Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung einer Bank wegen Prospektfehlers bei einem in ihr Anlageprogramm aufgenommen Publikumsfonds

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn der Prospekt eines zum Zweck der finanziellen Beteiligung an der Errichtung und dem anschließenden Betrieb eines Riesenrades mit integrierten Gewerbeflächen aufgelegten Publikumsfonds den Eindruck erweckt, die prospektierte Planung werde jedenfalls nahezu 1:1 umgesetzt, so hat dies eine Bank, die den Fonds in ihr Anlageprogramm aufgenommen hat, bei der von ihr geschuldeten Prüfung mit banküblichem kritischen Sachverstand zu hinterfragen. Andernfalls ist dem Kunden vor Zeichnung mitzuteilen, dass die an sich gebotene Prüfung der Beteiligung unterblieben ist.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 280, 280 Abs. 1 S. 2, §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 14.12.2015; Aktenzeichen 27 O 22051/14)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG München I vom 14.12.2015, Az. 27 O 22051/14, abgeändert:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 21.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.03.2014 Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Kommanditbeteiligung der Klagepartei an der S. F. GmbH & Co. KG zu bezahlen.

II. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zug um Zug angebotenen Übertragung der Rechte aus der Ziffer I. näher bezeichneten Fondsbeteiligung seit dem 03.03.2014 in Verzug befindet.

2. Im Übrigen bleibt die Klage ab- und wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 21.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der beklagten Bank, dem Kläger nach Empfehlung der Beteiligung an dem Publikumsfonds S. F. GmbH & Co. KG Schadensersatz zu leisten.

Gegenstand des von der Streithelferin initiierten Publikumsfonds S. F. GmbH & Co. KG (im folgenden: Fondsgesellschaft) war die Beteiligung an der Projektgesellschaft S. F. Pte. Ltd., die das Riesenrad "S. F." errichten und betreiben sollte. Der Kläger zeichnete unter zwischen den Parteien im Einzelnen strittigen Umständen nach Besuch einer Informationsveranstaltung der Beklagten am 08.11.2005 eine Beteiligung an der Fondsgesellschaft in Höhe von 20.000 EUR nebst 5 % Agio, also weiteren 1.000 EUR.

Der Kläger hat in erster Instanz diverse individuelle Beratungs- und Projektfehler behauptet.

Er hat beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei

1. EUR 21.000,00 nebst

2. Zinsen hieraus in Höhe von 4 % vom 08.11.2005 bis 02.03.2014 sowie

3. nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

  • aus EUR 21.000,00 seit dem 03.03.2014
  • aus dem sich aus Ziffer I. 2. ergebenden Zinsbetrag seit dem 03.03.2014

Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Kommanditbeteiligung der Klagepartei an der S. F. GmbH & Co. KG zu bezahlen.

II. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zug um Zug angebotenen Übertragung der Rechte aus der Ziffer I. näher bezeichneten Fondsbeteiligung seit dem 03.03.2014 in Verzug befindet.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 2.917,28 (3,25 Gebühren inkl. 40,- EUR Ausl./MWSt) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.03.2014 zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat behauptet, der Prospekt sei fehlerfrei, ebenso wenig seien der Zeugin F. Fehler unterlaufen.

Das LG hat die Klage nach Einvernahme der Zeuginnen D. und F. abgewiesen. Ein Beratungsfehler sei nicht nachweisbar. Die Zeugin D. sei nicht glaubwürdig, weil sie orientiert am vom Kläger gewünschten Prozessziel ausgesagt habe. Die Angaben des Klägers seien nicht plausibel.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers. Die Beweiswürdigung des LG sei fehlerhaft, weil es unter Übergehen des Vorbringens des Klägers und der Angaben der Zeugin D. Prospekt- und Beratungsfehler verneint habe.

Der Kläger beantragt:

Unter Abänderung des am 14.12.2015 verkündeten und am 21.12.2015 zugestellten Urteils des LG München I - 27 O 22051/14,

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei

1. EUR 21.000,00 nebst

2. Zinsen hieraus in Höhe von 4 % vom 08.11.2005 bis 02.03.2014 sowie

3. nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

  • aus EUR 21.000,00 seit dem 03.03.2014
  • aus dem sich aus Ziffer I. 2. ergebenden Zinsbetrag seit dem 03.03.2014

Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Kommanditbeteiligung der Klagepartei an der S. F. GmbH & Co. KG zu bezahlen.

II. Es wird festgestellt, dass sich die...

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