Leitsatz (amtlich)
Dem beigeordneten Verkehrsanwalt steht wegen der Vergleichsgebühr kein Anspruch gegen die Staatskasse zu, es sei denn, in dem Beiordnungsbeschluss wurde er ausdrücklich auch für den Vergleichsabschluss beigeordnet. Das gilt auch bei einem Vergleich in einer Scheidungssache.
Normenkette
ZPO § 121 Abs. 4; BRAGO §§ 23, 122 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Kaufbeuren (Aktenzeichen 3 F 86/00) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Rechtsanwalt … wurde dem Antragsteller im Scheidungsverfahren als Verkehrsanwalt beigeordnet. Zugleich wurde dem Antragsteller ein Prozessbevollmächtigter beigeordnet. Das Scheidungsverfahren endete mit einem gerichtlichen Vergleich. Sowohl der Verkehrsanwalt als auch der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers verlangten von der Staatskasse die Zahlung einer Vergleichsgebühr. Das AG Kaufbeuren lehnte dies in dem angegriffenen Vergütungsfestsetzungsbeschluss für den Verkehrsanwalt ab. Hiergegen wendet sich die Beschwerde.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach der Rspr. des Senats steht einem beigordneten Verkehrsanwalt grundsätzlich wegen der Vergleichsgebühr kein Anspruch gegen die Staatskasse zu. Ein Erstattungsanspruch besteht nur dann, wenn auch eine Beiordnung für den Vergleichsabschluss im Beiordnungsbeschluss gesondert ausgesprochen wird (JurBüro 1991, 819; OLG Düsseldorf v. 20.11.1990 – 3 WF 221/90, MDR 1991, 258 = AnwBl. 1991, 542; KG JurBüro 1995, 420; ebenso Hansens, JurBüro 1989, 145 f.; a.A. Gerold/Schmidt-von Eicken, 15. Aufl., § 122 Rz. 91).
In der zitierten Entscheidung hat der Senat offen gelassen, ob im Rahmen von § 122 Abs. 3 Satz 1 BRAGO etwas anderes zu gelten hat. Diese Frage, die im vorliegenden Verfahren entscheidend ist, ist zu verneinen (a.A. OLG Frankfurt JurBüro 1986, 1829; OLG Düsseldorf JurBüro 1981, 563; OLG Stuttgart JurBüro 1979, 865).
Auszugehen ist von § 121 Abs. 4 ZPO. Dort ist bestimmt, dass, wenn besondere Umstände dies erfordern, ein Rechtsanwalt auch zur Vermittlung des Verkehrs mit den Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden kann. Unter einem Verkehrsanwalt wird allgemein der Rechtsanwalt verstanden, der, wie dies § 52 BRAGO bestimmt, lediglich den Verkehr der Partei mit den Prozessbevollmächtigten führt. Wird ein Verkehrsanwalt beigeordnet, so ist damit genau diese Funktion des Verkehrsanwaltes angesprochen.
Aus § 122 Abs. 3 S. 1 BRAGO ergibt sich nichts anderes. Diese Bestimmung betrifft zunächst einmal den beigeordneten Prozessbevollmächtigten. Dieser hat unabhängig von § 122 Abs. 3 S. 1 BRAGO grundsätzlich einen Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse, wenn er hinsichtlich anhängiger Ansprüche einen Vergleich schließt. § 122 Abs. 3 S. 1 BRAGO erweitert nur den ohnehin schon gegebenen Vergütungsanspruch des Prozessbevollmächtigten gegen die Staatskasse hinsichtlich der Vergleichsgebühr. Auch nicht anhängige Folgesachen werden mit einbezogen.
Hinsichtlich des Verkehrsanwaltes geht es aber darum, dass bei ihm grundsätzlich ohne besonderen Beiordnungsausspruch die Vergleichsgebühr von der Beiordnung nicht erfasst wird. Eine solche Erfassung kann nicht aus einer Norm genommen werden, die lediglich die Erweiterung eines auch sonst bestehenden Vergütungsanspruchs für die Vergleichsgebühr bezweckt. Hier gilt weiter, dass eine Beiordnung zum Verkehrsanwalt nur für die in § 52 BRAGO für den Verkehrsanwalt geregelte Tätigkeit vorgesehen ist.
Das Gegenteil lässt sich auch nicht aus dem Sinn von § 122 Abs. 3 S. 1 BRAGO herleiten, wie dies teilweise durch die Gegenmeinung geschieht (OLG Düsseldorf JurBüro 1981, 563; OLG Stuttgart JurBüro 1979, 865). Der Neufassung des § 122 Abs. 3 BRAGO liegt das Bestreben des Gesetzgebers zugrunde, „die mit Ehesachen verbundenen Fragen in ihrer Gesamtheit zu sehen und zu beurteilen” (BT-Drucks. 7/3243). Dies besagt nur, dass eine gesamtheitliche Einigung nicht daran scheitern soll, dass die Beiordnung einige Folgesachen nicht erfasst. Dies besagt aber nicht, dass damit erreicht werden soll, dass auch ein Verkehrsanwalt ohne Nachteile für die bedürftige Partei in die Vergleichsverhandlungen mit eingeschlossen werden soll. Hier zwischen Prozessbevollmächtigtem und Verkehrsanwalt zu differenzieren ist auch durchaus sinnvoll. Es mag zwar sein, dass es in manchen Fällen hilfreich ist, wenn der Verkehrsanwalt bei den Vergleichsbemühungen mitwirkt. Notwendig ist dies aber in vielen Fällen nicht. Ist der Prozessbevollmächtigte durch den Verkehrsanwalt in tatsächlicher Hinsicht ausreichend informiert, so kann er schriftlich oder telefonisch mit seinem Mandanten Vergleichsvorschläge besprechen. In vielen Fällen wird es nicht nötig sein, die Staatskasse auch noch mit einer zweiten Vergleichsgebühr zu belasten.
Es ist deshalb sinnvoll, es dem Gericht im Rahmen des Beiordnungsbeschlusses zu überlassen, ob es auch eine Beiordnung für den Vergleichsabschluss anordnen will.
III. Einer Kostenentscheidung bedurfte es im Hinblick auf § 128 Abs. 5 ...