Leitsatz (amtlich)
Ein Fall der Säumnis i.S.v. § 333 ZPO liegt nicht vor, wenn Anträge zur Sache gestellt werden, also verhandelt wird (§ 137 Abs. 1 ZPO), und anschließend das Verhandeln "zurückgenommen", "widerrufen" oder "korrigiert" werden soll.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 04.03.2010; Aktenzeichen 22 O 21972/99) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten und Widerklägers gegen das zweite Versäumnisurteil des LG München I vom 4.3.2010 wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte und Widerkläger trägt die Kosten der Berufung.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte und Widerkläger darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 55.934,88 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Widerkläger, Beklagte und Berufungskläger begehrt mit seiner Berufung die Aufhebung des angefochtenen ... urteils des LG München I vom 4.3.2010 und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LG ...
II. Die statthafte und zulässige Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg ...
III. Über die Berufung des Beklagten war durch Endurteil, nicht etwa durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagtenvertreter zunächst seinen Berufungsantrag vom 16.3.2010 (Bl. 1221 d.A.) und den Antrag vom 5.5.2010 gestellt. Anschließend hat die Klägervertreterin Antrag auf Zurückweisung der Berufung aus ihrem Schriftsatz vom 25.3.2010 (Bl. 1224 d.A.) gestellt. Wiederum anschließend hat der Beklagtenvertreter erklärt, "er korrigiere sich, er stelle keine Anträge" (Bl. 1369 d.A., Protokoll vom 26.10.2010). Wie die mündliche Nachfrage des Beklagtenvertreters im Termin - nach Urteilsverkündung -, ob "das" ein Versäumnis- oder ein Endurteil gewesen sei, erkennen lässt, ist er der Meinung, er sei im Termin vom 26.10.2010 erneut säumig i.S.d. § 333 ZPO gewesen. Dies trifft nicht zu. Ein Fall der Säumnis liegt nicht vor, wenn wie hier Anträge zur Sache gestellt werden, also verhandelt wird (§ 137 Abs. 1 ZPO), und anschließend das Verhandeln "zurückgenommen" oder "widerrufen" oder - wie hier - "korrigiert" werden soll (BAG, Urt. v. 9.1.2007 - 9 AZR 492/06, MDR 2007, 1025, Rz. 31; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 31. Aufl., § 333 Rz. 1 aE; Prütting/Gehrlein/Czub, ZPO, 2. Aufl., § 333 Rz. 6). Nicht widerruflich sind nämlich Prozesshandlungen, durch die der Prozessgegner, hier also der Kläger, eine Rechtsstellung erlangt (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 31. Aufl., Einl. III Rz. 22); eine solche liegt hier in dem durch die beiderseitige Antragsstellung entstandenen Recht des Klägers auf eine Endentscheidung (statt einer Entscheidung aufgrund Säumnis) vor.
IV. ...
Fundstellen
Haufe-Index 2530177 |
MDR 2011, 384 |
VersR 2012, 253 |