Bissige Katze verletzt Besucher – Tierhalter haftet

Vorsicht, bissige Katze – diese Warnung hat eher Seltenheitswert, genau so wie Angriffe von Katzen auf Menschen. Doch wenn es zu einer Verletzung kommt, kann sich der Halter der Katze nicht aus der Verantwortung stehlen.

Ein Mann war zu Besuch in der Wohnung einer Katzenhalterin und wurde von dem Tier in die Hand gebissen. Ereignet hatte sich der Biss nach Angaben des Mannes, als er mit der Hand unter eine Schlafcouch gegriffen hatte, um diese zusammenzuschieben. Die Katze habe noch an seiner Hand gehangen, als er diese hochgehoben habe. Die unangenehmen Folgen dieser überraschenden Attacke: Der Mann musste insgesamt sechs Mal operiert werden.

Haftpflichtversicherung sieht Mitschuld beim Gebissenen

Vor Gericht musste die Haftungsfrage geklärt werden. Die Haftpflichtversicherung der Frau hatte erst einmal 1.000 Euro gezahlt, stellte in der Folgezeit aber die Einstandspflicht in Abrede. Argumentation der Versicherung: Der Mann sei Miteigentümer und Mithalter der Katze. Zudem sei das von ihm geschilderte Geschehen unplausibel. Katzen seien nicht bissig, der Mann müsse das Tier provoziert, geärgert und in die Enge getrieben haben.

LG und OLG: Unklares Geschehen, keine Haftung der Tierhalterin

Das Landgericht sah es als nicht erwiesen an, dass sich das Geschehen so ereignet hat, wie vom Kläger beschrieben und das Oberlandesgericht (OLG) hatte die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) kam zu einer anderen Einschätzung. Das OLG habe eine Haftung der Beklagten rechtsfehlerhaft verneint. Die Voraussetzungen der in § 833 Satz 1 BGB geregelten Gefährdungshaftung des Tierhalters seien gegeben.

BGH: Voraussetzungen für Tierhalterhaftung erfüllt

Die Tierhalterhaftung setzt voraus, dass durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird und sich in dem Schadensereignis eine „spezifische“ oder „typische“ Tiergefahr des Tieres verwirklicht hat, dessen Halter in Anspruch genommen werden soll.

Das OLG hatte die Tatsache, dass der Kläger in der Wohnung der Frau von der Katze gebissen worden war, als unstreitig erkannt. Eine Haftung der Beklagten hatte das Gericht nur deshalb verneint, weil der Kläger den genauen Hergang des Unfalls nicht bewiesen habe.

Das ist rechtsfehlerhaft, entschied der BGH. Stehe fest, dass der Kläger von der allein von der Beklagten gehaltenen Katze gebissen wurde, so seien die Voraussetzungen des § 833 Satz 1 BGB erfüllt.

BGH: Genaue Umstände der Katzen-Attacke sind nicht relevant

Ob die Katze unter dem Tisch oder unter dem Sofa lag und ob der Mann das Sofa angehoben hat oder lediglich anheben wollte, sei in diesem Zusammenhang irrelevant, so der BGH. Entscheidend sei, dass der Kläger durch den Katzenbiss, in dem sich die typische Tiergefahr der Katze verwirklicht habe, verletzt worden sei (vgl. zum Hundebiss: BGH, Urteil v. 25.3.2014, VI ZR 372/13).

Die Einzelheiten des Schadenshergangs könnten lediglich bei der Frage Bedeutung erlangen, ob die Tierhalterhaftung wegen Mitverschuldens – oder ganz ausnahmsweise wegen rechtsmissbräuchlicher Geltendmachung – beschränkt oder ausgeschlossen ist.

(BGH, Urteil v. 26.4.2022, VI ZR 1321/20)

Hintergrund

Die Tierhalterhaftung ist in § 833 BGB als Gefährdungshaftung ausgestaltet. Das Gesetz räumt nach § 833 Satz 2 BGB dem Tierhalter die Möglichkeit, sich von der Gefährdungshaftung durch den Nachweis zu entlasten, bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet zu haben, nur dann ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht worden ist, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Halters zu dienen bestimmt ist.


Schlagworte zum Thema:  Schadensersatz, Haftung