Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorvertraglichkeit in der Rechtsschutzversicherung: Rechtsschutz bei Beschlussanfechtungsverfahren hinsichtlich fehlerhafter Jahresabrechnungen und Verwalterbestellung
Leitsatz (amtlich)
Wird dem Wohnungseigentumsverwalter vorgeworfen, die Jahresabrechnungen für die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits vor Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrags fehlerhaft erstellt zu haben, so kann wegen Vorvertraglichkeit kein Rechtsschutz für die Anfechtung der Wohnungseigentümerbeschlüsse betreffend die letzte Jahresabrechnung, die Nachgenehmigung und Verschiebung der Erstellung von Jahresabrechnungen für vor Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrags liegende Zeiträume sowie für die Verwalterbestellung verlangt werden (Rz. 3).
Normenkette
ARB 2000 § 4; WoEigG §§ 26, 43 Nr. 4
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 23.07.2010) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG München I vom 23.7.2010 durch Beschluss nach § 522 II ZPO zurückzuweisen.
II. Der Kläger kann hierzu binnen 2 Wochen Stellung nehmen.
III. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 6.000,- EUR festzusetzen.
Gründe
I. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Das LG München I hat nach zutreffender Prüfung der Sach- und Rechtslage die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger begeht Rechtsschutz für die gerichtliche Anfechtung von 4 Wohnungseigentümerbeschlüssen in der Wohnungseigentümerversammlung vom 6.5.2009 zur Jahresabrechnung 2008, zur Neubestellung des Verwalters, zur Nachgenehmigung der neu erstellten Jahresabrechnung 2003 und zur Verschiebung der Erstellung von Jahresabrechnungen 2004 und 2005. Die Beklagte hat Vorvertraglichkeit eingewandt. Rechtsschutz besteht ab 1.11.2005. Zwar sind Gegenstand der Anfechtungsklage, die sich gegen die übrigen Wohnungseigentümer richtet (§ 46 I WEG), die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 6.5.2009. Es bestand aber jedenfalls seit 2003 Streit wegen der Abrechnungsweise des Verwalters.
§ 4 der vertragsgegenständlichen Versicherungsbedingungen definiert den Rechtsschutzfall in zeitlicher und sachlicher Hinsicht. Ausgenommen Schadensersatzrechtsschutz und Beratungsrechtsschutz gilt für alle Leistungsarten (§ 4 Abs. 1c): Der Rechtsschutzfall tritt mit den tatsächlichen oder behaupteten Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften durch den Versicherungsnehmer oder durch einen anderen ein. Als Auslöser eines Rechtsschutzfalles kommen hier die vom Kläger beanstandeten, nach seiner Behauptung schon jahrelangen unrichtigen Abrechnungen des Verwalters in Betracht, die schon den mit Erfolg angefochtenen Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Abrechnungen 2003, 2004 und 2005 zugrunde lagen. Nach Behauptung des Klägers ist vom Verwalter auch in den Folgejahren fehlerhaft abgerechnet worden. Dem Verwalter wird eine Abrechnungspraxis angelastet, die gesetzlichen Vorgaben nicht entspricht. Der behauptete Verstoß kann auch von einem Dritten ausgelöst worden sein. Die beanstandete Verwaltertätigkeit hat hier maßgeblichen Anteil für das in der Anfechtungsklage gerügte Beschlussverhalten der Wohnungseigentümergemeinschaft. Notwendig ist, dass das Verhalten des Dritten in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit der streitig gewordenen Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger und der Wohnungseigentümergemeinschaft steht und dass es generell geeignet war, die rechtliche Auseinandersetzung auszulösen. Dies ist zu dann bejahen, wenn angebliche Rechtsverstöße des Verwalters als Dritten zum Streit des Versicherungsnehmers als Wohnungseigentümer mit der Gemeinschaft geführt haben (Meyer in Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl., § 4 ARB 2000, Rz. 56). Der Rechtsstreit ist dann jedenfalls latent vorhanden und gewissermaßen bereits vorprogrammiert (BGH VersR 2005, 1684 unter 3b). Ist das Programm des Rechtskonflikts bereits installiert, kann man sich dafür grundsätzlich auch keinen Rechtsschutz mehr kaufen (Wendt, MDR 2008, 717 unter II: 2. b). Wegen der vom Verwalter vorgenommenen Abrechnungspraxis bestand schon Streit in vorvertraglicher Zeit, so dass die Beklagte zum Rechtsschutz nicht verpflichtet ist. Es war bereits vorprogrammiert, dass es zum eigentlichen Rechtskonflikt mit den anderen Wohnungseigentümern kommen würde.
Dass dem Kläger persönlich bereits am 11.5.2009 telefonisch von der Beklagten eine Deckungszusage erteilt wurde, hat die Beklagte substantiiert bestritten und vorgetragen, dass der Kläger bei dem Telefonat den Rechtsschutzfall lediglich angemeldet habe, diesen aber nicht im Einzelnen dargestellt habe, so dass eine Entscheidung über den Versicherungsschutz noch nicht möglich gewesen sei. Sie hat hierfür auch Beweis angeboten.
II. Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, liegen auch die weiteren Voraussetzungen für e...