Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwechslungsgefahr zwischen „Champagner” und „ChamPearl”
Leitsatz (amtlich)
Die Marke „ChamPearl” ist der geschützten geographischen Herkunftsangabe „Champagner” hinreichend ähnlich und geeignet, die Unterscheidungskraft dieser Angabe unlauter auszunutzen (§ 127 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2 MarkenG).
Normenkette
MarkenG § 13 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 5, § 51 Abs. 1, §§ 55, 127 Abs. 3, Abs. 4 Nr. 2
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 16.06.2003; Aktenzeichen 17 HK O 1975/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG München I vom 16.6.2003 – 17 HK O 1975/03 aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, durch Erklärung ggü. dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Löschung der deutschen Marke Nr. 302 04 235 „ChamPearl” einzuwilligen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung seitens des Klägers wegen der Kosten abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Der Kläger, eine Organisation der Champagnerwirtschaft mit Sitz in Frankreich, verlangt von der Beklagten, einer GmbH mit Sitz in Deutschland, Einwilligung in die Löschung der deutschen Wortmarke Nr. 302 04 235 „ChamPearl”, die für folgende Klassen und Waren eingetragen ist:
Klasse 01:
Ionenaustauscherharze und Adsorptionsmittel für Wasserfilter, Kohlensäure für die Zubereitung von kohlensäurehaltigen Wässern, Sauerstoff für die Zubereitung von sauerstoffgesättigten Wässern;
Klasse 11:
Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte, Hähne und Regelarmaturen für Wasserleitungs- und Gasgeräte, Filter für Trinkwasser;
Klasse 21:
Wasseraufbereitungsgeräte für Haushaltszwecke und für gewerbliche Zwecke, Haushaltsgeräte für die Zubereitung von kohlensäurehaltigen und sauerstoffgesättigten Getränken, Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert), kleine handbetätigte Geräte für Haushalt und Küche;
Klasse 32
Mineralwässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.
Die zunächst erfolgte, weitere Eintragung für Biere hat die Beklagte während des erstinstanzlichen Verfahrens löschen lassen; hinsichtlich dieser Teillöschung haben die Parteien den Rechtsstreit in erster Instanz übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das LG hat die Klage mit Urteil vom 16.6.2003 abgewiesen. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Dieser macht geltend, die Auffassung, das deutsch-französische Herkunftsabkommen gewähre keinen Anspruch auf Löschung einer eingetragenen Marke, könne spätestens seit der Entscheidung „Ein Champagner unter den Mineralwässern” nicht mehr aufrechterhalten werden. Entgegen der Auffassung des LG bestehe zwischen der qualifizierten Herkunftsbezeichnung „Champagner” und der angegriffenen Marke „ChamPearl” auch eine Ähnlichkeit i.S.d. deutsch-französischen Herkunftsabkommens sowie des § 127 Abs. 4 MarkenG. Der Markenbestandteil „Pearl” erinnere den deutschen Verbraucher bereits phonetisch an das deutsche Verb „perlen”. „To pearl” heiße zudem in deutscher Übersetzung tatsächlich „perlen” oder „tropfen”. Es sei deshalb ein auch für den deutschen Leser/Hörer ohne weiteres erkennbarer Hinweis auf das Perlen bzw. die Bläschen eines Schaumweins wie Champagner, wenn er vor diesem Wortbestandteil die Silbe „Cham(P)” lese oder höre. Schon allein mit dem Begriff „Champ” verbinde der Verbraucher zumindest auch die Vorstellung eines Champagners, denke man nur an die umgangssprachliche Bezeichnung „Schampus”. Das LG habe bei Verneinung einer Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Kennzeichnungen auch übersehen, dass in der Rspr. zur Irreführung (§ 3 UWG) anerkannt sei, dass der Werbende auch die Mehrdeutigkeit ein- und derselben Angabe gegen sich gelten lassen müsse. Es genüge auch bei der Verwechslungsgefahr im Markenrecht die Möglichkeit einer Irreführung des Publikums. Eine Assoziation von „Champ” mit „Champagner” bei nicht weniger als 19 % der Verkehrsbeteiligten sei mehr als ausreichend. Dies gelte sowohl für die Frage der Ähnlichkeit als auch für die Frage, ob mit einer bestimmten Bezeichnung der Ruf einer geographischen Herkunftsangabe oder ihre Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt werde (§ 127 Abs. 4 MarkenG).
Das LG sei schließlich zu Unrecht der Auffassung der Beklagten gefolgt, die angegriffene Marke sei schon wegen des Inhalts ihres Warenverzeichnisses nicht geeignet, den Ruf der Herkunftsangabe „Champagner” in unlauterer Weise auszunutzen oder ihn oder die Unterscheidungskraft der Angabe zu beeinträchtigen. Die Marke sei eingetragen für Getränke und Geräte zu deren Zu- oder Aufbereitung sow...