Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallschaden Sorgfaltsanforderungen an einen Verkehrssicherungspflichtigen
Normenkette
BGB § 254 Abs. 1; StVG § 7 Abs. 1; StVO § 40 Abs. 6, § 43 Abs. 3; VVG § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; ZPO § 97 Abs. 1, § 543 Abs. 2 S. 1, § 708 Nr. 10, § 711
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 29.11.2018; Aktenzeichen 2 O 121/16) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers vom 29.11.2018 gegen das Endurteil des LG München II vom 24.10.2018 (Az. 2 O 121/16) wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das vorgenannte Urteil des Landgerichts sowie dieses Urteil sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Ersatz materiellen Schadens, Schmerzensgeld sowie Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für den materiellen Zukunftsschaden aus einem Verkehrsunfall vom 15.05.2012 gegen 15.40 Uhr geltend.
Der Kläger fuhr mit seinem Motorrad Kawasaki ZR 750, amtl. Kennzeichen ... 72 auf der B 307, Km 9.900 vom S. kommend Richtung O. hinter dem mit ihm befreundeten, ebenfalls mit einem Motorrad fahrenden Zeugen G. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit ist dort durch Verkehrszeichen auf 60 km/h beschränkt. Etwa 300 m vor der späteren Unfallstelle war Zeichen 101 der Anlage 1 zu § 40 VI StVO mit Zusatzzeichen Ölspur aufgestellt. Nach einer leichten Linkskurve stand am rechten Fahrbahnrand der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherte Sprinter des Beklagten zu 1), amtl. Kennzeichen ... 800 mit Anhänger (amtl. Kennzeichen ... 8000), an dessen Heck Zeichen 616 der Anlage 4 zu § 43 III StVO angebracht war (Absperrtafel), um im Auftrag der Straßenmeisterei einem Ölfleck zu beseitigen. Der Zeuge G. fuhr links am Fahrzeug des Beklagten zu 1) vorbei, der dahinterfahrende Kläger stürzte und stieß gegen den Anhänger.
Der Kläger erlitt insbesondere eine offene Ulnaschaftfraktur rechts, eine Transolecranonluxationsfraktur Mayo 3b rechts, eine Beckenkammabsprengung sowie eine Sitzbeinfraktur rechts und eine Schnittwunde im Unterschenkel. Es verblieben schmerzhafte Bewegungseinschränkungen mit Sensibilitätsstörung.
Das LG München II hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen.
Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses dem Kläger am 29.10.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem beim Oberlandesgericht München am 29.11.2018 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 208/209 d.A.) und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem beim Oberlandesgericht München am 31.01.2019 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 215/224 d.A.) begründet.
Der Kläger trägt insbesondere vor, er habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten, die Sicht sei ihm durch seinen vorausfahrenden Bekannten verdeckt worden und er habe auch nicht sogleich wahrgenommen, dass das Fahrzeug des Beklagten zu 1) nicht fuhr sondern stand. Daher sei ihm eine Verlustzeit von 2,7 Sekunden zuzubilligen und die Kollision für ihn unvermeidbar gewesen. Auch sei die Baustelle nicht nach den Richtlinien RSA zur Sicherung von Arbeitsstätten mit Regelplan C II 2 vor der Kurve angekündigt worden.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 2684,27 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.05.2012 zu bezahlen,
die Beklagten werden ferner verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.05.2012 zu bezahlen,
die Beklagten werden zudem verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 1530,58 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für vorgerichtliche Anwaltskosten zu bezahlen, es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner dem Kläger sämtliche weitere materiellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Unfall vom 15.05.2012 bereits entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit die entsprechenden Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Unfallbeteiligten angehört und gemäß Beweisanordnung vom 12.02.2019 (Bl. 225/231 d.A.) Beweis erhoben durch Einholung eines ergänzenden mündlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. Dr.S.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.11.2019 (Bl. 245/254 d.A.) verwiesen.
Die Parteien haben sich mit einer Verwertung der bisherigen Aussagen der Zeugen G. und O. ...