Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuchberichtigung: Auslegung einer während der Beurkundung vorgenommenen Berichtung eines Vorkaufsrechts
Leitsatz (amtlich)
Zur Auslegung der Eintragungsbewilligung bei einer während der Beurkundung vorgenommenen Berichtigung.
Wird eine Eintragungsbewilligung mit dem Wortlaut "Der Verkäufer räumt den Erwerbern und ihren Rechtsnachfolgern mit Wirkung für sich und seinen Erben/das dingliche Vorkaufsrecht hinsichtlich der nichtverkauften Teilflächen des Grundstücks ... ein." bereits während der Beurkundung dergestalt berichtigt, dass hinter "seine Erben" ein "/" eingefügt und am Rand vermerkt wird, "richtig dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundbesitzes", so ist dies so auszulegen, dass folgende Fassung gelten soll: "Der Verkäufer räumt dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundbesitzes das dingliche Vorkausfsrecht hinsichtlich der nichtverkauften Teilflächen des Grundstücks ... ein."
Normenkette
BGB §§ 1094, 1097-1098, 1103; GBO §§ 19, 22, 29, 53
Tenor
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München - Grundbuchamt - vom 5. August 2015 wird zurückgewiesen.
2. Der Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und den Beteiligten zu 2 und 3 die insoweit entstandenen außergerichtlichen Kosten zu ersetzen.
3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 430.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 ist als Eigentümer von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen.
Im Jahr 1970 hatte der frühere Eigentümer H. einen damals noch zu vermessenden Teil des Stammgrundstücks an die Beteiligten zu 2 und 3 veräußert und aufgelassen. Im Kaufvertrag vom 20.3.1970 ist auf Seite 11 unter XI. vereinbart:
Der Verkäufer räumt den Erwerbern und ihren Rechtsnachfolgern mit Wirkung für sich und seinen Erben / das dingliche Vorkaufsrecht hinsichtlich der nichtverkauften Teilflächen des Grundstücks ... ein.
Das Vorkaufsrecht erstreckt sich auf den ersten und alle späteren Vorkaufsfälle, und zwar auch auf solche, die mit Rücksicht auf ein späteres gesetzliches Erbrecht erfolgen. ... Der Verkäufer bewilligt und beantragt die Eintragung dieses Vorkaufsrechts in das Grundbuch der bezeichneten Grundstücke.
Die Parteien treffen ferner folgende, nur zwischen ihnen und ihren Erben persönlich verbindliche, zur Eintragung in das Grundbuch nicht bestimmte Vereinbarung:
Die Erklärung, durch die das Vorkaufsrecht ausgeübt wird, hat schriftlich durch Einschreibebrief zu erfolgen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts muss binnen einer Frist von sechs Wochen, gerechnet nach Empfang der Mitteilung, von dem geschlossenen Kaufvertrag erfolgen. Als Mitteilung gilt die Übermittlung einer beglaubigten Abschrift des geschlossenen Vertrages.
Die Eintragung im Grundbuch soll erst gelegentlich des Vollzugs der Auflassung erfolgen.
Links neben der dritten Zeile des ersten Absatzes (= 11. Zeile von unten), nämlich hinter "seinen Erben" ist ein "/" eingefügt und am Rand vermerkt: "richtig dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundbesitzes". Darüber befinden sich gestempelt die Worte: "Einschaltung am Ende genehmigt".
Unter Ziff. XVII. (vorletzte Seite der Urkunde) befindet sich folgende Erklärung:
Folgende Korrekturen werden genehmigt:
...
Auf Seite 11 in Zeile 11 von unten ist eingeschaltet: "richtig dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundbesitzes."
Das Vorkaufsrecht wurde am 29.12.1971 im Grundbuch des belasteten Restgrundstücks in Abteilung II unter lfd. Nr. 5 mit folgendem Wortlaut eingetragen: "für alle Verkaufsfälle für die jeweiligen Eigentümer der FlNr. ... GeM Bewilligung voM 20. März 1970 ...".
Diesen Grundbesitz hat der Beteiligte zu 1 von der Erbin des vormaligen Eigentümers H. gekauft und aufgelassen erhalten.
Mit notarieller Urkunde vom 14.8.2014 stellte er Löschungsantrag wie folgt:
"2. Zu löschendes Recht"
Dieser Grundbesitz ist in Abteilung II lfd. Nr. 6 mit einem Vorkaufsrecht gemäß der Eintragung "für alle Verkaufsfälle für den jeweiligen Eigentümer der Fl.Nr. ..." belastet. ...
3. Löschungsgrund
Gemäß der vorgenannten Bewilligungsurkunde wurde das Vorkaufsrecht seinerzeit vom vorkaufsrechtsbestellenden Verkäufer an der seinerzeitigen nicht verkauften Restfläche für die seinerzeitigen Erwerber einer Teilfläche bestellt, und zwar mit Wirkung für sich und seinen Erben.
Der jetzige Eigentümer ... (Beteiligter zu 1) gehört nicht zu dem Kreis der Personen, gegen die das Vorkaufsrecht nach dem Wortlaut der Bewilligung wirkt. Er ist weder der seinerzeitige Verkäufer noch sein Erbe oder Erbeserbe. Er gehört auch nicht zum Kreis potentieller gesetzlicher Erben des ursprünglichen Verkäufers und seiner Erben. Es gibt somit endgültig keinen Eigentümer des belasteten Grundstücks mehr, gegen den das Vorkaufsrecht noch wirken könnte. Es ist deswegen gegenstandslos zu löschen. Der Weiterbestand des Rechts macht das Grundbuch unrichtig.
Das Grundbuchamt hat wegen Bedenken zunächst rechtliches Gehör gewährt und mit Beschluss vom 5.8.2015 den Antrag zurückgewiesen. Es sei nicht ersichtlich, ob der ...