Entscheidungsstichwort (Thema)

Urheberrechtsverletzung im Internet: Haftung eines Sharehosters für Urheberrechtsverletzungen der Nutzer

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 31.03.2016; Aktenzeichen 7 O 6202/14)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.06.2022; Aktenzeichen I ZR 57/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 31.03.2016 aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, und die Klage insgesamt abgewiesen.

II. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

IV. Dieses Urteil ist vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte urheberrechtliche Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsansprüche im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Sharehostingdienstes geltend.

Die Klägerin ist ein Filmunternehmen, tätig sowohl als Filmverleiherin als auch als Filmproduktionsgesellschaft. Sie vertreibt als ausschließliche Lizenznehmerin den streitgegenständlichen Film "Fack ju Göhte" in Deutschland.

Die Beklagte betreibt über die Webseiten u....net, u...to und u[x].to den Dienst "u.". Es handelt sich dabei um einen sogenannten Sharehoster. Dieser Dienst bietet Speicherplatz für den Upload von Dateien beliebigen Inhalts. Sobald der Upload-Prozess abgeschlossen ist, erstellt die Beklagte automatisch einen elektronischen Verweis (Download-Link) auf den Dateispeicherplatz und teilt diesen dem Nutzer automatisch mit. Jeder, der diesen Link kennt, kann direkt auf die gespeicherten Daten zugreifen. Die Beklagte bietet für die bei ihr abgespeicherten Dateien weder ein Inhaltsverzeichnis an noch eine entsprechende Suchfunktion. Allerdings können Nutzer die Download-Links in sogenannte Linksammlungen im Internet einstellen. Diese werden von Dritten angeboten und enthalten Informationen zum Inhalt der auf dem Dienst der Beklagten gespeicherten Dateien. Innerhalb dieser Linksammlungen können Internetnutzer gezielt nach bestimmten, sie interessierenden Dateien suchen. Über die Download-Links im Suchergebnis der Linksammlungen erhalten Nutzer dann Zugriff auf die auf den Servern der Beklagten abgespeicherten Dateien.

Der Download von Dateien von der Plattform der Beklagten ist kostenlos möglich. Der Downloadtraffic wird hierbei für die Nutzer beschränkt, und zwar für nicht registrierte Nutzer auf täglich 0,5 GB und für Nutzer mit einem Free-Account auf täglich 0,75 GB. Zahlende Nutzer, sogenannte Premium-User, bekommen dagegen täglich ein Downloadtraffic-Kontingent von 30 GB, maximal sammelbar bis zu 500 GB. Bei ihnen wird die Downloadgeschwindigkeit nicht gedrosselt, sie können beliebig viele Downloads parallel tätigen und müssen zwischen einzelnen Downloads keine Wartezeit in Kauf nehmen. Der Preis für einen Premium-Account liegt zwischen 4,99 EUR für zwei Tage und 99,99 EUR für zwei Jahre.

Im Rahmen ihres sog. "Affiliate Program" vergütet die Beklagte die Uploader. Diese erhalten einen Teil der Einnahmen, die die Beklagte für Neukunden eines Premium-Accounts erzielt, wenn dieser Neukunde über einen durch den betreffenden Uploader erzeugten Link angeworben wurde. Auch bei einer Verlängerung von Premium-Accounts des Downloaders wird der Uploader an den Einnahmen beteiligt. Daneben zahlt die Beklagte den Uploadern Downloadvergütungen. So kann der Nutzer für 1.000 erfolgte Downloads bis zu 40,00 EUR erhalten.

Der Dienst der Beklagten wird sowohl für legale Anwendungen genutzt als auch für solche, die Urheberrechte verletzen. Die Beklagte erhält und erhielt bereits in der Vergangenheit im großen Umfang "Abusemitteilungen". Der Beklagten sind jedenfalls über 9.500 Werke gemeldet worden, zu denen urheberrechtsverletzende Links auf ca. 800 der Beklagten bekannten Webseiten (Linksammlungen, Blogs, Foren etc.) eingestellt worden waren, deren Zahl ständig wächst.

In ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen untersagt es die Beklagte ihren Nutzern, Urheberrechtsverstöße über ihre Plattform zu begehen.

Das streitgegenständliche Werk konnte über mehrere Links auf den Servern der Beklagten abgerufen werden. Die Links waren in der Linksammlung titanshare.to veröffentlicht. Hierüber informierte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 20.11.2013 (Anlage K 43). Am 02.12.2013 und am 23.06.2015 waren auf einer Linksammelseite weitere Links zu dem auf der Seite der Beklagten abrufbaren streitgegenständlichen Film eingestellt.

Nachfolgend ließ die Klägerin weitere Recherchen bezüglich des streitgegenständlichen Films durchführen.

Die Klägerin behauptet, dass bei diesen weiteren Recherchen noch etliche von dieser im Einzelnen aufgezählte, in Linksammlungen veröffentlichte Links zu auf den Servern der Beklagten gespeicherten Dateien aufgefunden wurden, über die der Film abrufbar...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge