Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatz

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Urteil vom 29.09.2009; Aktenzeichen 41 O 1667/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten und auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 29.09.2009 - 41 O 1667/08, abgeändert und neu gefasst wie folgt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, Euro 5.688,14 und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 418,09 Euro nebst Zinsen aus beiden Beträgen in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 03.07.2008 zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, künftige Schäden, die im Zusammenhang mit dem Reitunfall vom 23.07.2004 stehen, zu 2/3 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder einen anderen Dritten übergegangen sind.

Im Übrigen werden die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen sowie die Klage weiterhin abgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 60 % und der Beklagte 40 %.

Von den Kosten des Rechtsstreits in I. Instanz trägt die Klägerin 55 % und der Beklagte 45 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte hat gegen das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 29.09.2009 - 41 O 1667/08, Berufung eingelegt. Die Klägerin hat Anschlussberufung eingelegt. Beide Parteien verfolgen ihre erstinstanzlichen Anträge weiter.

Der Darstellung eines Tatbestandes bedarf es nicht, denn weder der Wert der Beschwer des Beklagten noch der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigen 20.000 Euro (§ 26 Nr. 8 EGZPO). Nach herrschender Meinung ist § 313 a ZPO, auf den § 540 Abs. 2 ZPO ausdrücklich verweist, auch auf Berufungsurteile anwendbar (Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., Rdn. 2 zu § 313 a und Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., Rdn. 2 zu § 313 a).

Die Berufungen sind zulässig. Sowohl Berufung als auch Anschlussberufung haben zum Teil Erfolg.

§ 108 SGB VII steht einer Entscheidung nicht entgegen. Die Bayerische Landesunfallkasse hat mit Bescheid vom 26.01.2009 - 95/202133/07-4, festgestellt, dass der Unfall der Klägerin nicht als Versicherungsfall anerkannt wird und daher Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zu erbringen sind. Dieser Bescheid ist nicht mehr anfechtbar und entfaltet daher Bindungswirkung. Er wurde dem Beklagten nach eigenem Vortrag übersandt. Dies ist eine hinreichende Bekanntgabe an den Betroffenen gemäß § 41 Abs. 1 VwVfG. Die Einlegung eines Rechtsmittels hat der Beklagte nicht behauptet. Auch wenn dem Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt gewesen sein sollte, ist die Rechtsmittelfrist des § 58 Abs. 2 VwGO mit einem Jahr ab Bekanntgabe zwischenzeitlich abgelaufen.

1. Die Berufung des Beklagten hat Erfolg, soweit das Landgericht bei der Bemessung der materiellen Schäden mehr als Euro 688,14 zuerkannt und soweit es übersehen hat, den Mitverschuldensanteil der Klägerin bei der Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für zukünftige Schäden zu berücksichtigen.

a) Die Klägerin hat aufgrund des streitgegenständlichen Reitunfalls gegen den Beklagten Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche aus § 833 BGB, wobei sie sich jedoch ein Mitverschulden von 1/3 gemäß § 254 BGB anrechnen lassen muss.

[1] Die Klägerin hat unstreitig am 23.07.2004 versucht, das Pferd des Beklagten in dessen Beisein zu reiten, wobei sie beim oder jedenfalls unmittelbar nach dem Aufsteigen abgeworfen wurde. Sie erlitt eine schwere Unterarmfraktur, die sie weiterhin beeinträchtigt.

Die Klägerin ist somit durch ein Reitpferd, dessen Halter der Beklagte war, an Körper und Gesundheit geschädigt worden. Damit sind die Haftungsvoraussetzungen des § 833 BGB gegeben. Für den Haftungsgrund kann dahinstehen, ob die verfahrensgegenständliche Reaktion des Tieres, aufgrund derer die Klägerin zu Sturz kam, - zumindest teilweise - auf ihr Verhalten zurückzuführen war, weil auch dann der Grund in der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens läge, für das der Halter die Geschädigte grundsätzlich nach § 833 BGB schadlos zu halten hat (BGH, NJW 1992, 2474; OLG Köln, RuS 2002, 238). Diese Gefährdungshaftung eines Tierhalters kommt auch dem Reiter zugute (BGH, aaO.).

[2] Die Haftung für den streitgegenständlichen Unfall ist nicht ausgeschlossen. Die Überlassung des Pferdes aus Gefälligkeit oder möglicherweise aus dem Bestreben heraus, für künftige Turniere eine versierte Begleiterin zur Betreuung des Pferdes zu gewinnen, ändert an der grundsätzlich gegebenen Gefährdungshaftung nichts.

Eine Haftungsbeschränkung gemäß § 599 BGB scheidet aus. Es spricht nichts für einen Rechtsbindungswillen der Parteien zum Abschluss eines Leihvertrags. Vielmehr sollte die Klägerin das Tier einfach nur kennenlernen und im Beisein des Beklagten Probe reiten. Eine analoge Anwendung der in § 599 BGB vorgegebenen Haftungsbeschränkungen kommt nach der Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, im Rahmen der Gefährdungshaftung nicht in Betracht ...

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