Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 26.06.2002; Aktenzeichen 10 HKO 22122/97) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG München I vom 26.6.2002 wird verworfen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen. Zuständig zur Entscheidung über die Revision ist der BGH.
Gründe
I. Im Kern geht es um die Rechtzeitigkeit der Berufungsbegründung.
Die Klägerin begehrt restlichen Werklohn für Arbeiten auf dem Gebiet der Elektrotechnik u.a. sowie Eintrag einer Sicherungshypothek. Das Erstgericht hat der Klage durch Aufrechterhaltung eines Versäumnisurteils teilweise stattgegeben. Auf das Ersturteil wird Bezug genommen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 1.7.2002 zugestellte Endurteil des LG München I vom 26.6.2002 mit am 1.8.2002 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat mit Schriftsatz vom 12.8.2002 Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 1.10.2002 beantragt, was ihr mit Verfügung vom 14.8.2002 bewilligt wurde.
Die Berufungsbegründung mit Schriftsatz vom 1.10.2002 (Bl. 502 d.A.) ist als Telefax eingegangen und weist einen Eingangsstempel der Einlaufstelle des OLG München mit dem Datum vom 1.10.2002 auf. Sie wurde der Klägerin am 9.10.2002 zugestellt. Ein weiteres Telefax mit Teilen der Berufungsbegründung sowie der Originalschriftsatz gingen am 2.10.2002 beim OLG München ein.
Der Schriftsatz vom 1.10.2002 trägt auf jeder Seite am oberen Rand einen Eindruck:
„1.10.2002 23:45 Kanzlei W. und Kollegen 055973570”.
Sowohl der Sendebericht des Fax-Sendegeräts der Beklagtenvertreter als auch ein Statusbericht, der über mehrere Tage alle Sendungen ausweist, dokumentieren den fraglichen Sendevorgang wie folgt (zu Bl. 566/567):
„Datum Zeit S/E-Zeit RufNr. Gegengerät Modus Seiten Ergebnis”
„1.10 23:45 14.54 055 9… Ausgang 18 OK”
Sendegerät war ein Tischfaxgerät der Marke DeTeWe, das Übertragungsgeschwindigkeiten bis 28.800 bit/s zulässt. Es wurde am 17.9.2002 angeschafft und in Betrieb genommen.
Empfangsgerät des Telefax Bl. 502 d.A. war ein Computer in der Einlaufstelle des OLG München mit der Telefax-Nr. 089/55 97 – 35 70, der zum Empfang von Fernkopien an das OLG München bestimmt ist. Er ist zur Übertragung mit Geschwindigkeiten bis 14.400 bit/s in der Lage und speichert die übermittelten Daten auf der Festplatte. Ein Ausdruck der übermittelten Schriftsätze erfolgt erst nach Dienstbeginn am Morgen des nächsten Tages.
Das Empfangsgerät des Gerichts hat einen Kontrollabschnitt ausgedruckt, der in der Überschrift lautet:
„Eintrag: automatischer Druck 2.10.2002 00:00”
Der weitere Inhalt des Kontrollabschnitts ist identisch mit dem Inhalt des Ausdrucks im Journal(Anlage zu Bl. 578/589), soweit es sich auf den streitgegenständlichen Sendevorgang bezieht, und lautet:
„Auftragsart |
Empfangene Kennung |
Datum/Uhrzeit |
Seiten |
Status |
Rufnummer |
Dauer |
Geschw. |
Absender |
Empfänger |
E-Fax |
Std +49 89 12398590 |
2.10.2002 |
00:00 |
18 OK |
00:14:59 |
4800 ECM |
0497602100200001” |
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Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 8.11.2002 am selben Tag Anschlussberufung eingelegt (Bl. 539).
Der Senat hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluss vom 29.1.2003 (Bl. 593) durch Erholung eines Gutachtens des Sachverständigen Helmut Kropp (Bl. 604) und mündliche Anhörung des Sachverständigen im Termin vom 24.6.2003. Weiter wurde eine schriftliche Auskunft des Softwareherstellers des Computerfaxgerätes und eine mündliche Auskunft des JBetrOSekr Boser aus der Einlaufstelle erholt und im Termin vom 17.12.2002 mit den Parteien erörtert.
Die Beklagte beantragt, das Ersturteil abzuändern, das Versäumisurteil vom 30.3.2003 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass lediglich 11.543.34 Euro nebst Zinsen zugesprochen werden und die Klage i.Ü. abzuweisen.
Ferner beantragt die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Sie macht geltend, anhand von anderen Sendevorgängen habe sie davon ausgehen können, dass die Übertragung der Berufungsbegründung mit vergleichbarer Geschwindigkeit erfolge und daher in etwa 7 Minuten abgeschlossen hätte werden müssen. Mit einer Sendedauer von fast 15 Minuten habe sie nicht rechnen müssen. Der Beklagtenvertreter habe auch bei Beginn des Sendevorgangs darauf geachtet, dass das Empfangsgerät nicht besetzt gewesen sei. Anderenfalls hätte ein Briefkasten des OLG von der Kanzlei aus noch in weniger als 10 Minuten erreicht werden können.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung das Ersturteil dahingehend abzuändern, dass das Versäumisurteil mit der Maßgabe aufrechterhalten werde, dass 232.629,16 Euro nebst Zinsen zugesprochen werden.
Ergänzend wird wegen der Einzelheiten de...