Leitsatz (amtlich)

1. Die Werbung eines Rechtsanwalts

„Bau-/Mietrecht Online-Beratung durch RA J. www.ra.-[Ortsname].de”

verstößt gegen § 7 Abs. 1 S. 3 BORA, weil der Beklagte nicht die Bezeichnungen „Tätigkeitsschwerpunkt” bzw. „Interessenschwerpunkt” verwendet hat, wie dies bei personenbezogener Kennzeichnung fachlicher Spezialisierung erforderlich ist. Die angesprochenen Verkehrskreise verstehen diese Werbung dahin, dass der betreffende Rechtsanwalt über ein bloßes Interesse am Bau- und Mietrecht hinaus eine auf Erfahrungen basierende Kompetenz als Rechtsanwalt in der Beratung in diesen Rechtsgebieten in Anspruch nimmt. Die genannte Werbung erschöpft sich nicht in der bloßen Angabe von Rechtsgebieten, in denen der Rechtsanwalt beraten darf.

2. Die genannte Verletzung des § 7 Abs. 1 S. 3 BORA ist nicht wettbewerbsrechtlich unlauter i.S.v. § 1 UWG, soweit der betreffende Rechtsanwalt zum Zeitpunkt der Werbung gem. § 7 BORA berechtigt war, die beworbenen Rechtsgebiete Baurecht und Mietrecht als Tätigkeitsschwerpunkte zu benennen.

 

Normenkette

UWG § 1; BORA § 7

 

Verfahrensgang

LG München II (Aktenzeichen 1HK O 4997/01)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG München II vom 16.1.2002 – 1HK O 4997/01 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Nr. I des Tenors dieses Urteils wie folgt lautet:

Dem Beklagten wird es unter Androhung von Ordnungsmitteln (Ordnungsgeld von 5 Euro bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft) untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie folgt zu werben:

Bau-/Mietrecht Online-Beratung durch RA J. www.ra-[Ortsname].de

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 4.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

(gem. § 540 Abs. 1 ZPO):

I. Der Kläger, ein Rechtsanwalt mit Kanzlei in W., macht gegen den Beklagten, einen Rechtsanwalt mit Kanzlei ebenfalls in W., einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch im Zusammenhang mit folgender Anzeige geltend, die der Beklagte im Kreisboten W. vom 5.4.2001 in der Rubrik „Web World” geschaltet hat:

Bau-/Mietrecht Online-Beratung durch RA J. www.ra-[Ortsname].de

Der Kläger führt keine Online-Beratung per Internet durch. Der Beklagte war vom 2.7.1999 bis zum 23.4.2001 zusammen mit seinen damaligen Sozii … Inhaber der Internet-Domain „ra-[Ortsname].de”. Inhaber dieser Domain ist seit dem 24.4.2001 der unter … firmierende … . Dieser betreibt unter der genannten Domain einen Suchservice für Rechtsanwälte in der Region W.

Das LG hat der Unterlassungsklage mit Urteil vom 16.1.2002 auf der Grundlage von § 1 UWG i.V.m. § 7 BORA stattgegeben. Auf dieses Urteil und die darin getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der dieser seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Er macht geltend, der Kläger sei mangels eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses nicht klagebefugt. Zudem fehle es an der Aktivlegitimation des Klägers; dieser sei kein Mitbewerber hinsichtlich der Erbringung von Online-Dienstleistungen. Das LG stelle über dies unzutreffend fest, dass die Wiederholungsgefahr i.S.d. §§ 1 und 3 UWG nicht beseitigt oder entfallen sei. Er habe sich lediglich geweigert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, weil eine Wiederholung der Anzeige in der streitgegenständlichen Form rechtlich und tatsächlich unmöglich sei. Daneben nehme das LG eine verfassungswidrige Auslegung des § 7 BORA vor, insb. hinsichtlich Art. 12 Abs. 1 GG und der damit garantierten Berufungsausübungsfreiheit. Eine Auslegung, die das Verbot auf sämtliche Teilbereiche der Berufstätigkeit ausweite, werde dem Grundgedanken des Art. 12 GG nicht gerecht. In der Durchführung von Online-Beratungen bestehe gerade keine spezifisch anwaltlicheBetätigung. Rein formale Verstöße könnten nicht zur Einschränkung der unmittelbar tangierten Berufsausübungsfreiheit führen. Er habe in der Anzeige lediglich über seine Dienstleistung hinsichtlich der Durchführung von Online-Beratung unterrichten und nicht auf eine besondere Qualifikation hinweisen wollen. Im Übrigen habe er keinen Einfluss auf die Überschrift der Anzeige nehmen können, so dass als einzige Alternative zur geschalteten Werbung deren Unterlassung gestanden wäre. Der Markt der Online-Beratung stelle eine mit dem gewöhnlichen Markt der anwaltlichen Rechtsberatung nicht vergleichbare Betätigung für Rechtsanwälte dar. Er sei seit Jahren auf dem beworbenen Gebiet als Teilbereich tätig; er sei zumindest die letzten zwei Jahre vor dem 5.4.2001 nachhaltig auf dem Gebiet des Baurechts tätig gewesen und infolgedessen auch berechtigt, dieses Gebiet als seinen Tätigkeitsschwerpunkt zu bezeichnen.

Der Beklagte beantragt,

1. Das Urteil des LG München II vom 16.1.2002, Az.: 1 HKO 4997/01, wird aufgehoben.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt...

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