Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch des Verpächters auf Rückgabe der Pachtsache gegen Dritten bei Gebrauchsüberlassung durch Unterpächter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch wenn die Gebrauchsüberlassung an den Dritten nicht unmittelbar durch den Pächter, sondern durch dessen Unterpächter erfolgt ist, liegt ein Überlassen der Pachtsache durch den Pächter an einen Dritten im Sinne von § 546 Abs. 2 BGB vor. Der Anspruch richtet sich gegen jeden Dritten, der die Miet-/Pachtsache (dauerhaft) nutzt und sein Besitzrecht vom Mieter/Pächter ableitet. (Rn. 70)

2. Nach Sinn und Zweck des § 546 Abs. 2 BGB, dem Vermieter einen unmittelbaren Zugriff auf einen besitzenden Dritten zu ermöglichen, ist ein Anspruch auch anzuerkennen, wenn mehrere Untermietverhältnisse hintereinander geschaltet sind. Gleiches gilt, wenn der Unterpächter die Sache einem Dritten zur Nutzung überlässt, ohne eine diesbezügliche vertragliche Regelung zu treffen. (Rn. 70)

 

Normenkette

BGB § 546 Abs. 2, § 581

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Urteil vom 18.01.2019; Aktenzeichen 13 O 1293/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 18.01.2019, Az. 13 O 1293/17, aufgehoben, soweit die Klägerin und Widerbeklagte gemäß Ziffer 4. des Tenors des angefochtenen Endurteils dazu verurteilt worden ist,

a) die Mängel des Dachfensters im Appartement im Dachgeschoss zu beseitigen,

b) die Auflagen des Bescheids des Gewerbeaufsichtsamts der Regierung von Schwaben vom 24.08.2017 zu erfüllen, soweit diese auf Mängel am Pachtobjekt gem. § 1 des nach Ziff. 2 des angefochtenen Urteils geschlossenen Vertrags zurückzuführen sind.

2. Im Übrigen, wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 18.01.2019, Az. 13 O 1293/17, auf die Berufung der Klägerin abgeändert:

2.1 Die Beklagte und Widerklägerin wird verurteilt, die auf dem Grundstück ... in ... gelegenen Räumlichkeiten des "..." bestehend aus

  • Erdgeschoss:

Gastraum mit Theke, Gast-Nebenraum (West), Küche mit dahinterliegenden 2 Lagerräumen, WC-Anlage, Eingangsbereich, Treppenhaus, 3 voll automatische Kegelbahnen mit Vorraum

  • Kellergeschoss:

Lagerraum 1, Lagerraum 2, Lagerraum 3, Vorraum, Flur 2, Kühlraum, Vorraum mit Garderobe

  • 1. OG:

Komplette Räumlichkeiten

  • Dachgeschoss:

Apartment, Flur, Treppenhaus, südlicher Bereich Dachboden

  • Umgriff:

Garage, Biergarten,

wie auf den auf Seiten 4 bis 7 dieses Urteils folgenden Lageplänen farbig umrandet, zu räumen und an die Klägerin und Widerbeklagte herauszugeben.

2.2 Die Widerklage wird abgewiesen

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits und die der Nebenintervention zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Hinsichtlich der Kosten kann die Beklagte die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin bzw. der Nebenintervenient vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Im Übrigen - bezüglich der unter Ziffer 2.1 ausgesprochenen Verurteilung zur Räumung und Herausgabe - kann die Beklagte die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 125.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 125.000,00 EUR leistet.

((Abbildungen))

 

Gründe

I. Die Berufung der Klägerin und Widerbeklagten (im Folgenden nur noch: Klägerin) wendet sich gegen die Abweisung ihrer Klage auf Räumung und Herausgabe des auf dem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück ... belegenen Gaststätten- und Beherbergungsbetriebs "..." (im Folgenden: Schützenhaus) und gegen die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung der Klägerin,

  • das von der Beklagten und Widerklägerin (im Folgenden nur noch: Beklagte) unterbreitete Angebot auf Abschluss eines Pachtvertrags mit dem unter Ziffer 2 des Tenors des angefochtenen Endurteils wiedergegebenen Inhalt anzunehmen,
  • die Mängel des Dachfensters im Appartement im Dachgeschoss zu beseitigen und bestimmte Auflagen des Bescheids des Gewerbeaufsichtsamtes der Regierung von Schwaben vom 24.08.2017 zu erfüllen,
  • die Beklagte von den außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.474,89 EUR freizustellen

sowie gegen die vom Landgericht ausgesprochene Feststellung, dass die Klägerin verpflichtet sei, der Beklagten den Schaden zu ersetzen, der der Beklagten dadurch entstanden sei und entstehen werde, dass die Klägerin seit März 2016 ihre Verpflichtung zur Verhandlung über den Abschluss eines schriftlichen Pachtvertrages nicht erfüllt habe, ihre Treue- und Fürsorgeverpflichtung aus Pachtvorvertrag vom 04.03.2016 verletzt und die Ausübung des Gewerbebetriebs der Beklagten behindert habe.

Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob zwischen ihnen ein mündlicher Vorvertrag über den Abschluss eines Pachtvertrages über das Schützenhaus zustande gekommen ist, und ob aufgrund eines solchen Vorvertrags die Beklagte berechtigt ist, dessen Räumung und Herausgabe zu verweigern, und die Klägerin verpflichtet war und is...

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