Leitsatz (amtlich)
Zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung, wenn ein Datenbankanbieter eine Arzneimitteldatenbank, die Werbung von Pharmaunternehmen enthält, Ärzten kostenlos zur Verfügung stellt.
Normenkette
HWG § 7 Abs. 1; UWG §§ 3, 4 Nr. 11; BOÄ Bayern §§ 32, 33 Abs. 2; SGB V § 73 Abs. 8 S. 7
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 1 HK O 12926/08) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 15.04.2009 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten beider Instanzen zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Klägerin und die Beklagte vertreiben jeweils Arzneimitteldatenbanken, die Informationen über zugelassene Arzneimittel enthalten und Ärzten eine Verordnung von Arzneimitteln ermöglichen.
Die Klägerin beanstandet, dass die Beklagte Ärzten eine Arzneimitteldatenbank, die Werbung von Pharmaunternehmen enthält, kostenlos zur Verfügung stellt.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die Arzneimitteldatenbank "i. p." kostenlos anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren;
2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, wobei die Angaben mindestens nach Jahr, Monaten und Anzahl aufzuschlüsseln sind;
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen denjenigen Schaden zu erstatten, der ihr durch die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 15.04.2009 Folgendes entschieden:
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die Arzneimitteldatenbank "i. p." kostenlos anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren;
2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen begangen hat, wobei die Angaben mindestens nach Jahr, Monaten und Anzahl aufzuschlüsseln sind;
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen denjenigen Schaden zu erstatten, der ihr durch die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
Auf dieses Urteil wird einschließlich der darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz,
das Urteil des Landgerichts München I vom 15.04.2009 Az.: 1 HK O 12926/08, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz,
die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Termins der mündlichen Verhandlung vom 03.12.2009 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
1. Der Unterlassungsantrag (Antrag Nr. I. 1.) ist nicht begründet. Der mit diesem Antrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin gegen die Beklagte nach keiner der herangezogenen Anspruchsgrundlagen zu.
a) Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch der Klägerin, der auf Verletzungshandlungen im Juli 2008 und eine daraus resultierende Wiederholungsgefahr gestützt ist, besteht nur dann, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten zum Begehungszeitpunkt den Unterlassungsanspruch begründet hat und dieser auch auf der Grundlage der derzeit geltenden Rechtslage noch gegeben ist (vgl. BGH GRUR 2009, 1064, Tz. 13 - Geld-Zurück-Garantie II). Die am 30.12.2008 in Kraft getretene Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (vgl. BGBl. 2008 I S. 2949) hat für den Streitfall indes keine relevante Änderung des Rechts des unlauteren Wettbewerbs gegenüber der Rechtslage zur Zeit der Begehung gebracht.
b) Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nicht nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 3, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG zu.
aa) Allerdings ist die Klägerin nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert. Zwischen den Parteien, die beide Arzneimitteldatenbanken an Ärzte vertreiben, besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG).
bb) Das Verbot des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG stellt auch eine gesetzliche Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar (vgl. BGH GRUR 2009, 1082, Tz. 21 - DeguSmiles & more).
cc) Bei der Arzneimitteldatenbank "i. p." handelt es sich...