12.2021 ging das Gutachten des Sachverständigen vom 21.12.2021 nebst einer Kostenrechnung vom selben Tag (Rechnung Nr. ...110) über einen Betrag von 8.328,26 EUR (brutto) bei Gericht ein.
Mit Verfügung vom 27.12.2021 wies das Landgericht den Sachverständigen darauf hin, dass aufgrund des Umstandes, dass der Sachverständige nicht rechtzeitig auf die erhebliche Überschreitung des angeforderten Auslagenvorschusses hingewiesen habe, die Sachverständigenvergütung auf die Höhe des Auslagenvorschusses, also auf 5.000,00 EUR, zu begrenzen sei.
Zu dem Hinweis nahm der Sachverständige mit Schreiben vom 12.01.2022 Stellung und führte darin im Einzelnen aus, warum sich die Ausarbeitung des Gutachtens deutlich aufwändiger als zunächst angenommen gestaltet habe. Die Kostenüberschreitung sei erst im Rahmen der Ausarbeitung erkennbar gewesen. Das Gericht habe ihm unter Androhung von Ordnungsgeld und Auftragsentzug eine extrem knappe Nachfrist zur Erstellung des Gutachtens gesetzt. Um den Abgabetermin nicht zu gefährden, habe er die Arbeiten an dem Gutachten bei Erreichen des Vorschussvolumens zur Ankündigung der Mehrkosten nicht unterbrechen wollen. Ein rechtzeitiger Hinweis auf die Mehrkosten sei deshalb aufgrund der extrem knapp gesetzten Termine nicht möglich gewesen. Die Kostenforderung in Höhe von 8.328,26 EUR sei berechtigt.
Das Landgericht Landshut setzte mit Beschluss des Einzelrichters vom 07.02.2022 die Vergütung des Dipl.-Ing. (FH) R. K. für das Gutachten vom 21.12.2021 gemäß § 4 Abs. 1 JVEG auf 5.000,00 EUR fest. Die Sachverständigenvergütung wurde wegen schuldhaften Verstoßes gegen die Hinweispflichten im Hinblick auf die erhebliche Überschreitung des angeforderten Auslagenvorschusses gemäß §§ 8a Abs. 4 JVEG, 407a Abs. 4 S.2 ZPO auf die Höhe des Auslagenvorschusses von 5.000,00 EUR festgesetzt. Von extrem knappen Fristen könne hier nicht die Rede sein, nachdem der Sachverständige seinerseits die Fristen jeweils hat verstreichen lassen bevor überhaupt ein Ortstermin angesetzt worden sei. Es falle in den Verantwortungsbereich des Sachverständigen, dass er es verabsäumt habe selbst rechtzeitig um angemessene Fristverlängerungen nachzusuchen.
Gegen den Festsetzungsbeschluss vom 07.02.2022 legte der Sachverständige mit Schreiben vom 25.02.2022 Beschwerde ein. Nachdem nur ein Teil des Gutachtens bezahlt worden sei, beanspruche er die Nutzungs- und Verwertungsrechte in Bezug auf den nicht bezahlten Anteil. Durch die Nutzung des Gutachtens liege eine ungerechtfertigte Bereicherung vor.
Der Beschwerde des Sachverständigen half das Landgericht Landshut mit Einzelrichterbeschluss vom 28.02.2022 nicht ab und legte die Akten zur Beschwerdeentscheidung dem Oberlandesgericht München vor.
II. Die nicht fristgebundene Beschwerde des beschwerdeberechtigten Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) R. K. ist nach § 4 Abs. 3 JVEG zulässig.
Das Rechtsmittel des Beschwerdeführers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die durch den Beschluss des Landgerichts München I vom 07.02.2022 vorgenommen Festsetzung der Sachverständigenvergütung für das Gutachten vom 21.12.2021 gemäß § 4 Abs. 1 JVEG auf 5.000,00 EUR ist nicht zu beanstanden.
1. Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger ist nach § 407a Abs. 3 S.2 ZPO a.F. sowie nach der wortgleichen, seit 15.10.2016 gültigen Fassung, des § 407a Abs. 4...