Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten der Anschlussberufung im Fall der Zurückweisung der Hauptberufung nach § 522 Abs. 2 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Zurückweisung der Hauptberufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO ist bei der Kostenentscheidung nach den Werten der zurückgewiesenen Hauptberufung bzw. der kraft Gesetzes unwirksam gewordenen Anschlussberufung zu quotieren.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 09.12.2003; Aktenzeichen 25 O 11404/03)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 9.12.2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.

III. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 320.081,34 Euro festgesetzt.

 

Gründe

1. Die Berufung der Beklagten war gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat und die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO nicht gegeben sind.

Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 19.5.2004. Zu den ergänzenden Ausführungen der Beklagten ist Folgendes anzumerken:

Der Senat folgt der Auffassung der Beklagten nicht, dass der Verzug mit der Hauptpflicht am 17.10.2000 geendet hat. Die Übersendung der Löschungsbewilligung an das Grundbuchamt beseitigte die Hauptpflicht der Beklagten, das Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück zu verschaffen, nicht. Mit dieser Hauptpflicht war sie weiterhin in Verzug.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO. In dem streitgegenständlichen Verfahren wurde durch die Klägerin eine Anschlussberufung eingelegt. Diese verliert mit der Zurückweisung der Berufung ihre Wirkung gem. § 524 Abs. 4 ZPO. In derartigen Fällen ist es in der Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob der Berufungsführer die gesamten Kosten der Berufung zu tragen hat, also auch die der Anschlussberufung oder ob eine Kostenquotelung vorzunehmen ist (für eine Quotelung sprechen sich u.a. aus: OLG Brandenburg v. 7.7.2003 - 13 U 31/03, MDR 2003, 1261 = OLGReport Brandenburg 2003, 457 = MDR 2003, 1261; OLG Düsseldorf v. 28.10.2002 - 24 U 81/02, MDR 2003, 288 = OLGReport Düsseldorf 2003, 50 = NJW 2003, 1260; Gerlein, MDR 2003, 421 [426]; gegen eine Kostenteilung sprechen sich u.a. aus OLG Hamburg v. 3.4.2003 - 1 U 144/02, OLGReport Hamburg 2003, 324 = MDR 2003, 1251; OLG Celle v. 16.10.2002 - 2 U 110/02, OLGReport Celle 2003, 218 = NJW 2003, 2755; Hülk/Thimme, MDR 2004, 14 [15]).

Die Gegner einer Quotelung berufen sich insb. darauf, dass das Rechtsinstitut der Anschlussberufung entwertet werden würde (Hülk/Thimme, MDR 2004, 14 [15]). Der Anschlussberufungsführer habe auf eine mögliche Verwerfung der Berufung durch Beschluss keinerlei Einfluss. Aus Sorge vor einer für ihn nachteiligen Quotelung könnte er abgehalten sein, Anschlussberufung einzulegen. Darüber hinaus sei es nicht gerechtfertigt, wenn im Falle der Rücknahme der Berufung der Berufungsführer die Kosten tragen müsse, nicht aber im Falle der Verwerfung der Berufung (OLG Hamburg v. 3.4.2003 - 1 U 144/02, OLGReport Hamburg 2003, 324 = MDR 2003, 1251).

Die Gegenmeinung beruft sich insb. auf die Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1981 (BGH v. 11.3.1981 - GSZ 1/880, MDR 1981, 638 = NJW 1981, 1790 ff.). In dieser Entscheidung war klargestellt worden, dass im Falle von Revision und Anschlussrevision eine Quotelung zu erfolgen habe. Unter kostenrechtlichen Gesichtspunkten sei die unselbständige Anschlussrevision als Angriffsmittel zu werten. Es entspreche dem kostenrechtlichen Grundprinzip, dass der Unterliegende Kosten eines erfolglos gebliebenen Angriffsmittels zu tragen habe, da die kostenmäßigen Folgen eines Rechtsschutzbegehrens durch Erfolg bzw. Misserfolg bestimmt werden. Insoweit sei entscheidend, dass nicht nur die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels, sondern auch eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung angestrebt werde. Der Revisionsbeklagte wisse von vornherein, dass er mit seinem Rechtsschutzbegehren nur dann zum Zuge komme, wenn die Annahme der Revision nicht abgelehnt werde.

Zur Überzeugung des Senats ist im vorliegenden Fall eine Quotelung angebracht. Eine Ungleichbehandlung mit den Fällen, in denen der Berufungskläger seine Berufung zurücknimmt, liegt im Ergebnis nicht vor. In derartigen Fällen unterliegt es ausschließlich dem Willen des Berufungsklägers, wie er mit seinem Rechtsmittel verfährt. Im Falle einer Verwerfung durch Beschluss gem. § 522 ZPO hat er aber auf die Entscheidung keinen Einfluss. Im Zeitpunkt der Berufungseinlegung weiß er auch noch nicht, dass sein Gegner Anschlussberufung einlegen wird. Der Berufungsführer hat somit keine konkrete Möglichkeit, das Kostenrisiko seines Rechtsmittels bei Einlegung abzuschätzen.

Anders ist es im Fall der Einlegung der Anschlussberufung. Der Anschlussberufungsführer kennt das Risiko einer Beschlussverwerfung gem. § 522 ZPO. Er hat die Möglichkeit, ein eigenständiges Rechtsmittel einzulegen, nicht wahrgenommen. Bei der Prüfung der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussicht sei...

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