Leitsatz (amtlich)
1) Die in der Satzung einer GmbH vorgesehene Möglichkeit, einen Beirat mit einfacher Stimmenmehrheit einzurichten, kann nicht verwirkt werden. Die Stimmabgabe der Mehrheitsgesellschafterin für die Einrichtung des Beirats ist auch nicht schon deshalb treuwidrig, weil in der Vergangenheit eine Streichung der Satzungsklausel diskutiert, aber letztlich nicht umgesetzt wurde.
2) Weist eine Schiedsklausel sämtliche Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und/oder den Gesellschaftern einem Schiedsgericht zu und nimmt davon nur "Beschlussmängelstreitigkeiten" aus, ist für Feststellungsklagen über Vorfragen, die in späteren Beschlussmängelstreitigkeiten relevant sein können, das Schiedsgericht zuständig.
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Urteil vom 11.10.2011; Aktenzeichen 1 HK O 310/11) |
Tenor
I. Auf die Berufungen der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) wird das Endurteil des LG Ingolstadt vom 11.10.2011 in Ziff. 2 des Tenors insoweit aufgehoben, als die Feststellung gegenüber der Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) erfolgt. Insoweit wird die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin und die Beklagten zu 2) bis 5) sind Gesellschafter der Beklagten zu 1). Die Klägerin und die Beklagte zu 1) streiten im Wege einer Beschlussanfechtungsklage über die Wirksamkeit zweier Gesellschafterbeschlüsse, durch die die Einrichtung eines Beirats und die Abberufung des Gesellschafterausschusses bei der Beklagten zu 1) beschlossen wurden. Ferner will die Klägerin im Wege der Feststellungsklage gegen die Beklagte zu 1) und die Beklagten zu 2) - 5) klären, für welche Geschäfte der Beirat nicht zuständig ist und mit welcher Mehrheit der Beirat seine Beschlüsse zu fassen hat. Die Beklagten zu 1) und zu 2) haben gegen die Feststellungsklage die Schiedseinrede erhoben.
Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um die Konzerngesellschaft der ... Die Gesellschaftsanteile an der Beklagten zu 1) werden derzeit wie folgt gehalten:
Klägerin ... |
21,62 % |
Beklagte zu 2) ... |
75,41 % |
Beklagte zu 3) ... |
0,99 % |
Beklagter zu 4) ... |
0,99 % |
Beklagter zu 5) ... |
0,99 %. |
Der Gründungsgesellschafter ... schied im Jahr 1993, der Gründungsgesellschafter ... im Jahr 2000 und der Gründungsgesellschafter ... mit Wirkung zum 1.1.2007 aus der Geschäftsführung der Beklagten zu 1) aus.
Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1) in seiner aktuellen Fassung (Anlage K 3) enthält u.a. folgende Bestimmungen:
§ 15
Beirat
1. Die Gesellschafterversammlung kann die Einrichtung eines Beirats beschließen. Wenn und soweit zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ein Gesellschafterausschuss besteht, ist dieser mit der zustimmenden Beschlussfassung über die Einrichtung des Beirats abzuberufen. Der Beschluss über die Einrichtung des Beirats ist zulässig, wenn höchstens noch ein Gesellschafter zum Geschäftsführer bestellt ist und bedarf in diesem Fall der Zustimmung aller Gesellschafter. Ist kein Gesellschafter mehr zum Geschäftsführer bestellt, bedarf der Beschluss über die Einrichtung des Beirats der einfachen Mehrheit aller vorhandenen Stimmen ...
§ 17
Innere Ordnung des Beirats
...
3. Der Beirat entscheidet nach Köpfen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Wenn und soweit der Beirat Beschlüsse fasst, für die das Gesetz und/oder der Gesellschaftsvertrag eine besondere Stimmenmehrheit vorschreiben, haben die von der Gesellschaftergruppe ... einerseits und die von der ... andererseits entsandten Beiratsmitglieder jeweils zusammen so viele Stimmen, wie dem Gesellschafter/der Gesellschaftergruppe der/die die Beiratsmitglieder entsendet hat, nach dem Gesellschaftsvertrag zustehen. Jedes der von den Gesellschaftern entsandten Beiratsmitglieder hat so viele Stimmen, wie dem Gesellschafter, der das Beiratsmitglied entsendet hat, nach diesem Gesellschaftsvertrag zustehen. Enthaltungen werden nicht mitgezählt ...
Die Möglichkeit, bei der Beklagten zu 1) einen Beirat einzurichten, war durch einstimmig beschlossene Satzungsänderung im Jahr 1990 neu geschaffen worden. Bei einer im Jahr 2009 geplanten Überarbeitung der Satzung der Beklagten zu 1) hat die damit beauftragte Arbeitsgruppe einen Entwurf bzw. ein Arbeitspapier vorgelegt, in dem die Vorschriften über die Errichtung eines Beirats ersatzlos gestrichen waren. Eine entsprechende Änderung der Satzung der Beklagten zu 1) erfolgte jedoch nicht. In der Satzung der ... aus dem Jahr 2009 finden sich keine Regelungen über einen Beirat.
Die aktuelle Fassung der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage K 3) enthält ferner folgende Schiedsklausel:
§ 28
Schiedsvertrag
Über alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern ...