Leitsatz (amtlich)
Das Anlegen eines Dachgartens stellt jedenfalls dann eine bauliche Veränderung dar, wenn es mit Erdaufschüttungen und einer umfangreichen Bepflanzung verbunden ist.
Normenkette
WEG § 22 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 15.09.2006; Aktenzeichen 1 T 6360/06) |
AG München (Aktenzeichen 481 UR II 1074/05) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG München I vom 15.9.2006 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 16.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Mitglied der Antragsgegner ist. Die Wohngebäude sind terrassenförmig angelegt. Die vier Häuser sind direkt aneinander gebaut, wobei sich vor dem Erdgeschoss des Hauses I eine große Terrasse und vor dem 3. Stock des Hauses II, dem 5. Stock der Hauses III und dem 7. Stock des Hauses IV jeweils eine große Dachfläche befindet. Dem Antragsgegner steht das Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 232 bezeichneten Wohnung im 3. Obergeschoss des Hauses II zu. Von der Wohnung des Antragsgegners kann man auf einen das gesamte Gebäude umschließenden Balkon treten, der durch Abtrennungen in einzelne Abschnitte aufgeteilt ist, die jeweils nur über eine Wohnung zu erreichen sind. Von dem Balkonabschnitt des Antragsgegners und von seinem Wohnzimmer gelangt man ohne Absperrung auf eine Dachfläche von ca. 300 qm. Weitere Zugangsmöglichkeiten zu dieser Dachfläche bestehen nicht.
Der Antragsgegner hat seine Wohnung im Jahr 1998 erworben. Zu diesem Zeitpunkt war auf der Dachfläche bereits ein Dachgarten angelegt, der vom Antragsgegner teilweise umgestaltet und neu bepflanzt wurde. Der Dachgarten wird von ihm alleine genutzt. In der Teilungserklärung vom 22.1.1971 ist das Wohnungseigentum des Antragsgegners wie folgt beschrieben:
"18. Miteigentumsanteil zu 21,55/1.000, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 232 bezeichneten Wohnung im 3. Obergeschoss des Hauses II mit Kellerraum"
Der Beschrieb dieser Wohnung ähnelt demjenigen aller übrigen Wohnungen. Im Aufteilungsplan sind die im Sondereigentum stehenden Wohnungen flächig farblich dargestellt. Weder die vor den einzelnen Wohnungen liegenden Balkone noch die Dachterrassen sind besonders gekennzeichnet, vielmehr sind sie ohne farbliche Kennzeichnung wie auch das sonstige Gemeinschaftseigentum, z.B. das Treppenhaus. Sondernutzungsrechte sind ebenfalls nicht erwähnt oder dargestellt. Die Dachfläche vor der Wohnung des Antragsgegners ist in den Plänen nicht näher bezeichnet, ebenso wenig wie die Dachfläche vor der Wohnung im 5. Stock des Hauses III. Lediglich die Dachfläche vor dem 7. Stock des Hauses IV weist die Bezeichnung "Dachterrasse" ohne farbliche Kennzeichnung auf.
In der Versammlung der Eigentümer vom 12.5.2005 wurde unter Tagesordnungspunkt (TOP) 1 mehrheitlich folgender mittlerweile bestandskräftiger Beschluss gefasst:
"Es ergeht der Beschluss über die Sanierung der gesamten Außenfläche und Dachflächen mit allen Betonteilen/Betonsichtflächen, sowie der gesamten Metallverkleidung/Trennwände und Balkonflächen sowie Balkontröge und sämtlicher dazugehöriger Bauteile nebst Gesamtanstrich aller Fenster und Fenstertüren im Außenbereich. Wenn sich bei Freilegung der Dachflächen und Räumung der gesamten Dachflächen ein Sanierungsbedarf ergibt, so wird der Verwalter beauftragt, eine außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen, um über die Maßnahmen und Umfang der Maßnahmen Beschluss zu fassen."
Die Antragstellerin forderte den Antragsgegner im Folgenden auf, zwecks Sanierung bzw. Entscheidung über die Sanierung die vollständige Räumung der von ihm genutzten Dachfläche zu gestatten und den beauftragten Firmen Zugang zur Dachterrasse zu gewähren. Der Antragsgegner war dazu nur unter der Bedingung bereit, dass ihm die Kosten für eine Wiederbepflanzung erstattet würden.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, dem Antragsgegner stehe weder ein Sondereigentum noch ein Sondernutzungsrecht an der Dachfläche zu. Die Bepflanzung sei als bauliche Veränderung einzustufen, die die Interessen der Eigentümergemeinschaft beeinträchtige, da dadurch die Betondecke geschädigt werde. Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass es sich bei der Dachfläche zumindest um sein "faktisches Sondereigentum" handele.
Das AG hat mit Beschluss vom 20.3.2006 den Antragsgegner sinngemäß verpflichtet, die Räumung der Dachfläche insoweit zu dulden, als dies für einen eventuellen Sanierungsbedarf notwendig sei. Im Übrigen hat es die Anträge abgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Nachdem die Antragstellerin ihren Antrag in der Beschwerdeinstanz erweitert hatte, hat das LG mit Beschluss vom 15.9.2006 den Beschluss des AG vom 20.3.2006 aufgehoben und unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen entsch...