Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwandlung eines Befreiungsanspruchs in Zahlungsanspruch durch Eröffnung des Insolvenzvefahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Gerät der Gläubiger eines Befreiungsanspruchs in Vermögensverfall, so bleibt seine Belastung mit der Verbindlichkeit gegenüber dem Drittgläubiger ein Schaden, so dass der Befreiungsanspruch nicht deswegen erlischt.
2. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Befreiungsgläubigers wandelt sich dessen Befreiungsanspruch in einen - in die Masse fallenden - Zahlungsanspruch in voller Höhe der zu tilgenden Schuld um.
Normenkette
ZPO § 916; InsO § 55
Verfahrensgang
LG Traunstein (Urteil vom 17.03.2017; Aktenzeichen 3 O 4524/16) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Arrestbeklagten werden das Urteil des LG Traunstein vom 17.03.2017, Az. 3 O 4524/16, und der Arrestbeschluss des LG Traunstein vom 02.01.2017, Az. 3 O 4524/16, aufgehoben.
2. Der Arrestantrag wird zurückgewiesen.
3. Der Arrestkläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Arrestkläger begehrt einen dinglichen Arrest in das Vermögen des Arrestbeklagten sowie in Vollziehung dessen die Pfändung einer Forderung des Arrestbeklagten aus einem Prozessvergleich in Höhe von insgesamt EUR 202.393,24.
Der Arrestkläger ist nach dem Insolvenzantrag vom 02.10.2014 aufgrund des Beschlusses des AG Rosenheim vom 01.12.2014 Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. R. Logistik R. GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Der Arrestbeklagte ist Geschäftsführer der Fa. GLK GmbH, die aufgrund der Eröffnung der Insolvenz in Eigenverwaltung am 01.04.2014 den Zugang zu der Frachtenbörse T. C. verloren hatte. Daher nutzte die Fa. GLK GmbH jedenfalls ab April 2014 den Zugang der Insolvenzschulderin zu der vorgenannten Frachtenbörse zur Abwicklung von Speditionsaufträgen. Nach außen trat die Insolvenzschuldnerin als Teilnehmerin an der Frachtenbörse und Auftraggeberin der einzelnen, den Dienstleistern erteilten Aufträge auf. Die Fa. GLK GmbH war verpflichtet, die Verbindlichkeiten, die die Insolvenzschuldnerin durch die Beauftragung von Leistungen über die Frachtenbörse einging, sofort auszugleichen ("Null-Summen-Spiel"), somit dafür Sorge zu tragen, dass die Insolvenzschuldnerin über die erforderliche Liquidität zur Begleichung dieser Forderungen der Dienstleister verfügen konnte. Die letzte Zahlung der Fa. GLK GmbH an die Insolvenzschuldnerin erfolgte am 24.09.2014. Das Hauptsacheverfahren ist bei dem LG Traunstein anhängig (Az. 3 O 1071/15).
Im Rahmen eines Prozessvergleiches vor dem Oberlandesgericht München vom 17.11.2016 im Verfahren Az. 23 U 909/16 verpflichtete sich die Fa. BTK GmbH aus R. zur Zahlung von EUR 300.000,00 an den Arrestbeklagten. Der Arrestbeklagtenvertreter bat mit Schreiben vom 12.12.2016 (Anlage K3) um Überweisung des Betrages auf das Konto der Ehefrau des Arrestbeklagten.
Entsprechend dem Antrag des Arrestklägers vom 28.12.2016 hat das LG Traunstein mit Beschluss vom 02.01.2017 (Bl. 22/25 d.A.) zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung in Höhe von EUR 179.448,40 nebst Zinsen seit dem 15.11.2014 sowie einer Kostenpauschale in Höhe von EUR 5.000,00 den dinglichen Arrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Arrestbeklagten angeordnet sowie in Vollziehung des Arrestes die angebliche Forderung des Arrestbeklagten gegen die Fa. BTK GmbH in R. auf Zahlung aus einem Prozessvergleich vor dem Oberlandesgericht München, Az. 23 U 909/16, in Höhe von insgesamt EUR 202.393,24 inklusive bisher aufgelaufener Zinsen und Kosten gepfändet. Hiergegen hat der Arrestbeklagte unter dem 21.01.2017 Widerspruch eingelegt.
Der Arrestkläger behauptet, der Arrestbeklagte hafte als faktischer Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, da er deren Geschicke maßgeblich in die Hand genommen habe. Die Höhe der Forderungen der Dienstleister sei unstreitig, der Arrestbeklagte habe die von ihm behaupteten Gegenforderungen und Verrechnungspositionen nicht glaubhaft gemacht.
Der Arrestkläger hat beantragt, den Arrestbeschluss des LG Traunstein vom 02.01.2017 aufrechtzuerhalten.
Der Arrestbeklagte hat beantragt,
1. Der Arrestbeschluss wird aufgehoben.
2. Hilfsweise: Dem Arrestkläger wird die Vollstreckung und Vollziehung des Arrestes nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 202.939,24 gestattet.
Der Arrestbeklagte ist der Ansicht, es liege weder ein Arrestanspruch noch ein Arrestgrund vor. Insbesondere sei der Arrestbeklagte nicht faktischer Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gewesen, ein Verstoß gegen § 43 Abs. 2 GmbHG sei weder schlüssig dargestellt noch glaubhaft gemacht. Der Arrestbeschluss hätte zudem nur unter gleichzeitiger Anordnung einer Sicherheitsleistung des Arrestklägers ergehen dürfen.
Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO Bezug genommen wird, hat mit Endurteil vom 17.03.2017 den Arrestbeschluss vom 02.01.2017 aufrechterhalten. Ein Arrestgrund liege aufgrund der Bitte um Auszahlung des Betrages aus d...