Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzansprüche des Lizenzgebers (Hundertwasser)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Dem Urheber, der eine ausschließliche Lizenz an seinen Werken vergeben hat, stehen Schadensersatzansprüche nur zu, wenn er dafür Lizenzgebühren erhält.

Er ist nicht berechtigt, Schadensersatzansprüche geltend zu machen, wenn er lediglich kapitalmäßig (z.B. als Alleinaktionär) am Lizenznehmer beteiligt ist.

Es fehlt dann auch das eigene rechtsschutzwürdige Interesse, Schadensersatzansprüche im Weg der Prozessstandschaft geltend zu machen.

2. Die Auslegung des § 59 Abs. 1 S. 2 UrhG durch den BGH (Urteil in diesem Verfahren v. 5.6.2003) und die Auslegung von § 54 Abs. 1 Nr. 5 öst. UrhG durch den öst. OGH (öst. OGH GRUR Int. 1991, 56 ff. - Adolf-Loos-Werke) führen dazu, dass die hier streitgegenständliche Darstellung des Hundertwasser-Hauses in der Republik Österreich urheberrechtlich bedenkenfrei vertrieben werden kann, die aus der Republik Österreich in die Bundesrepublik Deutschland eingeführten Vervielfältigungsstücke dagegen nicht.

 

Normenkette

UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 5, § 16 Abs. 1, § 59 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 30.09.1999; Aktenzeichen 7 O 8900/99)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München I, Az. 7 O 8900/99, vom 30.9.1999 insoweit abgeändert, als es in Ziff. I.2. und II. die Verurteilung der Beklagten ausspricht. Insoweit wird die Klage abgewiesen. Die Kostenentscheidung wird aufgehoben.

II. Die Kosten einschließlich derjenigen des Revisionsverfahrens I ZR 192/00 werden gegeneinander aufgehoben.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision zum BGH wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte Abbildungen eines von Friedensreich Hundertwasser an einer öffentlichen Straße geschaffenen Gebäudes vertreiben darf, die einen Blickwinkel wiedergeben, der sich nicht von der Straße aus bietet.

Die Klägerin ist Erbin des während des Berufungsverfahrens am 19.2.2000 verstorbenen Künstlers Friedensreich Hundertwasser.

Dieser war ein weltweit anerkannter bildender Künstler, der auch für Bauwerke Entwürfe fertigte. Eines der bekanntesten architektonischen Werke, das unter Beteiligung von Friedensreich Hundertwasser entstanden ist, ist das 1986 fertig gestellte, nach ihm benannte "Hundertwasser-Haus" in Wien, ein Wohn- und Geschäftshaus an der Ecke L.-/K.-gasse im 3. Bezirk (vgl. Anlage K 6). Friedensreich Hundertwasser ließ seit Jahren eine von ihm besonders bearbeitete Fotografie des "Hundertwasser-Hauses" als Postkarte vertreiben, die die beiden über Eck liegenden Frontseiten des Hauses wiedergibt. Der für die Perspektive günstige erhöhte Standort des Fotografen befand sich dabei in einer Wohnung in einem gegenüberliegenden Haus (vgl. Anlage K 1).

Die Beklagte ist das Großhandelsunternehmen M. Sie vertreibt u.a. in ihrer Filiale in München eine nicht von Friedensreich Hundertwasser stammende Abbildung des "Hundertwasser-Hauses" als gerahmten Druck zum Preis von 199 DM mit folgendem Werbetext:

Hundertwasser-Haus

Kunstdrucke im Unikatrahmen

  • handbemalter Unikat-Modellrahmen
  • hochwertige Oberflächenveredelung

Die Drucke bezieht die Beklagte von der Fa. E. in B. bei ..., die die Drucke ihrerseits von der Fa. B. GesmbH in Wien bezieht. Diese Aufnahme des "Hundertwasser-Hauses" ist ebenfalls aus einer ggü. dem Straßenniveau erhöhten Perspektive gemacht worden, und zwar aus einer in einem oberen Stockwerk des gegenüberliegenden Hauses L.-gasse 28 befindlichen Privatwohnung. Die gerahmte Abbildung ist nachstehend verkleinert wiedergegeben: (Es folgt die Abbildung.)

Die Klägerin ist der Auffassung, die von der Beklagten vertriebenen Drucke stellten eine von § 59 UrhG nicht gedeckte Vervielfältigung des architektonischen Werkes von Friedensreich Hundertwasser dar. Darüber hinaus hat sie geltend gemacht, dass es sich bei den von der Beklagten angebotenen Drucken um eine Nachahmung der Fotografie handle, die sie für die von ihr vertriebene Postkarte verwendet habe. Weiter ist sie der Auffassung, dass das Verhalten der Beklagten auch einen Wettbewerbsverstoß darstelle, weil sich die von der Beklagten angebotenen Drucke in Perspektive, Proportionen und Aufmachung bewusst an die von Friedensreich Hundertwasser vertriebene Abbildung anlehnten.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten beantragt. Bezüglich der genauen Antragstellung im erstinstanziellen Verfahren wird auf den Tatbestand der Entsch...

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