Leitsatz (amtlich)
1. Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Gültigkeitsdauer von Geschenkgutscheinen regeln, unterliegen gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB.
2. Bei dieser Inhaltskontrolle sind die Belange der mit solchen Gutscheinen Beschenkten zu berücksichtigen, obwohl sie nicht Vertragspartner des Klauselverwenders sind, denn in den Schutz des § 307 Abs. 1 BGB sind auch die Interessen solcher Dritter einbezogen, die Rechte aus dem Vertrag herleiten können oder durch diesen unmittelbar berechtigt sind.
3. Zur Unwirksamkeit von Klauseln, die eine Beschränkung der Gültigkeitsdauer von Geschenkgutscheinen auf ein Jahr ab Ausstellungsdatum bewirken.
Normenkette
BGB § 307
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 05.04.2007; Aktenzeichen 12 O 22084/06) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG München I vom 5.4.2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Verfallsklausel für Geschenkgutscheine, die die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet.
Die Klägerin ist eine qualifizierte Einrichtung gem. §§ 3 f. UKlaG.
Die Beklagte vertreibt Waren im Fernabsatz über das Internet. Sie bietet Geschenkgutscheine an, die durch Mitteilung des darauf jeweils angegebenen Codes eingelöst und so zum Erwerb von Waren der Beklagten benutzt werden können. Dazu heißt es im Internetauftritt der Beklagten unter der Überschrift Bedingungen zum Einlösen von Gutscheinen (vgl. Anlage K 2):
- Gutscheine sind generell ein Jahr ab Ausstellungsdatum gültig. (...)
- Restguthaben werden bis zum Verfallsdatum des Gutscheins Ihrem Geschenkgutschein-Konto gutgeschrieben. Danach können sie nicht mehr verwendet werden. (...)
Die Klägerin hat diese Regelungen als gem. § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam angesehen und folgende Anträge gestellt:
I. Der Beklagten wird untersagt, gegenüber Verbrauchern gem. § 13 BGB die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit entgeltlich zu erwerbenden Geschenkgutscheinen zu verwenden oder sich auf diese Klauseln zu berufen:
1. Gutscheine sind generell ein Jahr ab Ausstellungsdatum gültig.
2. Restguthaben werden bis zum Verfallsdatum des Gutscheins Ihrem Geschenkgutschein-Konto gutgeschrieben. Danach können sie nicht mehr verwendet werden.
II. Der Beklagten wird für jeden Falls der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR (ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Wochen) oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die angegriffenen Klauseln enthielten keine unangemessene Benachteiligung. Die Begrenzung der Gültigkeitsdauer der Gutscheine liege in ihrem Rationalisierungsinteresse; bei längerer Gültigkeitsdauer sei das für jeden Gutschein zu führende Konto hinsichtlich des Restguthabens ebenfalls länger zu führen; die Gutscheine müssten bei längerer Gültigkeitsdauer auch als Forderungen gegen sie gebucht und gegebenenfalls über mehrere Jahre in den Bilanzen berücksichtigt werden.
Das LG hat der Klage mit Urteil vom 5.4.2007, auf dessen tatsächlichen Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, stattgegeben.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie ist der Auffassung, die angegriffenen Klauseln bestimmten den Inhalt ihrer Verpflichtung und seien deshalb gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle unterworfen. Das LG sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klauseln in das Äquivalenzverhältnis eingriffen. Ebenfalls rechtlich unzutreffend sei es gewesen, auf die Interessen des Beschenkten abzustellen; nach dem eindeutigen Wortlaut des § 307 Abs. 1 BGB komme es allein auf die Interessen des Schenkers als ihres Vertragspartners an. Dieser habe lediglich das Interesse, seiner Anstandspflicht nachzukommen und ein werthaltiges Geschenk zu machen; ein solches liege aber im Hinblick auf ihr immensen Warenangebot auch bei einer Einlösefrist von einem Jahr vor.
Sie beantragt, das landgerichtliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins vom 17.1.2008 Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
1. Zu Recht hat das LG die angegriffenen Klauseln als kontrollfähig i.S.d. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB angesehen.
Nach dieser Vorschrift unterliegen bloße Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung (sog. Leistungsbeschreibungen) nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB. Unter den Begriff der Leistungsbeschreibung fallen solche Bestimmungen, die Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistung festlegen. Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen einschränken, ausgestalten ode...