Leitsatz (amtlich)

Die deutschen Vorschriften zur Arzneimittelpreisbindung sind auch auf ausländische Versandapotheken anzuwenden, soweit diese sich an Endverbraucher im Inland wenden.

 

Normenkette

EG Art. 30; Humanarzneimittelkodex Art. 4 Abs. 3; TDG § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 5 Nr. 3; EGBGB Art. 34; AMG § 78 Abs. 2 S. 2; AMPreisV § 3 Abs. 1; UWG § 4 Nrn. 1, 11

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 18.06.2008; Aktenzeichen 1HK O 20716/07)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG München I vom 18.6.2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziff. I. des landgerichtlichen Urteils gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Gewährung von Vergünstigungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von verschreibungs-pflichtigen Arzneimitteln durch gesetzlich versicherte Patienten im Wege des Versandhandels.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der die wirtschaftlichen, beruflichen und kulturellen Belange der bayerischen Apotheker vertritt. Die Beklagte ist eine niederländische Versandapotheke, die von ihrem Sitz in den Niederlanden aus auch deutsche Versicherte mit in Deutschland zugelassenen Arzneimitteln versorgt.

Die Beklagte warb im Jahr 2007 im Internet und in Anzeigen in Mitgliederzeitschriften von Krankenkassen mit Sonderzahlungen für die Einlösung von Rezepten über Medikamente. Bei der Einlösung eines Rezepts über verschreibungs-pflichtige Arzneimittel durch einen gesetzlich versicherten Patienten versprach sie die Gewährung eines sog. Garantie-Bonus von mindestens 2,50 EUR und eines sog. Höchst-Bonus von maximal 15 EUR (3 % des Arzneimittelpreises) je rezeptpflichtigem Medikament. Dieser Bonus werde auch zuzahlungsbefreiten Versicherten gewährt. Ferner erhielten die Patienten für jedes Medikament, das nicht von der Krankenkasse übernommen werde, einen 10 %-Bonus (max. 15 EUR). Der von der Beklagten in Aussicht gestellte Bonus wurde sodann bei Kassenrezepten und Bestellungen von frei verkäuflichen Arzneimitteln sofort mit dem Rechnungsbetrag verrechnet. Bei Zuzahlungsbefreiung erhielt der Versicherte den vollen Bonus als Gutschrift auf ein Bonuskonto. Der Bonus wurde auf diesem auch gutgeschrieben, wenn er höher war als der Rechnungsbetrag. Dann wurde die Gutschrift bei Folgebestellungen vom Rechnungsbetrag abgezogen. Zu den Werbeaussagen und ihrer Darstellung im Einzelnen, sowie dem genauen Inhalt der Werbebroschüren und der Internetwerbung wird auf Anl. K 2 u. K 3 Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die beworbenen Bonuszahlungen seien wettbewerbswidrig, weil sie sowohl eine gem. § 4 Nr. 1 UWG unlautere Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit als auch einen gem. § 4 Nr. 11 UWG unlauteren Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung und das Verbot des § 7 HWG darstellten. Er habe die Beklagte vorprozessual wegen der vorgenannten Wettbewerbsverstöße abgemahnt, weshalb ihm auch die eingeklagten Abmahnkosten i.H.v. 1.379,80 EUR zustünden.

Der Kläger hat deshalb folgende Anträge gestellt:

I. Der Beklagten wird es verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a) gesetzlich versicherten Kunden in Deutschland, die nicht gem. § 62 SBG V zuzahlungsbefreit sind, beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels, das in Deutschland preisgebunden ist, einen Bonus i.H.v. 2,50 EUR bis 15 EUR anzubieten und/oder zu gewähren und/oder hierfür zu werben und/oder werben zu lassen;

und/oder

b) gesetzlich Versicherten in Deutschland, die von der Zuzahlung gem. § 62 SGB V befreit sind, beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels, das in Deutschland preisgebunden ist, einen Bonus i.H.v. 2,50 EUR bis 15 EUR anzubieten und/oder zu gewähren und/oder hierfür zu werben und/oder werben zu lassen;

und/oder

c) gesetzlich Versicherten in Deutschland für jedes verschreibungspflichtige Medikament, das in Deutschland preisgebunden ist, und das nicht von der Krankenkasse übernommen wird, einen Bonus in Höhe von 10 % (max. 15 EUR) anzubieten und/oder zu gewähren und/oder hierfür zu werben und/oder werben zu lassen.

II. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziff. 1 ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Betrag von 1.379,80 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentp...

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