Leitsatz (amtlich)
1. Der Eigner einer kaskoversicherten Segelyacht hat den sturmbedingten Schaden nicht dadurch grobfahrlässig herbeigeführt, dass er davon abgesehen hat, für das in einem geschützten Hafen ankernde Schiff eine ständige Bordwache einzurichten.
2. Ein Dritter, der während der Abwesenheit des Eigners die Obhut über die Yacht übernimmt, ohne dass ihm weitere Befugnisse übertragen werden, ist nicht Repräsentant des Versicherungsnehmers
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 30.01.2004; Aktenzeichen 26 O 18459/03) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 30.1.2004 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger macht Versicherungsleistungen aus einer mit der Beklagten abgeschlossenen Vollkaskoversicherung mit sog. Allgefahrendeckung für die Segelyacht "Pipedream of Asland" geltend, die entweder in der Nacht vom 12/13.12.2002 oder in der folgenden Nacht im Hafen von Las Galletas/Teneriffa durch eine Kollision mit einem Katamaran stark beschädigt worden ist. Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob der Kläger den Versicherungsfall grobfahrlässig herbeigeführt hat und die beklagte Versicherung leistungsfrei geworden ist. Im Übrigen wird wegen des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhaltes gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen des angefochtenen Endurteils des LG München I Bezug genommen.
Zu ergänzen ist, dass der Kläger, der in erster Instanz vorgetragen hatte, er sei Eigner der Segelyacht, bereits mit Vertrag vom 3.3.2001 (in FK Anlage BB 8 zu Bl. 152 d.A.) an einen Herrn Dieter W. einen Hälfteanteil an dieser Yacht veräußert hat. Mit Vertrag vom 5.2.2003 (in FK Anlage BB 10 zu Bl. 152 d.A.) hat er das Eigentum an der Segelyacht W. insgesamt übertragen. Das LG hat nach Vernehmung der Zeugen L. und H. der Klage im Wesentlichen - bis auf einen Selbstbehalt i.H.v. 750 EUR, der aber nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist - stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Beklagten sei der Nachweis grober Fahrlässigkeit beim Kläger nicht gelungen, so dass sie sich nicht auf Leistungsfreiheit berufen könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Ersturteils Bezug genommen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie beanstandet, dass das Erstgericht die für ihre Darstellung des Sachverhalts angebotenen Beweise zum großen Teil nicht erhoben habe. Außerdem vertritt sie die Auffassung, der Kläger sei aufgrund der Veräußerung der Segelyacht nicht aktivlegitimiert. und zum anderen sei sie gem. § 71 VVG leistungsfrei, da er die Beklagte vor dem Schadenseintritt nicht über die Veräußerung informiert habe.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG München I vom 30.1.2004 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das Ersturteil. Der Senat hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluss vom 31.1.2005 (Bl. 196/199 d.A.) durch uneidliche Einvernahme der Zeugen Heinz Lo., Alexandra V. und Reinhard L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Protokollniederschrift vom 2.8.2005 (Bl. 207/226 d.A.). Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien, die vorgelegten Unterlagen und den sonstigen Akteninhalt verwiesen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das LG hat der Klage, soweit sie Gegenstand der Berufung ist, zu Recht stattgegeben.
1. Aktivlegitimation
Der Kläger ist als Versicherungsnehmer aktivlegitimiert zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem mit der Beklagten geschlossenen Versicherungsvertrag. Darauf, wer derzeit Eigentümer der Yacht ist, kommt es demgegenüber nicht an.
2. Leistungsfreiheit nach § 71 VVG
Die Beklagte ist nicht nach § 71 VVG leistungsfrei. Nach dieser Vorschrift wird der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn ihm weder vom Erwerber noch vom Veräußerer die Veräußerung unverzüglich mitgeteilt wird und der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen. Im vorliegenden Fall war zum Zeitpunkt des Schadenseintritts die Segelyacht aber nicht vollständig an W. veräußert worden, so dass § 71 VVG, der dem Wortlaut nach eine vollständige Veräußerung voraussetzt, nicht einschlägig ist. W. war lediglich Miteigentümer geworden. Zudem wurde die Versicherung auch nach Kenntnis der Übertragung eines Miteigentumsanteils nicht gekündigt (§ 71 Abs. 2 S. 2 VVG). Auch in einem solchen Fall kann sich der Versicherer nicht auf Leistungsfreiheit berufen.
3. Leistungsfreiheit nach § 61...