Leitsatz (amtlich)
Zur kartellrechtlichen und zivilrechtlichen Beurteilung einer sog. Bahnverkehrsgarantie in einem Erbbaurechtsvertrag zwischen dem Freistaat Bayern und einem Spediteur.
Normenkette
GWB §§ 19-20; GWB a.F. § 26 Abs. 2; BGB §§ 138, 242; AGBG § 9; UWG a.F. § 1; RBerG Art. 1 § 1 Nr. 1, § 5 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 05.11.2003; Aktenzeichen 3 O 9878/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Nürnberg-Fürth v. 5.11.2003 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Klägerin, die Betreibergesellschaft des Nürnberger Hafens, macht gegen den Beklagten, der eine Spedition betreibt, aus abgetretenem Recht Zahlungsansprüche i.H.v. 251.348,44 Euro nebst Zinsen wegen einer sog. Bahnverkehrsgarantie für den Zeitraum 1998 bis 2001 geltend. Die Bahnverkehrsgarantie ist in einem Erbbaurechtsvertrag v. 31.1.1991 (Anlage K - 3.11.2000 - I) enthalten, der zwischen dem Freistaat Bayern und dem Beklagten geschlossen wurde.
§ 14 des genannten Vertrags, auf den Bezug genommen wird, lautet:
"§ 14 Bahnverkehrsgarantie"
Die Hafenverwaltung hält für die Beförderung von Gütern innerhalb des Hafengebiets sowie im Wechselverkehr mit der Deutschen Bundesbahn hafeneigene Gleisanlagen einschließlich der Hafenbahn vor.
1. Umschlaggarantie für die Vorhaltung
Für die Anschlussmöglichkeit an die hafeneigenen Gleisanlagen hat der Erbbauberechtigte ein jährliches Aufkommen von Eisenbahngut für Zwecke des Erbbauberechtigten innerhalb des Erbbaugrundstücks von 2 t/m2 × 19.563 m2 = 39.126 t/Jahr zu garantieren.
Wird die festgestellte Garantiemenge durch das Aufkommen an Eisenbahngut des Erbbauberechtigten nicht erreicht, so ist für die fehlende Garantiemenge ein Entgelt i.H.v. 2,54 DM/t zu entrichten.
Dieses Entgelt erhöht oder vermindert sich um denselben Prozentsatz, um den sich der Erbbauzins nach § 13 Abs. 3 dieses Erbbaurechtsvertrages ändert. Die sich daraus ergebende Umschlaggarantie wird jeweils nach Ablauf eines Jahres in Rechnung gestellt.
Die Aufrechnung beginnt am 1.8.1991.
Solange aus Gründen, die der Erbbauberechtigten nicht zu vertreten hat, eine ordnungsgemäße Nutzung des Anschlusses nicht gewährleistet, wird die Zahlungspflicht für die Umschlaggarantie unterbrochen.
2. Gebühren und Entgelte für die Benutzung
Für den Anschluss an die hafeneigenen Gleisanlagen sowie für die Benutzung der Hafenbahn hat der Erbbauberechtigte die jeweils gültigen, von der Hafenverwaltung festgelegten Bedingungen zu beachten und die Gebühren und Entgelte zu entrichten."
Das LG Nürnberg-Fürth hat den Beklagten nach Beweisaufnahme mit Urt. v. 5.11.2003 antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin 251.348,44 Euro nebst gestaffelter Zinsen zu bezahlen. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die beim OLG Nürnberg eingelegte Berufung des Beklagten. Dieser macht geltend, das LG habe den Freistaat Bayern beim Abschluss des Erbbaurechtsvertrages v. 31.1.1991 nach ausführlicher Beweisaufnahme zu Recht als marktbeherrschendes Unternehmen im Großraum Nürnberg bei der Nutzungsüberlassung von speditionsgeeigneten Gewerbegrundstücken qualifiziert. Das Durchgreifen des § 20 Abs. 1 GWB n.F. mit der Folge der Unwirksamkeit von § 14 Erbbauvertrag habe es jedoch rechtsfehlerhaft mit der Begründung abgelehnt, dass der Beklagte als behindertes Unternehmen zwar auf dem Speditionsmarkt tätig sei, wo sich die Behinderung auswirke, nicht jedoch auf dem durch die Machtstellung des Freistaates Bayern geprägten Markt für die Nutzungsüberlassung an speditionsgeeigneten Grundstücken.
Durch die Forderung der Garantieentgelte für die fehlende Bahntonnage werde der Beklagte durch den marktbeherrschenden Freistaat behindert. Der Beklagte werde gezwungen, bei der Preiskalkulation die Umschlaggarantie-Entgelte als Kostenfaktor zu berücksichtigen und könne deshalb nicht so günstig anbieten wie seine Mitbewerber, die diese Kosten wegen der bedarfsgerecht gehaltenen Grundstücksgröße und der geringeren Belastung mit Tonnage pro qm bzw. der Befreiung von der Bezahlung der Umschlaggarantie-Entgelte (Fall A) nicht hätten.
Der Beklagte habe gem. § 33 i.V.m. § 20 und § 19 GWB n.F. Anspruch darauf, dass die ihn behindernden Ansprüche der Klägerin beseitigt würden und die gezahlten Entgelte zurückflössen. Es bestünden für den Zeitraum bis 31.12.1998 Ansprüche aus § 26 Abs. 2 GWB a.F., für die Zeit danach Ansprüche aus § 19, § 20 Abs. 1 GWB n.F., jeweils i.V.m. § 134 BGB, die zur Nichtigkeit der Zahlungsforderungen und zu Rückerstattungsansprüchen aus dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung fü...