Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung auch für außergerichtlichen Vergleich
Leitsatz (amtlich)
Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Prozesskostenhilfe erfasst auch die durch einen außergerichtlichen Vergleich entstandene Vergleichsgebühr (Aufgabe von OLG München JurBüro 1991, 945).
Normenkette
BRAGO §§ 23, 121-122
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 02.07.2003; Aktenzeichen 27 O 1764/03) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das LG München I hat mit dem angegriffenen Beschluss dem der Klägerin beigeordneten Rechtsanwalt … einen Vergütungsanspruch auch für eine Vergleichsgebühr zuerkannt. Die Parteien hatten sich außergerichtlich geeinigt. Die Klägerin nahm die Klage zurück. Es war vereinbart, dass die Beklagten keine Kostenanträge stellen. Es erging keine Kostenentscheidung.
Der Bezirksrevisor ist unter Bezugnahme auf die st. Rspr. des Senats (OLG München JurBüro 1991, 945) der Auffassung, dass der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt für seine Mitwirkung an einem außergerichtlichen Vergleich die Vergleichsgebühr aus der Staatskasse nicht erstattet erhält.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Frage, ob eine Beiordnung grundsätzlich auch die durch einen außergerichtlichen Vergleichsabschluss entstehende Vergleichsgebühr erfasst, ist str. (dagegen OLG München JurBüro 1991, 945; OLG Brandenburg RPfleger 2001, 140; MDR 1994, 314; Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., § 122 Rz. 58; dafür BGH NJW 1988, 494; OLG Frankfurt v. 28.1.1991 – 12 W 230/90, MDR 1991, 450; OLG Nürnberg OLGReport Nürnberg 2003, 311; Gerold/Schmidt/von Eicken, 15. Aufl., § 122 BRAGO Rz. 81 m.w.N. auch für die Gegenmeinung).
Der Senat hält an seiner bisherigen Rspr. nicht fest. Der Rechtsanwalt hat grundsätzlich einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse für die Vergleichsgebühr, wenn die Gegenstände, für die er beigeordnet wurde, in einem außergerichtlichen Vergleich geregelt werden.
Der Wortlaut des § 121 BRAGO („In Verfahren vor Gerichten …”) steht nicht entgegen. Damit ist nicht zum Ausdruck gebracht, dass nur Handlungen, die unmittelbar vor dem Gericht erfolgen, einen Vergütungsanspruch auslösen. Zum einen regelt § 121 BRAGO, ob die Bundes- oder die Landeskasse zuständig ist. Zum anderen bestimmt § 37 Nr. 2 BRAGO, dass außergerichtliche Vergleichsverhandlungen zum Rechtszug, also zum Gerichtsverfahren gehören.
Soweit der Senat seine bisherige Ansicht auch darauf gestützt hat, dass bei einem außergerichtlichen Vergleich nicht sichergestellt sei, ob dieser sich auf Gegenstände beziehe, für die der Rechtsanwalt beigeordnet ist, greift dies nicht durch. Durch die Vorlage des Vergleichs können solche Zweifel in jedem Fall beseitigt werden, weshalb die Vorlage des Vergleichs Voraussetzung für einen Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse ist.
Soweit die Gefahr besteht, dass durch den außergerichtlichen Vergleich Kostenregelungen zu Lasten der Staatskasse geschaffen werden, z.B. die obsiegende PKH-berechtigte Partei übernimmt die gesamten Kosten, so ist dies kein ausreichender Grund, den sich aus dem Gesetz ergebenden Vergütunganspruch für die durch einen außergerichtlichen Vergleich entstandene Vergleichsgebühr zu versagen. Es ist zweifelhaft, ob ein Gericht, wenn der Vergleich vor ihm geschlossen wird, einen solchen Vergleich überhaupt verhindern kann. In den meisten Fällen wird es jedenfalls einen solchen Vergleich nicht verhindern wollen. Eine Korrektur hat vielmehr in den Fällen, in denen derartige Vereinbarungen nur mit der Absicht erfolgen, die Staatskasse zu benachteiligen, auf andere Weise zu erfolgen. In diesem Fall mag der Vergleich hinsichtlich der Kostenregelung im Verhältnis zur Staatskasse unwirksam sein (OLG München JurBüro 1973, 752 m.w.N.; Gerold/Schmidt/von Eicken, 15. Aufl., § 130 BRAGO Rz. 24), wobei es dann auch unerheblich ist, ob er vor Gericht (wie im Fall OLG München JurBüro 1973, 752) oder außergerichtlich geschlossen wurde. Im Übrigen kommt in Betracht, dass Gebühren von der Partei und u.U. auch vom Rechtsanwalt zurückgefordert werden (Gerold/Schmidt/v. Eicken, 15. Aufl., § 130 BRAGO Rz. 24; Hansens, 8. Aufl., § 130 BRAGO Rz. 9).
III. Einer Entscheidung über die Kosten bedurfte es im Hinblick auf § 128 Abs. 5 BRAGO nicht.
VorsRi'inOLG RiOLG RiOLG
Fundstellen
Haufe-Index 1108321 |
FamRZ 2004, 966 |
JurBüro 2004, 37 |
MDR 2004, 296 |
OLGR Düsseldorf 2004, 24 |
OLGR Frankfurt 2004, 24 |
OLGR Hamm 2004, 24 |
OLGR Köln 2004, 24 |
Rpfleger 2004, 228 |
AGS 2004, 156 |
RVG-B 2004, 81 |
RVGreport 2004, 185 |
KG-Report 2004, 24 |
NJOZ 2004, 3171 |
OLGR-BHS 2004, 24 |
OLGR-CBO 2004, 24 |
OLGR-KSZ 2004, 24 |
OLGR-KS 2004, 24 |
OLGR-MBN 2004, 24 |
OLGR-MBN 2004, 41 |
OLGR-NBL 2004, 24 |