Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anfechtungsbefugnis eines durch Squeeze-out ausgeschlossenen Aktionärs gegen einen danach ergangenen Hauptversammlungsbeschluss; zum Stimmverbot des Aktionärs in einer Ein-Mann-AG
Leitsatz (amtlich)
1. Für einen ehemaligen Aktionär, der seine Aktionärsstellung nach einem wirk-samen Squeeze-out verloren hat, lässt sich auch aus der analogen Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO keine Anfechtungsbefugnis herleiten gegen einen Haupt-versammlungsbeschluss, der nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister (§ 327e Abs. 3 Satz 1 AktG) ergangen ist.
2. In der Einpersonen-AG unterliegt der alleinige Aktionär auch dann keinem Stimm-verbot nach § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG, wenn in der Hauptversammlung nach ei-nem wirksamen Squeeze-out der Beschluss einer Hauptversammlung vor dem Squeeze-out über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den damali-gen Mehrheits- und jetzige Alleinaktionär aufgehoben und der damals nach § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG bestellte besondere Vertreter wieder abberufen wird und die jetzige Alleinaktionärin in der Hauptversammlung vor dem Squeeze-out nach § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG von der Stimmrechtsausübung ausgeschlossen war.
3. Der von einer Hauptversammlung nach § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG bestellte beson-dere Vertreter kann von der Hauptversammlung jederzeit, auch vor Beendigung seiner Tätigkeit, abberufen werden, ohne dass es eines wichtigen Grundes bedarf.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 27.08.2009; Aktenzeichen 5 HKO 21656/08) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin zu 2) gegen das Endurteil des LG München I vom 27.8.2009 - 5 HKO 21656/08, wird zurückgewiesen.
II. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 27.8.2009 - 5 HKO 21656/98, dahingehend abgeändert, dass auch die Klage des Klägers zu 1) abgewiesen wird.
III. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Kläger jeweils zur Hälfte; im Übrigen tragen die Kläger ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit leistet i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Beschlüssen einer außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten, die damals noch unter B Bank AG firmierte, vom 10.11.2008.
In der Hauptversammlung der Beklagten vom 26./27.6.2007 war beschlossen worden, Ersatzansprüche der Beklagten aus der Geschäftsführung gegen die gegenwärtigen und ehemaligen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Beklagten sowie gegen die damalige Mehrheits- und nunmehrige Alleinaktionärin, die U., u.a. wegen der Veräußerung der Anteile der Beklagten an der Bank A Creditanstalt AG und wegen Vermögensschäden der Beklagten durch eine nicht adäquate Ermittlung des Verkaufspreises für die Anteile der Beklagten an der Bank A Creditanstalt AG geltend zu machen. Zur Geltendmachung der Ersatzansprüche hatte die Hauptversammlung den Kläger zu 1) als besonderen Vertreter nach § 147 Abs. 2 Satz 1 AktG bestellt. Die U, weil vom Stimmrecht nach § 136 Abs. 1 S. 1 AktG ausgeschlossen, hatte an der Abstimmung nicht teilgenommen.
Die hiergegen gerichtete Klage der U. war vom LG München I mit Endurteil vom 4.10.2007 - 5 HKO 12615/07, abgewiesen worden. Der Senat hatte die Klageabweisung auf die Berufung der U hin mit Endurteil vom 27.8.2008 - 7 U 5678/07, weitgehend bestätigt. Das Verfahren ist derzeit beim BGH, dort Az. II ZR 225/08, anhängig.
In derselben Hauptversammlung der Beklagten vom 26./27.6.2007 war beschlossen worden, die Aktien der Minderheitsaktionäre der Beklagten, zu denen auch die Klägerin zu 2) gehörte, nach § 327a Abs. 1 AktG gegen Gewährung einer Barabfindung auf den Hauptaktionär U zu übertragen. Der Übertragungsbeschluss ist am 15.9.2008 in das Handelsregister eingetragen worden. In Folge dieses Squeeze-out ist die Beklagte nicht mehr börsennotiert.
Am 10.11.2008 fand eine außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten statt, auf der die U als alleinige Aktionärin vertreten war. Die Hauptversammlung fasste dabei unter Verzicht auf alle Form- und Fristvorschriften für die Einberufung einer Hauptversammlung den Beschluss, den in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 26./27.6.2007 gefassten Beschluss über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen vollumfänglich aufzuheben und den Kläger zu 1) als besonderen Vertreter mit sofortiger Wirkung von seinem Amt abzuberufen.
Gegen diesen Beschluss wenden sich die Klagen.
Mit Endurteil vom 27.8.2009 (veröffentlicht in: NJW 2009, 3794 = ZIP 2009, 2198) hat das LG München I den angegriffenen Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 11.11.2008 auf die Klage des Klägers zu 1) für nichtig erklärt, die Klage der Klägerin zu 2) aber abgewiesen.
Soweit das LG der Klage stattgegeben hat, hat es ...